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Mit dem Bohrstock in die Nacheiszeit

Ein kleiner See in Niedersachsen, zwischen Bremerhaven und Hamburg. Und ein Team weltgewandter Geowissenschaftler, das hier, in der Einöde, systematisch im Schlamm wühlt. Für ein paar Tage fällt die Arbeitsgruppe von Josef Merkt am Wollingster See ein, werkelt auf einem Schwimmponton herum und fördert "Bohrkerne" zu Tage: Plexiglas- und Metallrohre, gefüllt mit Sediment, meterdicken schlammigen Ablagerungen vom Grund des Gewässers. Dann zieht das vierköpfige Team vom Niedersächsischen Landesamt für Bodenkunde und der Universität Hannover weiter, zum nächsten See in Norddeutschland, um auch dort die Sedimente aus der Tiefe zu ziehen - Zeitzeugen für die Klimaentwicklung der Erde. Forscher wie Josef Merkt nennen sich Paläo-Klimatologen und sammeln Aufzeichnungen aus der Feder der Natur. In den Sedimenten können sie nachlesen, welche Umweltbedingungen früher einmal auf der Erde geherrscht haben. Paläo-Klimatologen suchen nach Antworten auf eine der brennensten Fragen der Gegenwart: Erwärmt sich die Erde in jüngster Zeit, weil der Mensch ihr einheizt? Indem er Treibhausgase wie Kohlendioxid in großer Menge in die Atmosphäre entläßt?? Oder hat der "Fieberanfall" andere Gründe, ist der Temperaturanstieg eine normale, vorübergehende Schwankung?

Volker Mrasek | 04.07.1999