Seit Jahren tobt ein erbitterter Streit um die im deutschen Profifußball geltende 50+1-Regel. Sogar das Bundeskartellamt hat sich damit befasst und die Ausnahmeregelungen für einzelne Vereine für wettbewerbswidrig erklärt. Über das weitere Vorgehen beraten nun die 36 Vereine der Bundesliga und 2. Bundesliga.
Die 50+1-Regel sorgt dafür, dass die Mehrheit der Anteile (also mindestens 51 Prozent) auch bei einer Ausgliederung der Profifußball-Abteilung in eine Kapitalgesellschaft beim Mutterverein liegen muss. Nur dann kann eine Kapitalgesellschaft eine Lizenz für die Teilnahme an der Bundesliga oder 2. Bundesliga erwerben. So soll der vereinsprägende Charakter erhalten bleiben und der Einfluss von Investoren begrenzt werden.
Sie wurde 1998 im Zuge der Öffnung des Spielbetriebs der Lizenzligen für Kapitalgesellschaften eingeführt und ist heute Bestandteil der Satzung der Deutschen Fußball Liga.
Allerdings gibt es bisher Ausnahmen für Vereine, die von einem Investor in "erheblichen" Umfang ununterbrochen seit mehr als 20 Jahre unterstützt werden. In der Bundesliga gilt das für die Unternehmen Bayer in Leverkusen, VW in Wolfsburg und den Milliardär Dietmar Hopp als Eigentümer und Mäzen in Hoffenheim.
Die Mehrheit der Fußballvereine will die Regel behalten. Der 1. FC Köln etwa erklärte: "Die Abschaffung der 50+1-Regel ist keine Option. Zudem sollten die "Umgehungstatbestände der 50+1-Regel angegangen werden". Die Ausnahmen hatte das Bundeskartellamt für wettbewerbswidrig erklärt. Es hatte moniert, dass die einheitliche Anwendung und Durchsetzung der Regel durch geltende Ausnahmeregelungen nicht sichergestellt sei.
Die von den Ausnahmeregelungen profitierenden Vereine VfL Wolfsburg, Bayer Leverkusen und TSG Hoffenheim bestehen dagegen auf ihre bisherigen Rechte und behalten sich eine Klage vor.
Auch der FC Bayern München erwägt eine Abschaffung von 50+1, um den Einstieg von Investoren zu ermöglichen. Die Vereine sollten demnach eigenverantwortlich entscheiden können, wie viele Anteile sie abgeben.
Auch Martin Kind, Präsident von Hannover 96, ist für die Abschaffung. Er versucht seit Jahren, bei Hannover das alleinige Stimmrecht zu bekommen.
Auch Martin Kind, Präsident von Hannover 96, ist für die Abschaffung. Er versucht seit Jahren, bei Hannover das alleinige Stimmrecht zu bekommen.
Seit Jahren wird um die Regel gestritten. 2018 hatten sich die Vereine noch einmal auf den Erhalt der Regel geeinigt: 18 Vereine stimmten dafür, vier dagegen, der Rest enthielt sich.
Danach gab es eine von einigen Vereinen als tendenziös empfundene Befragung der Vereine, wie die Regel in Zunkunft gestaltet werden soll. Nicht alle Klubs beantworteten die Fragen. Die Ergebnisse wurden bisher nicht veröffentlicht.
Die Corona-Pandemie und die mit ihre einhergehenden Finanzprobleme der Vereine und drohende Insolvenzen sowie das Gutachten des Bundeskartellamts befeuern die Diskussion um eine Abschaffung von 50+1 oder um Ausnahmeregelungen. Denn nun muss die DFL ihre Überlegungen darlegen, wie sie die Probleme lösen will.
Die Fans kämpfen mit aller Macht für einen Erhalt der 50+1-Regel - fast alle Fanszenen in Deutschland haben sich dazu zusammengeschlossen. Sie befürchten die totale Kommerzialisierung, den Verlust ihrer Mitbestimmungsrechte und Wettbewerbsverzerrung. Die Klubs sollen nicht Spielball von Investoren, meist Einzelpersonen, werden.
In Europas großen Ligen besitzen Oligarchen, Milliardäre oder ganze Staaten viele der großen Fußball-Vereine - darunter der Russe Roman Abramovich (FC Chelsea), Scheich Monsour bin Zayed al Nahyan aus Abu Dhabi (Manchester City), der US-Amerikaner Paul Singer (AC Mailand) oder Qatar Sports Investments und sein Präsident Nasser Al Khelaifi (Paris St. Germain).
Die wohl kommenziellste Liga der Welt ist die Premier League - hier dominieren die Investoren. Proteste dagegen hatte es lange nur wenig gegeben, doch nun fordern die Fans vermehrt Mitspracherecht und die Politik diskutiert über neue Regeln für Investoren und Vereine im englischen Profi-Fußball.
Allerdings ist der Weg bereits gegangen. Das Zurückkaufen der Anteile durch die Vereine selbst oder durch Fanbündnisse - wie zum Beispiel bei Newcastle United - dürfte ein schwieriges Unterfangen werden und aus finanzieller Sicht kaum zu stemmen sein.
Quellen: Thorsten Poppe, DFL, dpa, og