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Mit dem Kopf in den Wolken

Umwelt. - Die Wechselwirkungen von Wolken mit verschiedenen Stoffen in der Atmosphäre standen im Fokus eines großangelegten Messexperiments, das jetzt im Thüringer Wald beendet wurde. Es stand unter Leitung von Professor Hartmut Herrmann vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung in Leipzig.

Von Manuel Waltz |
    "Hello."

    "Hello Lisa. Hello. Good to see you. Can we have a look?"

    Professor Herrmann begrüßt seine Kollegin Lisa Walley von der Universität Leeds. Sie steht in der Tür ihres Luftmess-Containers auf der Schmücke, einem knapp 1000 Meter hohen Berg im Thüringer Wald. Lachend bittet sie ihren Kollegen hinein, obwohl wegen der vielen Instrumente kaum Platz ist. Damit die Geräte nicht überhitzen, bläst eine Klimaanlage laufend kalte Luft in das Wirrwarr aus Schläuchen, Kabeln und Anzeigen.

    Herrmann:

    "Wie läuft es?"

    Walley:

    "Ganz gut, heute Morgen ist an einem Schaltgerät etwas übergelaufen. Aber jetzt läuft alles."

    Lisa Walley misst die Konzentration von Radikalen in der Luft – speziell das Hydroperoxid- und das Hydroxyl-Radikal. Diese beiden Moleküle – die Wissenschaftler sprechen von OH- und HO2-Radikalen – treiben den Abbau von Verunreinigungen in der Luft an. Deshalb nennt man sie auch das "Waschmittel der Atmosphäre". Mit ihren Experimenten wollen die Wissenschaftler mehr darüber erfahren, wie und warum sich Wolken bilden und was für chemische Reaktionen sich in einer Wolke abspielen. Dabei interessiert sie vor allem, welchen Einfluss der Mensch mit seinen Emissionen auf die Entstehung von Wolken hat.

    Herrmann:

    "Wir gehen jetzt auf den Turm und schauen uns das mal an."

    Walley:

    "Oh, dann könnt Ihr sehen, wie wir hier herausschauen."

    Professor Herrmann verlässt den Container und klettert mit anderen Wissenschaftlern auf einen daneben stehenden Turm. Er ist aus Gerüstteilen gebaut und wackelt gefährlich, während die Gruppe die höchste Plattform in 20 Metern Höhe besteigt. Auch hier steht alles voller Messinstrumente. Die Sonne scheint und die Luft ist klar. Doch das schöne Wetter ist alles andere als ideal für die Experimente von Professor Herrmann.

    "Ja, wir messen die Wolkenwasserzusammensetzung, die Tröpfchengrößenspektren, wir messen besonders mit dem Container das OH-Radikal und HO2, wir messen Spurengase und noch jede Menge Weiteres mehr."

    An einem klaren Tag wie heute aber, ohne Wolken, laufen nur Basismessungen. Bevor die Wissenschaftler ihre Geräte checken, genießen sie kurz die herrliche Aussicht von hier oben auf den Thüringer Wald. Unten im Tal sieht man Suhl, in der Nähe des Wintersportzentrums Oberhof. Direkt vor dem Turm Richtung Südwest ins Tal hinunter bildet der Berg eine Art Rinne nach Goldlauter, wo sich eine weitere Messstation befindet. Auch Richtung Nordost verläuft diese Rinne weiter bis ins Tal zu einer dritten Messstation. Professor Herrmann zieht die Schutzfolie von einem länglichen, etwa ein Meter großen Plexiglas-Kasten, der in drei Kammern geteilt ist. Herrmann:

    "Das ist ein Wolkenwasser-Sammler, der die Tröpfchen in drei Größenklassen abscheidet und trennt. Und das ist die Spezialität von dieser Gruppe aus Colorado-State in Fort Collins. In der Nähe von Denver."

    Mit den Wassertröpfchen der Wolken sammeln die Wissenschaftler auch Aerosol-Partikel, feste oder flüssige Schwebeteilchen, die sich in der Luft befinden. An ihnen kondensiert Wasser – sie werden aktiviert, wie die Wissenschaftler sagen – und es bilden sich Wolken. Dieses Aktivieren der Aerosol-Partikel ist allerdings nicht bei allen gleich: Manche bilden große Tropfen, manche kleine und manche gar keine. Mit den Messungen hier will Professor Herrmann vor allem eine Frage klären:

    "Welche Substanzen findet man im Wolkenwasser und wie kann man erklären, dass sie da hingekommen sind."

    Genau dies können die Wissenschaftler an der Schmücke besonders gut erforschen. Denn der Berg bildet hier zwischen den Bergkämmen eine Rinne, die auch noch in der Richtung verläuft, aus der meistens der Wind kommt. Normalerweise bläst er deshalb die Luft nacheinander durch die drei Messstationen. Das Besondere ist nun, dass die Schmücke oft in einer Wolke liegt, während es bei den beiden Talstationen klar ist. So können die Forscher die Luft in drei verschiedenen Stadien analysieren: Zuerst in Goldlauter bevor der Wind sie in die Wolke treibt, dann auf der Schmücke in der Wolke und schließlich nach der Wolke an der dritten Station.


    "Und das ist die Messbox der Engländer."

    "Ohh."

    "Hier in der Ecke."

    "Das mit dem vielen Klebeband?"

    "Genau!"

    "Das ist ja mal wieder typisch."

    Mit den Daten, die sie hier im Thüringer Wald sammeln, wollen die Forscher ihre Modelle überprüfen und erweitern. Durch diese Modelle können sie dann präzisere Vorhersagen über das Wetter oder über die Luftreinheit treffen. Vor allem aber wollen sie den Einfluss des Menschen darauf genauer beschreiben. Doch zuerst müssen sie die Daten vollständig auswerten. Und bis das abgeschlossen ist, schätzt Professor Herrmann, wird es noch ein bis zwei Jahre dauern.

    Hinweis: Am Max-Planck-Institut für Chemie wurde ein Tagebuch der Messkampagne geführt.