Tobias Armbrüster: Eine halbe Billion Dollar an Einsparungen – die USA stehen vor einer der größten Veränderungen in der Geschichte ihrer Armee. Die amerikanischen Streitkräfte werden sich künftig bei ihrer strategischen Planung sehr viel stärker auf den pazifisch-asiatischen Raum konzentrieren. In Europa dagegen soll die Truppenpräsenz der USA deutlich zurückgefahren werden. Das alles sind Pläne, die US-Präsident Obama gestern in Washington präsentiert hat.
Mitgehört hat der CDU-Außenpolitiker Philipp Mißfelder. Er kennt sich als Mitglied der Atlantikbrücke außerdem bestens aus mit der amerikanischen Sicht auf die Welt. Schönen guten Morgen, Herr Mißfelder.
Philipp Mißfelder: Guten Morgen, Herr Armbrüster.
Armbrüster: Herr Mißfelder, bedeutet diese Strategie von Obama, dass sich die USA jetzt noch weiter von Europa abkehren?
Mißfelder: Grundsätzlich ist das schon eine weitere Veränderung, die wir feststellen, auch unter diesem Präsidenten, denn Barack Obama hat ja schon durch viele Aktionen, beispielsweise durch sein großes politisches Engagement im Pazifik-Raum, deutlich gemacht, dass er den Fokus der amerikanischen Politik weniger auf der transatlantischen Beziehung sieht, sondern in der Zukunft der USA im pazifischen und asiatischen Bereich, und das passt in diese Reihe der Entscheidungen, die er bisher vorgenommen hat. Aber grundsätzlich ist in dem Bericht ja sehr objektiv beschrieben worden, in welchem Umfang überhaupt Kürzungen vorgenommen werden in den USA, und das kann man mit deutschen Verteidigungsbudgets oder europäischen Verteidigungsbudgets gar nicht vergleichen.
Armbrüster: Aber können wir dann nach dieser Erklärung gestern festhalten, dass Europa für die USA politisch unwichtiger wird?
Mißfelder: Ich glaube, dass die Amerikaner ganz klar ihre Prioritäten neu sortieren, und dazu gehört eben auf die nächsten Jahrzehnte hin gesehen, dass sie sich mehr im Pazifikraum engagieren wollen, sowohl politisch als auch militärisch. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen und daraus auch die richtigen Konsequenzen ziehen. Eine ganz konkrete ist eben schon die Frage des Libyen-Einsatzes gewesen, wo die Amerikaner sich eher in die zweite Reihe gestellt haben und gesagt haben, wir unterstützen, wir sind auch militärisch dabei, aber die Hauptverantwortung, wenn Europa das so will, müssen europäische Länder tragen, und das ist, glaube ich, auch die Zukunft der Einsätze, wenn sie in Europa anstehen, dass die Amerikaner sich in erster Linie zurückhalten werden.
Armbrüster: Wenn dann jetzt auch auf Deutschland zukünftig größere Aufgaben zukommen, sind die Deutschen darauf vorbereitet?
Mißfelder: Ich glaube, die Bundeswehr ist in einem Umstrukturierungsprozess, der auch diesen größeren Herausforderungen entspricht. Karl-Theodor zu Guttenberg und sein Nachfolger Thomas de Maizière haben ja nicht ohne Grund die Bundeswehrreform mit so einem Eiltempo vorangebracht. Es ist natürlich auch eine politische Frage, wie in Zukunft die Bundeswehr ausgerichtet sein wird, ob wir schlagkräftig genug sein werden und ob wir überhaupt die Integrationsfähigkeit besitzen – das ist dann auch eine politische Dimension -, mit anderen europäischen Ländern gemeinsam zu agieren. In Libyen war dies nicht der Fall, aber in anderen Einsätzen müsste das dann der Fall sein, dieser europäische Integrationsprozess. Die Frage, ob die deutsche Gesellschaft darauf vorbereitet ist, die ist offen, denn tatsächlich: Bei uns war immer die Gewissheit, wenn es darauf ankommt, werden die Amerikaner es schon richten, und das wird in Zukunft nicht automatisch der Fall sein.
Armbrüster: War diese Ankündigung von Obama gestern eigentlich mit der deutschen Bundesregierung abgesprochen, oder hat sie das alle auf dem kalten Fuß erwischt?
Mißfelder: Ich glaube nicht, dass unsere Regierung auf dem kalten Fuß erwischt worden ist, denn die Ankündigung, Obama wolle eine Militärstrategie erarbeiten, ist ja nicht ganz neu. Es gab schon bei vielen Gesprächen in Washington klare Signale, dass Obama diesen Schritt gehen würde. Die Details waren mir persönlich nicht bekannt. Ich bin aber auch nicht Teil der Regierung. Ich denke aber, dass ein großer Teil unserer Regierung schon involviert war, beziehungsweise auch europäische Stellen. Aber eins ist ganz klar: Diese Tendenz, die Obama dort jetzt gestern wieder verstetigt hat, die lässt sich schon seit Jahren bei seiner Politik absehen, und das hat eben für uns konkrete Konsequenzen, nämlich dass wir in Europa mehr Verantwortung übernehmen müssen.
Armbrüster: Eine Konsequenz könnte ja auch sein, dass die USA weitere Standorte auch in Deutschland schließen. Sehen Sie das auch so? Kommt das auf uns zu?
Mißfelder: Wenn man sich die Zahlen anschaut – Sie haben sie ja gerade genannt -, von 560.000 Soldaten auf deutlich unter 500.000 Soldaten zu reduzieren, was die Bodentruppen angeht, dann ist dies sicherlich eine denkbare Option. Das ist natürlich sehr unangenehm, denn wir wissen ja, wie gerade die Standortländer, wo amerikanische Stützpunkte sind, eng verwoben sind und ja auch freundschaftlich verwoben sind mit den amerikanischen Truppen. Dass dies auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist, davon ganz zu schweigen. Aber das ist eine Sache, die ich überhaupt nicht ausschließen würde. Ich habe darüber keinerlei Informationen zum jetzigen Zeitpunkt, aber es liegt nahe, dass in Europa natürlich auch Truppen abgezogen werden.
Armbrüster: Sie haben schon die Integration der europäischen Armeen angesprochen, die Zusammenlegung, die mögliche. Darüber wird ja seit Jahren immer viel geredet, aber es passiert ja relativ wenig. Ist es nicht Wahnsinn, dass wir in der EU immer noch diese 27 unterschiedlichen Streitkräfte haben, die relativ wenig zusammenarbeiten?
Mißfelder: Ja, da halte ich es mit unserer Kanzlerin. Die Kanzlerin hat ja deutlich gesagt, wir brauchen in Zukunft an manchen Stellen weniger Europa, wenn ich zum Beispiel an Bürokratie denke, oder an Dinge, die die Kommission einfach an sich zieht, obwohl das für die Menschen gar nicht nachvollziehbar ist, dass sie dafür zuständig sein soll. Das Zweite ist aber: Wir brauchen auch mehr Europa an anderer Stelle, und das bedeutet eben auch, was Haushaltsdisziplin angeht sowieso. Das liegt ja auf der Hand. Das ist ja jetzt, glaube ich, auch mittlerweile unumstritten. Aber was militärische Integration angeht, ist es notwendig, oder was gemeinsame Rüstungsprojekte angeht, denn auch wir werden in Deutschland nicht in der Lage sein, finanziell Großprojekte alleine zu schultern, sondern das geht nur, wenn wir mit europäischen Partnern uns absprechen. Oder gar in der NATO, etwa im Rahmen des Konzepts SmartDefense, was diskutiert wird. Das halte ich auch für etwas, was wir stärker forcieren müssen.
Armbrüster: Aber warum läuft das denn so schleppend, diese militärische Integration in Europa?
Mißfelder: Zunächst einmal ist Europa dafür nicht zuständig. Wir haben zwar eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, aber die kommt nur sehr schleppend voran. Der Integrationsprozess jetzt in der Außenpolitik ist in den Kinderschuhen. Der EAD läuft mehr schlecht als recht momentan, der Europäische Auswärtige Dienst. Aber neben dieser diplomatischen Initiative, die wir gestartet haben, brauchen wir natürlich auch militärische Integration. Das bedeutet mehr Absprache und damit auch nicht mehr Kompetenzabgabe, aber mehr Fähigkeit zum Zusammenarbeiten, und da müssen die Nationalstaaten dann überlegen, ob sie es alleine schultern können, oder ob der europäische Rahmen nicht der bessere ist.
Armbrüster: Herr Mißfelder, wir müssen außer über das Militär und über Obamas künftige Strategie heute Morgen noch über ein innenpolitisches Thema sprechen. Das große Thema bleibt auch an diesem Freitagmorgen die Kontroverse um Christian Wulff. Gestern hat der Bundespräsident abgelehnt, dass die "Bild"-Zeitung den Inhalt seiner umstrittenen Mailbox-Nachricht veröffentlicht, und zwar, obwohl Wulff vorher maximale Transparenz versprochen hat. Ist so ein Präsident, der immer wieder einen Schritt vor- und dann zwei zurückgeht, ist ein solcher Präsident noch zu halten?
Mißfelder: Daran gibt es keinen Zweifel aus Sicht der Union. Hermann Gröhe, unser Generalsekretär, hat ja auch deutlich zu dem Fernsehinterview und auch zu dem Vorgang um die Auseinandersetzung mit der "Bild"-Zeitung Stellung bezogen, dem schließe ich mich auch ausdrücklich an. Ich glaube auch, dass das Präsidium der CDU das nicht anders sehen dürfte. Wir haben Christian Wulff gewählt und wir sind mit seiner Arbeit zufrieden.
Was die Medien angeht, in dem Zusammenhang sind das berechtigte Nachfragen der Medien. Das ist absolut sinnvoll und ich finde auch, dass die Art und Weise, wie jetzt die "Bild"-Zeitung öffentlich auch damit umgeht und sagt, wir akzeptieren, dass der Bundespräsident diesen Wunsch hat, nicht zu veröffentlichen, richtig. Auch das, was die "Bild"-Zeitung, wo der Chefredakteur jetzt heute auch persönlich Stellung bezogen hat, schreibt, macht deutlich, dass es nicht um eine Medienkampagne geht, sondern grundsätzlich um die Frage, dürfen Fragen gestellt werden und in welcher Form werden sie beantwortet. Und das hat der Bundespräsident durch Entschuldigungen ja auch öffentlich deutlich gemacht, dass er sich falsch verhalten hat, und insofern denke ich auch, dass man es darauf beruhen lassen sollte.
Armbrüster: Aber ist es nicht schwierig, einen Präsidenten zu halten, der so beständig im Schlaglicht, im Fokus der Medien steht mit seinen Aussagen?
Mißfelder: Ja wir sind in einer Mediengesellschaft. Dessen muss sich jeder Politiker gewiss sein. Es ist eine große Welle der Empörung, die durch unser Land geht, die aber auch geteilt ist. Es gibt ja auch massiv Leserbriefe und massiv Interneteinträge, wo Menschen sagen, es ist richtig, dass der Bundespräsident dort kritisiert worden ist, aber jetzt ist auch mal gut. Das muss man auch zur Kenntnis nehmen. Die Meinung in der Bevölkerung ist, so wie ich sie wahrnehme – und jetzt beginnt ja erst das Jahr richtig -, dass die Menschen eigentlich sagen, wir wollen von dem Thema am liebsten gar nichts mehr hören.
Armbrüster: ... , sagt der CDU-Außenpolitiker Philipp Mißfelder heute Morgen hier bei uns im Deutschlandfunk. Besten Dank für das Gespräch, Herr Mißfelder, und auf Wiederhören.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Mitgehört hat der CDU-Außenpolitiker Philipp Mißfelder. Er kennt sich als Mitglied der Atlantikbrücke außerdem bestens aus mit der amerikanischen Sicht auf die Welt. Schönen guten Morgen, Herr Mißfelder.
Philipp Mißfelder: Guten Morgen, Herr Armbrüster.
Armbrüster: Herr Mißfelder, bedeutet diese Strategie von Obama, dass sich die USA jetzt noch weiter von Europa abkehren?
Mißfelder: Grundsätzlich ist das schon eine weitere Veränderung, die wir feststellen, auch unter diesem Präsidenten, denn Barack Obama hat ja schon durch viele Aktionen, beispielsweise durch sein großes politisches Engagement im Pazifik-Raum, deutlich gemacht, dass er den Fokus der amerikanischen Politik weniger auf der transatlantischen Beziehung sieht, sondern in der Zukunft der USA im pazifischen und asiatischen Bereich, und das passt in diese Reihe der Entscheidungen, die er bisher vorgenommen hat. Aber grundsätzlich ist in dem Bericht ja sehr objektiv beschrieben worden, in welchem Umfang überhaupt Kürzungen vorgenommen werden in den USA, und das kann man mit deutschen Verteidigungsbudgets oder europäischen Verteidigungsbudgets gar nicht vergleichen.
Armbrüster: Aber können wir dann nach dieser Erklärung gestern festhalten, dass Europa für die USA politisch unwichtiger wird?
Mißfelder: Ich glaube, dass die Amerikaner ganz klar ihre Prioritäten neu sortieren, und dazu gehört eben auf die nächsten Jahrzehnte hin gesehen, dass sie sich mehr im Pazifikraum engagieren wollen, sowohl politisch als auch militärisch. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen und daraus auch die richtigen Konsequenzen ziehen. Eine ganz konkrete ist eben schon die Frage des Libyen-Einsatzes gewesen, wo die Amerikaner sich eher in die zweite Reihe gestellt haben und gesagt haben, wir unterstützen, wir sind auch militärisch dabei, aber die Hauptverantwortung, wenn Europa das so will, müssen europäische Länder tragen, und das ist, glaube ich, auch die Zukunft der Einsätze, wenn sie in Europa anstehen, dass die Amerikaner sich in erster Linie zurückhalten werden.
Armbrüster: Wenn dann jetzt auch auf Deutschland zukünftig größere Aufgaben zukommen, sind die Deutschen darauf vorbereitet?
Mißfelder: Ich glaube, die Bundeswehr ist in einem Umstrukturierungsprozess, der auch diesen größeren Herausforderungen entspricht. Karl-Theodor zu Guttenberg und sein Nachfolger Thomas de Maizière haben ja nicht ohne Grund die Bundeswehrreform mit so einem Eiltempo vorangebracht. Es ist natürlich auch eine politische Frage, wie in Zukunft die Bundeswehr ausgerichtet sein wird, ob wir schlagkräftig genug sein werden und ob wir überhaupt die Integrationsfähigkeit besitzen – das ist dann auch eine politische Dimension -, mit anderen europäischen Ländern gemeinsam zu agieren. In Libyen war dies nicht der Fall, aber in anderen Einsätzen müsste das dann der Fall sein, dieser europäische Integrationsprozess. Die Frage, ob die deutsche Gesellschaft darauf vorbereitet ist, die ist offen, denn tatsächlich: Bei uns war immer die Gewissheit, wenn es darauf ankommt, werden die Amerikaner es schon richten, und das wird in Zukunft nicht automatisch der Fall sein.
Armbrüster: War diese Ankündigung von Obama gestern eigentlich mit der deutschen Bundesregierung abgesprochen, oder hat sie das alle auf dem kalten Fuß erwischt?
Mißfelder: Ich glaube nicht, dass unsere Regierung auf dem kalten Fuß erwischt worden ist, denn die Ankündigung, Obama wolle eine Militärstrategie erarbeiten, ist ja nicht ganz neu. Es gab schon bei vielen Gesprächen in Washington klare Signale, dass Obama diesen Schritt gehen würde. Die Details waren mir persönlich nicht bekannt. Ich bin aber auch nicht Teil der Regierung. Ich denke aber, dass ein großer Teil unserer Regierung schon involviert war, beziehungsweise auch europäische Stellen. Aber eins ist ganz klar: Diese Tendenz, die Obama dort jetzt gestern wieder verstetigt hat, die lässt sich schon seit Jahren bei seiner Politik absehen, und das hat eben für uns konkrete Konsequenzen, nämlich dass wir in Europa mehr Verantwortung übernehmen müssen.
Armbrüster: Eine Konsequenz könnte ja auch sein, dass die USA weitere Standorte auch in Deutschland schließen. Sehen Sie das auch so? Kommt das auf uns zu?
Mißfelder: Wenn man sich die Zahlen anschaut – Sie haben sie ja gerade genannt -, von 560.000 Soldaten auf deutlich unter 500.000 Soldaten zu reduzieren, was die Bodentruppen angeht, dann ist dies sicherlich eine denkbare Option. Das ist natürlich sehr unangenehm, denn wir wissen ja, wie gerade die Standortländer, wo amerikanische Stützpunkte sind, eng verwoben sind und ja auch freundschaftlich verwoben sind mit den amerikanischen Truppen. Dass dies auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist, davon ganz zu schweigen. Aber das ist eine Sache, die ich überhaupt nicht ausschließen würde. Ich habe darüber keinerlei Informationen zum jetzigen Zeitpunkt, aber es liegt nahe, dass in Europa natürlich auch Truppen abgezogen werden.
Armbrüster: Sie haben schon die Integration der europäischen Armeen angesprochen, die Zusammenlegung, die mögliche. Darüber wird ja seit Jahren immer viel geredet, aber es passiert ja relativ wenig. Ist es nicht Wahnsinn, dass wir in der EU immer noch diese 27 unterschiedlichen Streitkräfte haben, die relativ wenig zusammenarbeiten?
Mißfelder: Ja, da halte ich es mit unserer Kanzlerin. Die Kanzlerin hat ja deutlich gesagt, wir brauchen in Zukunft an manchen Stellen weniger Europa, wenn ich zum Beispiel an Bürokratie denke, oder an Dinge, die die Kommission einfach an sich zieht, obwohl das für die Menschen gar nicht nachvollziehbar ist, dass sie dafür zuständig sein soll. Das Zweite ist aber: Wir brauchen auch mehr Europa an anderer Stelle, und das bedeutet eben auch, was Haushaltsdisziplin angeht sowieso. Das liegt ja auf der Hand. Das ist ja jetzt, glaube ich, auch mittlerweile unumstritten. Aber was militärische Integration angeht, ist es notwendig, oder was gemeinsame Rüstungsprojekte angeht, denn auch wir werden in Deutschland nicht in der Lage sein, finanziell Großprojekte alleine zu schultern, sondern das geht nur, wenn wir mit europäischen Partnern uns absprechen. Oder gar in der NATO, etwa im Rahmen des Konzepts SmartDefense, was diskutiert wird. Das halte ich auch für etwas, was wir stärker forcieren müssen.
Armbrüster: Aber warum läuft das denn so schleppend, diese militärische Integration in Europa?
Mißfelder: Zunächst einmal ist Europa dafür nicht zuständig. Wir haben zwar eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, aber die kommt nur sehr schleppend voran. Der Integrationsprozess jetzt in der Außenpolitik ist in den Kinderschuhen. Der EAD läuft mehr schlecht als recht momentan, der Europäische Auswärtige Dienst. Aber neben dieser diplomatischen Initiative, die wir gestartet haben, brauchen wir natürlich auch militärische Integration. Das bedeutet mehr Absprache und damit auch nicht mehr Kompetenzabgabe, aber mehr Fähigkeit zum Zusammenarbeiten, und da müssen die Nationalstaaten dann überlegen, ob sie es alleine schultern können, oder ob der europäische Rahmen nicht der bessere ist.
Armbrüster: Herr Mißfelder, wir müssen außer über das Militär und über Obamas künftige Strategie heute Morgen noch über ein innenpolitisches Thema sprechen. Das große Thema bleibt auch an diesem Freitagmorgen die Kontroverse um Christian Wulff. Gestern hat der Bundespräsident abgelehnt, dass die "Bild"-Zeitung den Inhalt seiner umstrittenen Mailbox-Nachricht veröffentlicht, und zwar, obwohl Wulff vorher maximale Transparenz versprochen hat. Ist so ein Präsident, der immer wieder einen Schritt vor- und dann zwei zurückgeht, ist ein solcher Präsident noch zu halten?
Mißfelder: Daran gibt es keinen Zweifel aus Sicht der Union. Hermann Gröhe, unser Generalsekretär, hat ja auch deutlich zu dem Fernsehinterview und auch zu dem Vorgang um die Auseinandersetzung mit der "Bild"-Zeitung Stellung bezogen, dem schließe ich mich auch ausdrücklich an. Ich glaube auch, dass das Präsidium der CDU das nicht anders sehen dürfte. Wir haben Christian Wulff gewählt und wir sind mit seiner Arbeit zufrieden.
Was die Medien angeht, in dem Zusammenhang sind das berechtigte Nachfragen der Medien. Das ist absolut sinnvoll und ich finde auch, dass die Art und Weise, wie jetzt die "Bild"-Zeitung öffentlich auch damit umgeht und sagt, wir akzeptieren, dass der Bundespräsident diesen Wunsch hat, nicht zu veröffentlichen, richtig. Auch das, was die "Bild"-Zeitung, wo der Chefredakteur jetzt heute auch persönlich Stellung bezogen hat, schreibt, macht deutlich, dass es nicht um eine Medienkampagne geht, sondern grundsätzlich um die Frage, dürfen Fragen gestellt werden und in welcher Form werden sie beantwortet. Und das hat der Bundespräsident durch Entschuldigungen ja auch öffentlich deutlich gemacht, dass er sich falsch verhalten hat, und insofern denke ich auch, dass man es darauf beruhen lassen sollte.
Armbrüster: Aber ist es nicht schwierig, einen Präsidenten zu halten, der so beständig im Schlaglicht, im Fokus der Medien steht mit seinen Aussagen?
Mißfelder: Ja wir sind in einer Mediengesellschaft. Dessen muss sich jeder Politiker gewiss sein. Es ist eine große Welle der Empörung, die durch unser Land geht, die aber auch geteilt ist. Es gibt ja auch massiv Leserbriefe und massiv Interneteinträge, wo Menschen sagen, es ist richtig, dass der Bundespräsident dort kritisiert worden ist, aber jetzt ist auch mal gut. Das muss man auch zur Kenntnis nehmen. Die Meinung in der Bevölkerung ist, so wie ich sie wahrnehme – und jetzt beginnt ja erst das Jahr richtig -, dass die Menschen eigentlich sagen, wir wollen von dem Thema am liebsten gar nichts mehr hören.
Armbrüster: ... , sagt der CDU-Außenpolitiker Philipp Mißfelder heute Morgen hier bei uns im Deutschlandfunk. Besten Dank für das Gespräch, Herr Mißfelder, und auf Wiederhören.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.