Das Rhone-Tal im Wallis. Eingezwängt zwischen 4000er-Gipfeln, zieht es sich vom berühmten Rhone-Gletscher bis zum Genfer See. Eine der trockensten Ecken der Schweiz, mit nur 500 Millimetern Jahresniederschlag. Das Klima ist kontinental geprägt: die Winter streng, die Sommer sehr heiß:
"Man kann vom Extremstandort sprechen. Besonders da auch die Hänge sehr steil sind. Und das bedeutet, dass es kaum tiefgründige Böden gibt. Da wird das Wasser nicht sehr gut gehalten im Boden. Und wenn es halt sehr wenig Niederschlag gibt, dann gibt es zum Teil nicht sehr viel Vegetationsbedeckung."
Waldkiefern herrschen im Rhone-Tal vor. Doch wenn man den Forstwissenschaftler Matthias Dobbertin nach dem Zustand der Bestände fragt, dann bekommt man eine deprimierende Diagnose:
"Besonders nach Trockenjahren - also Trockenjahre gab's mehrere: 1990, 98, 2003 - sieht man, dass ganze Waldhänge mit einzelnen roten braunen Kronen durchzogen sind. Wir haben eine langfristige Versuchsfläche. Dort sind in den letzten zehn Jahren 60 Prozent aller Kiefern abgestorben."
Dobbertin ist zwar Deutscher, forscht aber schon lange in der Schweiz, in der Nähe von Zürich, an der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft. Dort entstand schnell der Plan, nach den Ursachen für das Kiefernsterben zu suchen. Klar war von vorneherein: Die Klimaerwärmung spielt die maßgebliche Rolle. Häufigere und stärkere Hitzewellen setzen die Bäume großem Stress aus. Der Boden trocknet aus, die Verdunstungsrate klettert in die Höhe. Doch reicht das, um die Waldkiefern gleich umzubringen? fragte sich Dobbertin und wollte es genauer wissen. Er fahndete nach weiteren Faktoren, zunächst nach schädlichen Insekten, und fand auch welche. Aber:
"Die meisten von denen sind doch eher sekundär, das heißt sie befallen eher geschwächte Bäume."
Der zweite Verdacht: Verstopfen vielleicht Schwärme holzbohrender Würmer die Wasser-Leitungsbahnen der Kiefern?
"Wir haben welche gefunden. Die sind aber eher auch mehr an den geschwächten Bäumen."
Mit der dritten Vermutung lag Dobbertin dann aber richtig, wie er heute glaubt. Den Waldkiefern machen vor allem Misteln das Leben schwer. Als typische runde Blatt-Büschel bevölkern sie die Kronen vieler Kiefern; die Befallsrate im Rhone-Tal ist auffällig hoch:
"Also es hat uns sehr überrascht eigentlich, dass die Bäume mit sehr starkem Mistelbefall zwei- bis dreimal häufiger abstarben als solche, die keine Misteln hatten. Je mehr wir eigentlich untersuchen, um so mehr stellen wir fest, dass die Mistel auch gesunde Bäume befällt. Wir haben jetzt ein Experiment gemacht und Bäumen die Misteln abgeschnitten. Und die haben sich tatsächlich erholt, während die Bäume mit Misteln sich verschlechtern. Und das deutet darauf hin, dass die Mistel mindestens dazu beiträgt, dass Bäume eher absterben."
Die Misteln treiben zwar selber Photosynthese und produzieren lebensnotwendige Zucker-Verbindungen.
"Aber sie haben keine Wurzeln. Sie müssen dem Baum Nährstoffe und Wasser entziehen. Wenn sich die Misteln dann vermehren, und wenn sie zum Beispiel dann vielleicht ein Viertel der Baumkrone einnehmen, dann können sie den Wasserverbrauch des Baumes erheblich erhöhen."
Forstwissenschaftler Dobbertin spricht von ersten Anzeichen für einen Biom-Wechsel. Soll heißen: Wir werden schon heute Zeuge, wie der Klimawandel dazu führt, dass angestammte Pflanzengesellschaften verschwinden. Die Kiefernwälder im Alpenvorland machen da offenbar den Anfang. Schon breiten sich in ihnen Flaumeichen aus. Sie kommen mit Trockenstress besser klar.
"Große Bestände momentan sind reine Kiefernbestände. Und die entwickeln sich jetzt zu Kiefern-Eichen-Mischbeständen. Wenn die Entwicklung im Klimatischen so weiter geht, werden wir als Nächstes wirklich Eichen-Laubwaldbestände haben. Das Aosta-Tal in Italien ist noch trockener als das Wallis. In den tieferen Lagen gibt es praktisch keine Kiefern mehr dort. Im Inntal in Österreich sieht man auch in Trockenjahren Absterben von Kiefern. Das Phänomen ist eigentlich das gleiche."
Förstern rät die Schweizer Forschungsanstalt nun, Bäume zu fällen, die stark von Misteln befallen sind, um zu verhindern, dass sich der Schmarotzer im Wald ausbreitet. Eine Empfehlung, der man vielleicht auch in Deutschland folgen sollte, und zwar im Rheintal und im Schwarzwald. Auch dort ist die Mistel auf dem Vormarsch, wie Dobbertin sagt. Nicht nur in Kiefern-, sondern auch in Tannenwäldern.
"Man kann vom Extremstandort sprechen. Besonders da auch die Hänge sehr steil sind. Und das bedeutet, dass es kaum tiefgründige Böden gibt. Da wird das Wasser nicht sehr gut gehalten im Boden. Und wenn es halt sehr wenig Niederschlag gibt, dann gibt es zum Teil nicht sehr viel Vegetationsbedeckung."
Waldkiefern herrschen im Rhone-Tal vor. Doch wenn man den Forstwissenschaftler Matthias Dobbertin nach dem Zustand der Bestände fragt, dann bekommt man eine deprimierende Diagnose:
"Besonders nach Trockenjahren - also Trockenjahre gab's mehrere: 1990, 98, 2003 - sieht man, dass ganze Waldhänge mit einzelnen roten braunen Kronen durchzogen sind. Wir haben eine langfristige Versuchsfläche. Dort sind in den letzten zehn Jahren 60 Prozent aller Kiefern abgestorben."
Dobbertin ist zwar Deutscher, forscht aber schon lange in der Schweiz, in der Nähe von Zürich, an der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft. Dort entstand schnell der Plan, nach den Ursachen für das Kiefernsterben zu suchen. Klar war von vorneherein: Die Klimaerwärmung spielt die maßgebliche Rolle. Häufigere und stärkere Hitzewellen setzen die Bäume großem Stress aus. Der Boden trocknet aus, die Verdunstungsrate klettert in die Höhe. Doch reicht das, um die Waldkiefern gleich umzubringen? fragte sich Dobbertin und wollte es genauer wissen. Er fahndete nach weiteren Faktoren, zunächst nach schädlichen Insekten, und fand auch welche. Aber:
"Die meisten von denen sind doch eher sekundär, das heißt sie befallen eher geschwächte Bäume."
Der zweite Verdacht: Verstopfen vielleicht Schwärme holzbohrender Würmer die Wasser-Leitungsbahnen der Kiefern?
"Wir haben welche gefunden. Die sind aber eher auch mehr an den geschwächten Bäumen."
Mit der dritten Vermutung lag Dobbertin dann aber richtig, wie er heute glaubt. Den Waldkiefern machen vor allem Misteln das Leben schwer. Als typische runde Blatt-Büschel bevölkern sie die Kronen vieler Kiefern; die Befallsrate im Rhone-Tal ist auffällig hoch:
"Also es hat uns sehr überrascht eigentlich, dass die Bäume mit sehr starkem Mistelbefall zwei- bis dreimal häufiger abstarben als solche, die keine Misteln hatten. Je mehr wir eigentlich untersuchen, um so mehr stellen wir fest, dass die Mistel auch gesunde Bäume befällt. Wir haben jetzt ein Experiment gemacht und Bäumen die Misteln abgeschnitten. Und die haben sich tatsächlich erholt, während die Bäume mit Misteln sich verschlechtern. Und das deutet darauf hin, dass die Mistel mindestens dazu beiträgt, dass Bäume eher absterben."
Die Misteln treiben zwar selber Photosynthese und produzieren lebensnotwendige Zucker-Verbindungen.
"Aber sie haben keine Wurzeln. Sie müssen dem Baum Nährstoffe und Wasser entziehen. Wenn sich die Misteln dann vermehren, und wenn sie zum Beispiel dann vielleicht ein Viertel der Baumkrone einnehmen, dann können sie den Wasserverbrauch des Baumes erheblich erhöhen."
Forstwissenschaftler Dobbertin spricht von ersten Anzeichen für einen Biom-Wechsel. Soll heißen: Wir werden schon heute Zeuge, wie der Klimawandel dazu führt, dass angestammte Pflanzengesellschaften verschwinden. Die Kiefernwälder im Alpenvorland machen da offenbar den Anfang. Schon breiten sich in ihnen Flaumeichen aus. Sie kommen mit Trockenstress besser klar.
"Große Bestände momentan sind reine Kiefernbestände. Und die entwickeln sich jetzt zu Kiefern-Eichen-Mischbeständen. Wenn die Entwicklung im Klimatischen so weiter geht, werden wir als Nächstes wirklich Eichen-Laubwaldbestände haben. Das Aosta-Tal in Italien ist noch trockener als das Wallis. In den tieferen Lagen gibt es praktisch keine Kiefern mehr dort. Im Inntal in Österreich sieht man auch in Trockenjahren Absterben von Kiefern. Das Phänomen ist eigentlich das gleiche."
Förstern rät die Schweizer Forschungsanstalt nun, Bäume zu fällen, die stark von Misteln befallen sind, um zu verhindern, dass sich der Schmarotzer im Wald ausbreitet. Eine Empfehlung, der man vielleicht auch in Deutschland folgen sollte, und zwar im Rheintal und im Schwarzwald. Auch dort ist die Mistel auf dem Vormarsch, wie Dobbertin sagt. Nicht nur in Kiefern-, sondern auch in Tannenwäldern.