"Er ist das Kino" - hat er einmal über Fritz Lang gesagt. Längst ist er selbst das Kino. Und zugleich sein Hirn und sein Herrgott: Jean-Luc Godard, Mitbegründer der Nouvelle Vague, deren Vordenker er war. Godards Schule des Sehens waren die Kinoabende der Pariser Cinemathek, die er als Student der Ethnologie und junger Filmkritiker der Zeitschrift "Cahiers du cinéma" besuchte.
Damals, Anfang der 50er-Jahre, als er gemeinsam mit seinen Kritikerkollegen Eric Rohmer, François Truffaut und Jacques Rivette die Filmgeschichte in sich aufsog. Für Jean-Luc Godard war es eine Zeit der Erkenntnis, die Begegnung mit Gleichgesinnten und mit den Filmen von Sergej Eisenstein, David Wark Griffiths oder auch Fritz Lang.
"Es gibt nun keine Cinémathèque mehr, in der ich mich mit anderen treffen könnte. Es war ein Gefühl des Neubeginns. In der Cinemathek sahen wir die Vergangenheit des Kinos. Aber diese Vergangenheit erschien uns sehr gegenwärtig. Und so habe ich angefangen, mich für die Kinogeschichte zu interessieren, denn ich wollte nicht einfach nur Filme machen. Und ich interessierte mich umso mehr dafür, als einfach nur Filme zu machen immer schwieriger wurde."
1960 drehte der am 3. Dezember 1930 in Paris geborene Jean Luc Godard sein Regiedebüt "Außer Atem" mit Jean-Paul Belmondo und Jean Seberg in den Hauptrollen. Er drehte nicht wie damals üblich im Studio, sondern schickte seine Handkamera in die Straßen und Cafés von Paris, er schrieb Dialoge im Geiste der rebellischen, ungeduldigen Jugend jener Jahre, er schnitt und schwenkte, wenn es ihm passte und nicht, wenn es die Regeln wollten. "Außer Atem" machte die Nouvelle Vague zu einer weltweit wahrgenommen Regisseursbewegung und wurde zum Vorreiter eines neuen Kinobegriffs: eines Kinos, das seine Haltung zur Welt durch seine Form definiert. Es ist eine Lust, Godard zuzuhören, wenn er über "seine" Kunstform spricht. Über die Politik und Philosophie des Kinos, die er wie kein anderer mit dessen Technik zusammen denkt.
"Dreiviertel der Leute, die Preise bekommen, brauchen die Kamera für sich selbst. Diese Regisseure benutzen die Kamera dafür, um selbst zu existieren. Sie benutzen sie nicht, um etwas zu sehen, was man ohne Kamera nicht sieht. Der Astronom sieht manche Dinge nicht ohne Teleskop. Mit dem Objektiv ist es nicht anders. Es gibt Dinge, die man ohne die Kamera nicht sehen kann."
Verkopft, hermetisch, abgehoben - das sind die Adjektive, mit denen der späte Godard und seine Filmessays gerne bedacht werden. Aber Godard verwendet die digitale Technik eben nicht einfach nur so. Er will ihr andere Wege weisen. Und wer genau hinschaut, der sieht Filme, denen das einzelne Bild kostbar ist, die es auf durchaus auch sinnliche Weise befragen. Und wer genau zuhört, der lauscht einem Regisseur, der stets einen Sinn für Pop und Trash und für die Cleverness des Unterhaltungskinos hatte. Godard:
"Bei amerikanischen DVDs halte ich immer in dem Moment an, in dem ich sehe, wie sie es anstellen, dass die Geschichte doch noch ein gutes Ende nimmt. Diese Beharrlichkeit zum guten Ausgang bewundere ich auch. Und ich bin wie jedermann, ich schaue mir immer noch lieber einen schlechten amerikanischen als einen schlechten norwegischen Film an."
Ein halbes Jahrhundert lang ist Jean-Luc Godard für ein freies, assoziatives, sich seiner Geschichte bewusstes und buchstäblich vor-bildliches Kino eingetreten. Ist er verbittert über die Entwicklung des Mediums, über die kommerziellen Bilderfluten unserer Zeitläufte? Ein wenig schon. Dennoch ist er immer noch der treueste, wackerste, tapferste, klügste, sarkastischste - und vielleicht auch unbequemste - Verbündete des Kinos.
"Das Kino erlaubt uns immer noch, uns zu streiten. Und zwar ganz grundsätzlich. Man ärgert sich über gegensätzliche Meinungen viel mehr, als wenn es um ein Gemälde oder ein Musikstück geht. Man bekommt sofort starke Reaktionen. Zum Beispiel, wenn ich zu jemandem sage: ‚Es wundert mich überhaupt nicht, dass dir der neue Film von Robert Redford gefällt, ich wusste schon immer, dass du blöd bist.'"
In diesem Jahr lief Godards Kinoessay "Socialisme" auf den Filmfestspielen von Cannes. Ein Parcours durch die großen Menschheitsfragen, die Ursachen des Totalitarismus, die Globalisierung, den Massentourismus. Ein Film, der statt zu antworten immer neue Fragen aufwirft. Gedreht von einem Regisseur, der im wahrsten und schönsten Sinne des Wortes ein Seher ist:
"Am besten arbeite ich, wenn ich in meinem Sessel döse. Ich versuche die Dinge zu sehen. Mit geschlossenen Augen. Denn mit offenen Augen sieht man nicht dasselbe. Was mit der Kamera passiert ist ja auch so: Man nutzt die offenen Augen, um mit geschlossenen Augen zu sehen."
Damals, Anfang der 50er-Jahre, als er gemeinsam mit seinen Kritikerkollegen Eric Rohmer, François Truffaut und Jacques Rivette die Filmgeschichte in sich aufsog. Für Jean-Luc Godard war es eine Zeit der Erkenntnis, die Begegnung mit Gleichgesinnten und mit den Filmen von Sergej Eisenstein, David Wark Griffiths oder auch Fritz Lang.
"Es gibt nun keine Cinémathèque mehr, in der ich mich mit anderen treffen könnte. Es war ein Gefühl des Neubeginns. In der Cinemathek sahen wir die Vergangenheit des Kinos. Aber diese Vergangenheit erschien uns sehr gegenwärtig. Und so habe ich angefangen, mich für die Kinogeschichte zu interessieren, denn ich wollte nicht einfach nur Filme machen. Und ich interessierte mich umso mehr dafür, als einfach nur Filme zu machen immer schwieriger wurde."
1960 drehte der am 3. Dezember 1930 in Paris geborene Jean Luc Godard sein Regiedebüt "Außer Atem" mit Jean-Paul Belmondo und Jean Seberg in den Hauptrollen. Er drehte nicht wie damals üblich im Studio, sondern schickte seine Handkamera in die Straßen und Cafés von Paris, er schrieb Dialoge im Geiste der rebellischen, ungeduldigen Jugend jener Jahre, er schnitt und schwenkte, wenn es ihm passte und nicht, wenn es die Regeln wollten. "Außer Atem" machte die Nouvelle Vague zu einer weltweit wahrgenommen Regisseursbewegung und wurde zum Vorreiter eines neuen Kinobegriffs: eines Kinos, das seine Haltung zur Welt durch seine Form definiert. Es ist eine Lust, Godard zuzuhören, wenn er über "seine" Kunstform spricht. Über die Politik und Philosophie des Kinos, die er wie kein anderer mit dessen Technik zusammen denkt.
"Dreiviertel der Leute, die Preise bekommen, brauchen die Kamera für sich selbst. Diese Regisseure benutzen die Kamera dafür, um selbst zu existieren. Sie benutzen sie nicht, um etwas zu sehen, was man ohne Kamera nicht sieht. Der Astronom sieht manche Dinge nicht ohne Teleskop. Mit dem Objektiv ist es nicht anders. Es gibt Dinge, die man ohne die Kamera nicht sehen kann."
Verkopft, hermetisch, abgehoben - das sind die Adjektive, mit denen der späte Godard und seine Filmessays gerne bedacht werden. Aber Godard verwendet die digitale Technik eben nicht einfach nur so. Er will ihr andere Wege weisen. Und wer genau hinschaut, der sieht Filme, denen das einzelne Bild kostbar ist, die es auf durchaus auch sinnliche Weise befragen. Und wer genau zuhört, der lauscht einem Regisseur, der stets einen Sinn für Pop und Trash und für die Cleverness des Unterhaltungskinos hatte. Godard:
"Bei amerikanischen DVDs halte ich immer in dem Moment an, in dem ich sehe, wie sie es anstellen, dass die Geschichte doch noch ein gutes Ende nimmt. Diese Beharrlichkeit zum guten Ausgang bewundere ich auch. Und ich bin wie jedermann, ich schaue mir immer noch lieber einen schlechten amerikanischen als einen schlechten norwegischen Film an."
Ein halbes Jahrhundert lang ist Jean-Luc Godard für ein freies, assoziatives, sich seiner Geschichte bewusstes und buchstäblich vor-bildliches Kino eingetreten. Ist er verbittert über die Entwicklung des Mediums, über die kommerziellen Bilderfluten unserer Zeitläufte? Ein wenig schon. Dennoch ist er immer noch der treueste, wackerste, tapferste, klügste, sarkastischste - und vielleicht auch unbequemste - Verbündete des Kinos.
"Das Kino erlaubt uns immer noch, uns zu streiten. Und zwar ganz grundsätzlich. Man ärgert sich über gegensätzliche Meinungen viel mehr, als wenn es um ein Gemälde oder ein Musikstück geht. Man bekommt sofort starke Reaktionen. Zum Beispiel, wenn ich zu jemandem sage: ‚Es wundert mich überhaupt nicht, dass dir der neue Film von Robert Redford gefällt, ich wusste schon immer, dass du blöd bist.'"
In diesem Jahr lief Godards Kinoessay "Socialisme" auf den Filmfestspielen von Cannes. Ein Parcours durch die großen Menschheitsfragen, die Ursachen des Totalitarismus, die Globalisierung, den Massentourismus. Ein Film, der statt zu antworten immer neue Fragen aufwirft. Gedreht von einem Regisseur, der im wahrsten und schönsten Sinne des Wortes ein Seher ist:
"Am besten arbeite ich, wenn ich in meinem Sessel döse. Ich versuche die Dinge zu sehen. Mit geschlossenen Augen. Denn mit offenen Augen sieht man nicht dasselbe. Was mit der Kamera passiert ist ja auch so: Man nutzt die offenen Augen, um mit geschlossenen Augen zu sehen."