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Mit Kunst zum Manager

Was bloß hat Wirtschaft mit Kunst zu tun? An der kleinen Alanus-Hochschule zwischen Köln und Bonn will man Wirtschaft neu denken und damit Führungskräfte für nachhaltiges Wirtschaften ausbilden.

Von Andrea Lueg |
    Der Campus II der Alanus-Hochschule liegt ungefähr da, wo Kölner und Bonner hinfahren, um guten Spargel einzukaufen – auf dem platten Land bei dem kleinen Ort Alfter bei Bonn. Der Campus I, dort wo alles anfing, liegt noch idyllischer, auf dem Hügel am Waldrand, rund um einen alten Vierkanthof.

    Hier auf dem Johannishof entstand 1973 die private Alanus-Kunstschule, orientiert an der Anthroposophie Rudolf Steiners. Bildende Kunst kann man hier immer noch studieren, außerdem zum Beispiel noch Kunsttherapie, Architektur, Pädagogik und seit 2006 auch BWL. Das Wirtschaftsstudium hat in der Alanus-Hochschule allerdings eine ganz besondere Prägung, erklärt Prorektor Steffen Koopmann. Die Studierenden sollen hier die üblichen Fachkenntnisse bekommen, aber:

    "Sie werden auch unterrichtet in Kunst- und kulturwissenschaftlichen Fächern, in einem sogenannten Studium generale und sie haben spezielle Kunstmodule und diese Kunstmodule muss man sich so vorstellen, dass sie dort nicht ein bisschen malen oder bildhauern lernen, sondern sie lernen den künstlerischen Prozess kennen und sie lernen dann, wie dasjenige was sie in dem künstlerischen Prozess gelernt haben, für betriebswirtschaftliche Lösungsprozesse verwendet werden kann."

    Der Impuls zu diesem Studiengang, der Kombination Kunst und Wirtschaft, kam aus der Wirtschaft, von Unternehmen wie dm, alnatura und Weleda, die anthroposophischen Ideen nahestehen. Sie suchen anderes Führungspersonal, das offen ist für andere Lösungswege und sich auch mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen auseinandersetzt. Bei ihnen absolvieren die Studierenden auch die zahlreichen vorgesehenen Praxisphasen – und: diese Unternehmen zahlen in einen großen Stipendientopf ein und unterstützen die Hochschule auch anderweitig mit Geld. Wer kein Stipendium hat, zahlt zwischen 300 und 800 Euro Studiengebühren monatlich.

    Bei den Studieninfotagen an diesem Wochenende waren die Studierenden Hauptanlaufstelle für interessierte Besucher. So wie Jörg Hipper zum Beispiel, erstes Semester BWL. Er musste ziemlich oft erklären, warum die Alanus-Hochschule anders ist.

    "Anders als andere Hochschulen, weil sie einfach kleiner ist und anders an die Dinge herangegangen wird, es ist ja schon das Motto, Wirtschaft neu denken und man ist hier halt in einem relativ familiären Umfeld, von daher find ich's ganz gut."

    Ganze 600 Studierende tummeln sich an den beiden Standorten der Hochschule, im Studium generale, verpflichtend für alle, mischen sich die unterschiedlichen Disziplinen. Und das gefällt auch Svenja Kersken.

    "Es kommt hier nicht auf das Endprodukt an, was wir machen, sondern es geht darum, praktische Handlungskompetenzen zu erwerben durch künstlerische Prozesse. Wie kommt eine Idee auf die Welt sozusagen, was für Prozesse laufen ab, bis ich auf wirklich mal eine Vorstellung manifestieren kann und das meistens im Austausch mit den Kommilitonen, in Gruppenprozessen, so dass auch noch die soziale Komponente dabei ist."

    Dass kann geschehen, wenn man große Steinblöcke bearbeitet, oder im Team mit anderen einen Turm aus Pappe bauen muss ohne miteinander reden zu dürfen. Nicht nur bei den Studierenden kommt das Konzept gut an, auch der Wissenschaftsrat zollte Anfang Mai Anerkennung.

    "Wir haben vom Wissenschaftsrat ein Gütesiegel bekommen, mit einer zehnjährigen Akkreditierung, Promotionsrecht im Fach Bildungswissenschaften, das hat bisher noch keine private Hochschule im ersten Durchgang erreicht."

    Mit diesem Ansporn will sich die Hochschule nun auch verstärkt um öffentliche Gelder kümmern, denn die Finanzierung bleibt für die kleine Institution Dauerthema. Inzwischen kooperieren aber auch Handelsriesen wie REWE. Und Student Jörg Hipper hat keine Sorge, dass er mit seinem Abschlusszeugnis mit der Kombination Wirtschaft und Kunst schief angesehen wird.

    "Ich denk eher, dass es ein Vorteil ist. Wenn man sich zum Beispiel bei einem Unternehmen irgendwo bewirbt, das gar nichts mit Kunst am Hut hat, ich denke, ein Personalchef, der die Bewerbung liest, sieht dann trotzdem, Kunst? Was soll denn das? Den schau ich mir mal genauer an."