Wenn man Gene in einem Organismus gezielt stilllegen will, gilt die RNA-Interferenz heute als das Mittel der Wahl. Sie verhindert, dass ein Gen in ein Protein übersetzt werden kann.
Und das funktioniert so: Die Gene liegen auf der Erbsubstanz DNA. An die Proteinfabriken der Zellen wird ihre Information in Form von einfachen RNA-Strängen geliefert. Der Trick der RNA-Interferenz besteht nun darin, dass man in die Zellen kurze doppelsträngige RNA-Moleküle schleust. Deren Sequenz stimmt genau überein mit Abschnitten des Gens, das ausgeschaltet werden soll. Normalerweise besitzen Viren doppelsträngige RNA. Der Zelle wird also ein Virenangriff vorgetäuscht, und sie beginnt sich zu wehren, indem sie die eingeschleuste RNA zerschneidet. Doch damit ist noch nicht Schluss. Im Abwehreifer zerstückelt sie auch den gesamten Proteinbauplan des eigenen Gens mit der gleichen Sequenz.
"Es ist, als löse man einen internen Selbstzerstörungsmechanismus aus. Dabei nutzen wir letztlich nur das angeborene Immunsystem in diesen Tieren."
Alan Bowman ist Biologe an der Universität von Aberdeen. Vor drei Jahren gelang es ihm erstmals im Labor, bei einer Varroamilbe mithilfe der RNA-Interferenz nachweislich einzelne Gene auszuschalten. Daraus entstand die Idee, dieses gezielte "Gene Silencing" als Mittel im Kampf gegen die Milben einzusetzen. Für Imker könnte das eine interessante Alternative zu problematischen Pestiziden sein.
"Es ist schwer eine Chemikalie zu finden, welche die Varroa tötet, aber nicht zugleich der Biene schadet. Hier zeigt sich das Schöne an der RNA-Interferenz: Sie wirkt absolut spezifisch. Man kann sie genau auf einzelne, typische Varroa-Gene zuschneiden und dabei sicher sein, dass es den Bienen nichts macht, weil die Gensequenzen so unterschiedlich sind."
Alan Bowman hat die Gensequenzen von Bienen und Milben genau studiert. Als Ziele der RNA-Interferenz wählte er solche Gene aus, die zum einen nur bei der Varroamilbe vorkommen und zum anderen in deren Stoffwechsel eine so wichtige Rolle spielen, dass das Ausschalten dieser Gene zum Tod der Tiere führt:
"Wir sind zuversichtlich, mittlerweile die passenden Zielgene gefunden zu haben. Unsere Laborarbeit dazu ist abgeschlossen. In diesem Sommer haben wir mit Versuchen mit Bienen in geschlossenen Gewächshäusern begonnen. Es geht darum nachzuweisen, dass das, was im Labor gut funktioniert auch in den Bienenstöcken wirkt."
Eine der Fragen dabei ist, wie man die RNA-Moleküle überhaupt in ausreichender Menge in die Milben hinein bekommt. Die vielversprechendste Technik derzeit macht den Umweg über die Bienen: Die RNA wird in eine Zuckerlösung gemischt, die als Zusatzfutter für die Bienen dient. Aus dem Bienendarm gelangen die Moleküle in die Hämolymphe, dem Bienenblut. Wenn eine Milbe nun an einer Biene saugt, nimmt sie ihrerseits die RNA-Wirkstoffe auf. Allerdings bedeutet dieses Verfahren auch, dass die RNA über ausfliegende Bienen in die Umwelt gelangen könnte. Der Biologe Martin Beye von der Uni Düsseldorf, der selbst schon Versuche zur RNA-Interferenz an Bienen machte, sieht darin kein Problem.
"Zum einen hat die Biene selbst sehr viele solcher doppelsträngigen RNA-Moleküle. Und zum anderen werden diese sehr schnell abgebaut. Man kann zeigen, dass sie nicht länger als drei Tage selbst im Organismus haltbar sind. Da sehe ich gar keine Bedenken."
Doch es gibt auch andere Stimmen. Kürzlich warnte der Verein für ökologische Bienenhaltung Mellifera in einer Pressemitteilung davor, in der RNA-Interferenz das Allheilmittel gegen die Varroamilbe zu sehen. Die Komplexität der Interaktionen der RNA mit den Genen sei noch wenig verstanden, nicht beabsichtigte Effekte bei der biotechnologischen Anwendung also vorprogrammiert.
Die Kritik an den Forschungen hängt freilich auch mit einem Erzfeind von Gentechnikgegnern zusammen: Monsanto. Der US-Konzern arbeitet ebenfalls daran, ein Mittel gegen die Varroamilbe auf Basis der RNA-Interferenz zu entwickeln. Das allein schon macht diesen neuen Ansatz für viele Imker suspekt. Alan Bowman:
"Monsanto hat ein großes Kommunikationsproblem, vor allem mit den Imkern. Eigentlich will der Konzern ja helfen. Aber vielleicht ist sein Image so schlecht, dass er die Technik besser auf anderen Wegen vermarkten sollte. Das ist schwer zu sagen."
Alan Bowman jedenfalls hofft, dass diese Voreingenommenheit der Öffentlichkeit gegenüber Monsanto sich nicht auch zum Hemmschuh für seine weitere Forschung entwickelt. Er hat mit Tests begonnen, um die Nachweise zu erbringen, dass die gewählten RNA-Wirkstoffe für andere Organismen neben der Varroamilbe wirklich unbedenklich sind. Läuft alles nach Plan, könnten seiner Einschätzung nach in fünf Jahren die ersten Varroamittel mit RNA-Wirkstoffen zugelassen werden.
Und das funktioniert so: Die Gene liegen auf der Erbsubstanz DNA. An die Proteinfabriken der Zellen wird ihre Information in Form von einfachen RNA-Strängen geliefert. Der Trick der RNA-Interferenz besteht nun darin, dass man in die Zellen kurze doppelsträngige RNA-Moleküle schleust. Deren Sequenz stimmt genau überein mit Abschnitten des Gens, das ausgeschaltet werden soll. Normalerweise besitzen Viren doppelsträngige RNA. Der Zelle wird also ein Virenangriff vorgetäuscht, und sie beginnt sich zu wehren, indem sie die eingeschleuste RNA zerschneidet. Doch damit ist noch nicht Schluss. Im Abwehreifer zerstückelt sie auch den gesamten Proteinbauplan des eigenen Gens mit der gleichen Sequenz.
"Es ist, als löse man einen internen Selbstzerstörungsmechanismus aus. Dabei nutzen wir letztlich nur das angeborene Immunsystem in diesen Tieren."
Alan Bowman ist Biologe an der Universität von Aberdeen. Vor drei Jahren gelang es ihm erstmals im Labor, bei einer Varroamilbe mithilfe der RNA-Interferenz nachweislich einzelne Gene auszuschalten. Daraus entstand die Idee, dieses gezielte "Gene Silencing" als Mittel im Kampf gegen die Milben einzusetzen. Für Imker könnte das eine interessante Alternative zu problematischen Pestiziden sein.
"Es ist schwer eine Chemikalie zu finden, welche die Varroa tötet, aber nicht zugleich der Biene schadet. Hier zeigt sich das Schöne an der RNA-Interferenz: Sie wirkt absolut spezifisch. Man kann sie genau auf einzelne, typische Varroa-Gene zuschneiden und dabei sicher sein, dass es den Bienen nichts macht, weil die Gensequenzen so unterschiedlich sind."
Alan Bowman hat die Gensequenzen von Bienen und Milben genau studiert. Als Ziele der RNA-Interferenz wählte er solche Gene aus, die zum einen nur bei der Varroamilbe vorkommen und zum anderen in deren Stoffwechsel eine so wichtige Rolle spielen, dass das Ausschalten dieser Gene zum Tod der Tiere führt:
"Wir sind zuversichtlich, mittlerweile die passenden Zielgene gefunden zu haben. Unsere Laborarbeit dazu ist abgeschlossen. In diesem Sommer haben wir mit Versuchen mit Bienen in geschlossenen Gewächshäusern begonnen. Es geht darum nachzuweisen, dass das, was im Labor gut funktioniert auch in den Bienenstöcken wirkt."
Eine der Fragen dabei ist, wie man die RNA-Moleküle überhaupt in ausreichender Menge in die Milben hinein bekommt. Die vielversprechendste Technik derzeit macht den Umweg über die Bienen: Die RNA wird in eine Zuckerlösung gemischt, die als Zusatzfutter für die Bienen dient. Aus dem Bienendarm gelangen die Moleküle in die Hämolymphe, dem Bienenblut. Wenn eine Milbe nun an einer Biene saugt, nimmt sie ihrerseits die RNA-Wirkstoffe auf. Allerdings bedeutet dieses Verfahren auch, dass die RNA über ausfliegende Bienen in die Umwelt gelangen könnte. Der Biologe Martin Beye von der Uni Düsseldorf, der selbst schon Versuche zur RNA-Interferenz an Bienen machte, sieht darin kein Problem.
"Zum einen hat die Biene selbst sehr viele solcher doppelsträngigen RNA-Moleküle. Und zum anderen werden diese sehr schnell abgebaut. Man kann zeigen, dass sie nicht länger als drei Tage selbst im Organismus haltbar sind. Da sehe ich gar keine Bedenken."
Doch es gibt auch andere Stimmen. Kürzlich warnte der Verein für ökologische Bienenhaltung Mellifera in einer Pressemitteilung davor, in der RNA-Interferenz das Allheilmittel gegen die Varroamilbe zu sehen. Die Komplexität der Interaktionen der RNA mit den Genen sei noch wenig verstanden, nicht beabsichtigte Effekte bei der biotechnologischen Anwendung also vorprogrammiert.
Die Kritik an den Forschungen hängt freilich auch mit einem Erzfeind von Gentechnikgegnern zusammen: Monsanto. Der US-Konzern arbeitet ebenfalls daran, ein Mittel gegen die Varroamilbe auf Basis der RNA-Interferenz zu entwickeln. Das allein schon macht diesen neuen Ansatz für viele Imker suspekt. Alan Bowman:
"Monsanto hat ein großes Kommunikationsproblem, vor allem mit den Imkern. Eigentlich will der Konzern ja helfen. Aber vielleicht ist sein Image so schlecht, dass er die Technik besser auf anderen Wegen vermarkten sollte. Das ist schwer zu sagen."
Alan Bowman jedenfalls hofft, dass diese Voreingenommenheit der Öffentlichkeit gegenüber Monsanto sich nicht auch zum Hemmschuh für seine weitere Forschung entwickelt. Er hat mit Tests begonnen, um die Nachweise zu erbringen, dass die gewählten RNA-Wirkstoffe für andere Organismen neben der Varroamilbe wirklich unbedenklich sind. Läuft alles nach Plan, könnten seiner Einschätzung nach in fünf Jahren die ersten Varroamittel mit RNA-Wirkstoffen zugelassen werden.