Von einem "wichtigen Schritt zur Heilung" der Immunschwächekrankheit Aids spricht Joachim Hauber, Leiter der Abteilung für Antivirale Strategien am Hamburger Heinrich-Pette-Institut, im Gespräch mit dem Deutschlandfunk.
Zusammen mit seinem Team hat Hauber ein Enzym entwickelt, das wie eine Art molekulares Skalpell funktioniert. Das Enzym ist in der Lage, die DNA des HI-Virus im Erbgut infizierter Zellen aufzuspüren und zu entfernen. In den bisherigen Versuchen war das Verfahren nach Haubers Worten sehr erfolgreich. Zellkulturen konnten vollkommen vom HI-Virus befreit werden, bei den Tierversuchen war der Erreger zumindest nicht mehr im Blut nachweisbar. Die Genschere arbeitet dabei so präzise, dass keine anderen Zellinformationen beschädigt wurden.
Inwiefern das Verfahren auch beim Menschen funktioniert und letztlich eine Heilung ermöglicht, müsse jetzt in klinischen Studien getestet werden, so Hauber.
Gentherapie nötig
Das Verfahren ist allerdings aufwändig. Das Enzym kann nicht als Tablette verabreicht werden, sondern muss mit Hilfe einer Gentherapie in den menschlichen Körper geschleust werden. "Man würde den genetischen Bauplan der Genschere in Blut bildende Stammzellen von Patienten einführen", erklärt Hauber. Anschließend werden die modifizierten Zellen zurückinjiziert. Die Hoffnung ist, dass die genveränderten Blutzellen im Immunsystem ansiedeln und sich vermehren. Wenn dann ein HI-Virus versucht, sich in das Erbgut der Zellen einzubauen, schneidet die Genschere es sofort wieder heraus.
Klinische Tests wird es nach den Worten von Hauber geben, sobald die Finanzierung gesichert ist. Momentan suchen die Forscher nach Investoren, um dann womöglich im Herbst mit den Studien beginnen zu können. Wenn alles nach Plan läuft, könnten die ersten Patienten in etwa zwei bis zweieinhalb Jahren behandelt werden.
Nicht ohne Risiko
Armin Schafberger, Medizinreferent der Deutschen Aids-Hilfe, nennt Haubers Forschung "verheißungsvoll". Mit Blick auf angedachte Studien am Menschen gibt er allerdings zu bedenken, dass die Forschung auch Risiken berge. Bei Eingriffen ins Erbgut bestehe immer die Befürchtung, dass das mittel- oder langfristig zu einer Krebserkrankung führen könne. Und: "Wenn es gelingt, heißt das noch nicht, dass die Patienten kein HIV mehr haben. Man braucht einen langen Atem."
Weltweit sind 37 Millionen Menschen mit dem HI-Virus infiziert. Dabei baut der Erreger sein Erbgut in das des Erkrankten ein. Mit Medikamenten können Mediziner die Erreger zwar an der Vermehrung hindern, heilen lässt sich die Infektion bislang aber nicht.