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Mission Chandrayaan-2
Indien hofft auf eine weiche Landung auf dem Mond

Mitte Juli hat Indien zum zweiten Mal eine Raumsonde zum Mond gestartet. Die Mission Chandraayan-2 ist viel ambitionierter als ihr Vorläufer. Gelingt heute Nacht die weiche Landung, soll ein Rover die Region am Südpol des Mondes erkunden. Das wäre ein Novum - und der Ritterschlag für Indien als Raumfahrtnation.

Von Guido Meyer |
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Bestandteile der indischen Mondmission Chandrayaan-2: Der Lander Vikram mit dem Rover Pragyan (ISRO)
Besonders viel einfallen lassen haben sich die Inder nicht – zumindest nicht beim Namen ihrer Mondsonden. Die zweite heißt so wie die erste, und beide heißen übersetzt einfach nur "Mondfahrzeug", in Sanskrit Chandrayaan. Deviprasad Karnik von der indischen Weltraumforschungsorganisation ISRO beschreibt mit einfachen Worten ein ziemlich ehrgeiziges Projekt.
"Chandrayaan-2 ist die logische Weiterentwicklung von Chandrayaan-1. Diesmal haben wir die Mondmission um eine Landesonde und um ein Fahrzeug erweitert. Der mobile Rover soll sich vom Lander trennen, auf dem Mond herumfahren und Daten sammeln."
Die Mission Chandrayaan-2 ist sehr ambitioniert
Während die erste indische Mondmission Chandrayaan-1 2008 nur um den Mond herum geflogen ist, besteht Chandrayaan-2 neben dem Mutterschiff auch noch aus einer Landefähre namens Vikram samt dem Rover Pragyan. Drei Missionen in einer also. Schaffen die Inder die unbemannte Landung, wären sie damit nach den Amerikanern, Sowjets und Chinesen erst die vierte Nation, der das gelingt.
Indiens Reise zum Mond hatte Ende Juli begonnen. Nun steht der erste Teil der Mission kurz vor dem Abschluss: die Anreise. Während das Mutterschiff in einer Umlaufbahn verbleibt, soll der Lander weich aufsetzen, kontrolliert vom Gegenschub der Bremstriebwerke unten an der Abstiegssonde.
Video der indischen Raumfahrtbehörde ISRO über die Chandrayaan-2-Mission:
Bremsfallschirme, wie bei Landungen auf dem Mars üblich, griffen auf dem Mond ins Leere, denn der Mond hat keine Atmosphäre. Nach dem Aufsetzen soll der Rover an Bord der Landeeinheit diese über eine Rampe verlassen und losrollen – dorthin, wo die Muttersonde in der Umlaufbahn ihn hinschickt. Das heißt: Irgendwo in der Nähe des Südpols, erklärt Sriram Bhiravarasu vom Lunar and Planetary Science Institute im texanischen Houston.
Erkundungsfahrten am Südpol - das wäre ein Novum
"Der Südpol des Mondes ist überhaupt noch nie vor Ort untersucht worden. Es hat noch nie jemand einen Rover auch nur in seine Nähe geschickt."
Bis jetzt nicht. Der indische Wissenschaftler und sein Institut sind mit einem Experiment an Chandrayaan-2 beteiligt. Die Mission lautet: Über den Südpol fliegen, von oben in die Krater hineinschauen und Wasser nachweisen – gefrorenes Wasser, also Eis.
"Ursprünglich dachten wir, der Mond sei knochentrocken. Aber das stimmt nicht. Wir wissen heute, dass der nächste Begleiter der Erde im All alles andere als trocken ist."
Der Rover soll im Krater Ausschau nach Eis halten
Aufgrund ihrer extremen Lage an den Polen fällt nie ein Sonnenstrahl in diese Krater. Sie liegen in ständiger Dunkelheit. Eis kann sich dort für Ewigkeiten halten, ohne dass es schmilzt oder verdampft. Genau dorthin, in Richtung Krater, soll sich der Rover an Bord von Chandrayaan-2 aufmachen.
"Wir haben nach wie vor sehr wenig Informationen über die Mondoberfläche. Das ist so, als hätten wir Material von der Hälfte der Vereinigten Staaten und würden anhand dieser Proben versuchen, die Beschaffenheit der gesamten Erde zu bestimmen. Wir müssen mehr Gestein aus unterschiedlichen Gegenden untersuchen, um besser zu verstehen, wie der Mond sich entwickelt hat."
Die Entnahme von Bodenproben ist nicht geplant
Einen Mondtag lang soll der indische Rover durchhalten - das sind immerhin rund 15 Erdtage. Bodenproben sollen keine entnommen werden – diesmal nicht. Denn die Pläne seines Landes würden bereits weiterreichen, so Deviprasad Karnik von der indischen Raumfahrtorganisation ISRO.
"Wir werden entscheiden, ob wir beim nächsten Mal eine Probe Mondgestein entnehmen und vollautomatisch zur Erde fliegen. Das ist noch unsicher, denn das ist ziemlich kompliziert."
Dass eine Mondlandung auch scheitern kann, hat sich erst im Frühjahr gezeigt. Beinahe wäre Israel als vierte Nation erfolgreich auf dem Mond gelandet. Aber eben nur beinahe. Klappt das im Falle von Indien besser, will das Land schon in drei Jahren erneut zum Mond, diesmal gemeinsam mit Japan und der Mission SELENE-R. Im selben Jahr, 2022, sollen auch erstmals indische Astronauten auf einer indischen Trägerrakete in den Weltraum starten - große Pläne also für ein Entwicklungsland der Weltraumfahrt.