Georg Ehring: Besitzer von Windrädern, Solar- und Biogasanlagen brauchen sich um die Vermarktung ihres Stroms bisher kaum zu kümmern. Die Netzbetreiber müssen Strom aus erneuerbaren Energien abnehmen, auch wenn sie ihn eigentlich gar nicht gebrauchen können. Mit dieser Garantie sind die Erneuerbaren groß geworden, doch wenn sie künftig zur dominierenden Energiequelle werden sollen, dann müssen sie auch marktgerecht produzieren lernen. Bundesumweltminister Norbert Röttgen hat gestern Eckpunkte für eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vorgestellt, danach sollen die Ökostromanbieter Anreize bekommen, um ihre Anlagen marktorientiert zu betreiben. Telefonisch verbunden bin ich jetzt mit Professor Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung – guten Tag, Frau Professor Kemfert!
Claudia Kemfert: Guten Tag, Herr Ehring!
Ehring: Ja, Frau Kemfert, wie kann das denn gehen, Sonne und Wind richten sich doch eigentlich gar nicht nach unserem Strombedarf?
Kemfert: Ja, das will man ja genau ändern. Es geht ja darum, dass man erreichen will, dass einerseits auch mehr Speicherung eingesetzt wird, dass man einerseits versucht, eben auch dann Ökostrom anzubieten, wenn er gerade nicht auch zur Verfügung steht. Das andere Thema ist das, dass man versucht, jetzt auch über die Preissignale entsprechende Marktfähigkeit auch sukzessive einzuführen. Also in dem Moment, wo beispielsweise die Börsenpreise so attraktiv sind, dass es sich für die Anbieter erneuerbarer Energien lohnt, ihren Strom direkt über die Börse zu vermarkten, wird man dies in der Zukunft entlohnen und damit eben halt versuchen, dass man mehr Markt in diesen ganzen Bereich hineinbekommt. Und das sind die beiden Ebenen, um die es da jetzt im Moment geht.
Ehring: Rechnen Sie denn damit, dass viele Ökostromanbieter ihre Energie auf dem freien Markt verkaufen werden, sind die Anreize groß genug?
Kemfert: Ja, ich denke, gerade für die Anbieter von Windanlagen ist es sehr attraktiv, der Börsenpreis ist im Moment sehr hoch und er steigt ja auch weiter jetzt, auch aufgrund der Tatsache, dass wir die Atomkraftwerke vom Netz nehmen, dass wir eine Energiewende einleiten, und da ist der Börsenpreis schon deutlich gestiegen. Und das kann durchaus Sinn machen, dass die Preise dann so hoch sind und auch genügend Anreize geben, dass die Erneuerbaren-Energien-Anbieter, insbesondere auch Windanlagen-Anbieter, entsprechend hier den Strom dann über die Börse auch direkt verkaufen und damit einen Gewinn einstreichen. Darum soll es ja auch genau gehen.
Ehring: Sind denn die technischen Möglichkeiten so weit, dass das im großen Stil möglich ist überhaupt?
Kemfert: Möglich ist es auf jeden Fall, das wäre es ja in der Vergangenheit auch schon, aber in dem Moment, wo Sie eben halt eine Einspeisegarantie bekommen, wo Sie auch immer Vorrang bekommen und das Geld auch sowieso fließt, man sich ja keiner Gedanken darüber, auch marktgerecht zu produzieren, einerseits eben halt auch zu schauen, ob man über den Börsenpreis direkt seinen Strom vermarktet oder indem man auch wirklich die Nachfrage bedient, auch zu Spitzenzeiten. Es ist ja mit erneuerbaren Energien nicht so ohne Weiteres möglich, aber in dem Moment, wo die Speicherung eingesetzt wird, kann das natürlich funktionieren. Aber hier ist auch einer meiner Kritikpunkte an diesem Konzept, wo es fehlt, denn es muss auch darum gehen, dass man die Speicherungen vernünftig fördert. Es reicht nicht nur, jetzt die Forschungsförderung zu unterstützen, sondern man muss hier auch entsprechende Entlohnung haben, finanzielle Anreize, damit die Speicher genutzt werden. So ganz automatisch funktioniert es nicht.
Ehring: Die Windenergie auf See soll künftig stärker gefördert werden als die an Land, ist das vernünftig?
Kemfert: Ja, es ist sehr vernünftig, gerade weil man ja auch den Anteil der erneuerbaren Energien auf 80 Prozent erhöhen will. Um das zu erreichen, brauchen wir auch gerade die Offshore-Windenergie. Das heißt jetzt aber nicht, entweder oder, nur Offshore-Windenergie, das andere nicht, sondern alles gleichzeitig. Gerade bei der Offshore-Windenergie haben wir einen Zeitverzug, da wollten wir schon sehr, sehr viel weiter sein. Das ist in Norddeutschland nicht ganz so einfach, weil man da sehr weit auch von der Küste entfernen sich muss und die Genehmigungszeiten auch sehr lang sind. Aber es ist auf jeden Fall richtig, auf dieses Pferd zu setzen und auch hier die Anteile von Offshore-Windenergie deutlich auszubauen.
Ehring: Kritiker bemängeln, dass dieser Plan die großen Energiekonzerne begünstige, weil die allein diese riesigen Offshore-Windparks überhaupt bauen können.
Kemfert: Ja, es sind nicht nur die großen Energiekonzerne, die diese Anlagen bauen können, es könnten sich auch Stadtwerke zusammenschließen – oder tun es auch schon –, die entsprechend dann auch die Eigenkapitalforderung, die da ja notwendig ist, auch aufweisen können. Darum geht es. Aber es sind auch die Finanzinstitutionen gefragt, den Eigenkapitalanteil nicht so hochzuschrauben, dass wirklich nur die großen Energiekonzerne oder riesige Konzerne in der Lage sind, das zu erfüllen, sondern die Risikoabschläge entsprechend zu reduzieren. Dann können natürlich auch andere Anbieter entsprechend die Offshore-Windparks produzieren und gerade auch Stadtwerke, kleinere, mittelständische Anbieter, die sich hier zusammenschließen, hätten dann natürlich auch große Chancen.
Ehring: Noch kurz zum Schluss: Bis zum Jahr 2020 sollen 35 Prozent des Stroms aus Erneuerbaren kommen, ist das realistisch oder ging es vielleicht sogar noch schneller?
Kemfert: Na, ich halte es durchaus für realistisch, das ist ja eine Verdoppelung zu dem, was wir heute haben. Ich denke mir, dass man das auch sehr gut schaffen kann. Man muss dazu aber wissen, dass die erneuerbaren Energien natürlich auch dezentral hergestellt werden müssen, also neben den Windenergieanlagen auf See wird es auch überall in Deutschland Windanlagen und Biomasse und andere Erneuerbare-Energien-Formen geben, dafür brauchen wir Speicherung und Netze. Und wenn man das schafft, kann man auch die 35 Prozent durchaus erreichen.
Claudia Kemfert: Guten Tag, Herr Ehring!
Ehring: Ja, Frau Kemfert, wie kann das denn gehen, Sonne und Wind richten sich doch eigentlich gar nicht nach unserem Strombedarf?
Kemfert: Ja, das will man ja genau ändern. Es geht ja darum, dass man erreichen will, dass einerseits auch mehr Speicherung eingesetzt wird, dass man einerseits versucht, eben auch dann Ökostrom anzubieten, wenn er gerade nicht auch zur Verfügung steht. Das andere Thema ist das, dass man versucht, jetzt auch über die Preissignale entsprechende Marktfähigkeit auch sukzessive einzuführen. Also in dem Moment, wo beispielsweise die Börsenpreise so attraktiv sind, dass es sich für die Anbieter erneuerbarer Energien lohnt, ihren Strom direkt über die Börse zu vermarkten, wird man dies in der Zukunft entlohnen und damit eben halt versuchen, dass man mehr Markt in diesen ganzen Bereich hineinbekommt. Und das sind die beiden Ebenen, um die es da jetzt im Moment geht.
Ehring: Rechnen Sie denn damit, dass viele Ökostromanbieter ihre Energie auf dem freien Markt verkaufen werden, sind die Anreize groß genug?
Kemfert: Ja, ich denke, gerade für die Anbieter von Windanlagen ist es sehr attraktiv, der Börsenpreis ist im Moment sehr hoch und er steigt ja auch weiter jetzt, auch aufgrund der Tatsache, dass wir die Atomkraftwerke vom Netz nehmen, dass wir eine Energiewende einleiten, und da ist der Börsenpreis schon deutlich gestiegen. Und das kann durchaus Sinn machen, dass die Preise dann so hoch sind und auch genügend Anreize geben, dass die Erneuerbaren-Energien-Anbieter, insbesondere auch Windanlagen-Anbieter, entsprechend hier den Strom dann über die Börse auch direkt verkaufen und damit einen Gewinn einstreichen. Darum soll es ja auch genau gehen.
Ehring: Sind denn die technischen Möglichkeiten so weit, dass das im großen Stil möglich ist überhaupt?
Kemfert: Möglich ist es auf jeden Fall, das wäre es ja in der Vergangenheit auch schon, aber in dem Moment, wo Sie eben halt eine Einspeisegarantie bekommen, wo Sie auch immer Vorrang bekommen und das Geld auch sowieso fließt, man sich ja keiner Gedanken darüber, auch marktgerecht zu produzieren, einerseits eben halt auch zu schauen, ob man über den Börsenpreis direkt seinen Strom vermarktet oder indem man auch wirklich die Nachfrage bedient, auch zu Spitzenzeiten. Es ist ja mit erneuerbaren Energien nicht so ohne Weiteres möglich, aber in dem Moment, wo die Speicherung eingesetzt wird, kann das natürlich funktionieren. Aber hier ist auch einer meiner Kritikpunkte an diesem Konzept, wo es fehlt, denn es muss auch darum gehen, dass man die Speicherungen vernünftig fördert. Es reicht nicht nur, jetzt die Forschungsförderung zu unterstützen, sondern man muss hier auch entsprechende Entlohnung haben, finanzielle Anreize, damit die Speicher genutzt werden. So ganz automatisch funktioniert es nicht.
Ehring: Die Windenergie auf See soll künftig stärker gefördert werden als die an Land, ist das vernünftig?
Kemfert: Ja, es ist sehr vernünftig, gerade weil man ja auch den Anteil der erneuerbaren Energien auf 80 Prozent erhöhen will. Um das zu erreichen, brauchen wir auch gerade die Offshore-Windenergie. Das heißt jetzt aber nicht, entweder oder, nur Offshore-Windenergie, das andere nicht, sondern alles gleichzeitig. Gerade bei der Offshore-Windenergie haben wir einen Zeitverzug, da wollten wir schon sehr, sehr viel weiter sein. Das ist in Norddeutschland nicht ganz so einfach, weil man da sehr weit auch von der Küste entfernen sich muss und die Genehmigungszeiten auch sehr lang sind. Aber es ist auf jeden Fall richtig, auf dieses Pferd zu setzen und auch hier die Anteile von Offshore-Windenergie deutlich auszubauen.
Ehring: Kritiker bemängeln, dass dieser Plan die großen Energiekonzerne begünstige, weil die allein diese riesigen Offshore-Windparks überhaupt bauen können.
Kemfert: Ja, es sind nicht nur die großen Energiekonzerne, die diese Anlagen bauen können, es könnten sich auch Stadtwerke zusammenschließen – oder tun es auch schon –, die entsprechend dann auch die Eigenkapitalforderung, die da ja notwendig ist, auch aufweisen können. Darum geht es. Aber es sind auch die Finanzinstitutionen gefragt, den Eigenkapitalanteil nicht so hochzuschrauben, dass wirklich nur die großen Energiekonzerne oder riesige Konzerne in der Lage sind, das zu erfüllen, sondern die Risikoabschläge entsprechend zu reduzieren. Dann können natürlich auch andere Anbieter entsprechend die Offshore-Windparks produzieren und gerade auch Stadtwerke, kleinere, mittelständische Anbieter, die sich hier zusammenschließen, hätten dann natürlich auch große Chancen.
Ehring: Noch kurz zum Schluss: Bis zum Jahr 2020 sollen 35 Prozent des Stroms aus Erneuerbaren kommen, ist das realistisch oder ging es vielleicht sogar noch schneller?
Kemfert: Na, ich halte es durchaus für realistisch, das ist ja eine Verdoppelung zu dem, was wir heute haben. Ich denke mir, dass man das auch sehr gut schaffen kann. Man muss dazu aber wissen, dass die erneuerbaren Energien natürlich auch dezentral hergestellt werden müssen, also neben den Windenergieanlagen auf See wird es auch überall in Deutschland Windanlagen und Biomasse und andere Erneuerbare-Energien-Formen geben, dafür brauchen wir Speicherung und Netze. Und wenn man das schafft, kann man auch die 35 Prozent durchaus erreichen.