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Taxifahrer bangen um ihr Geschäft

In Europas Städten steht der Verkehr still. Tausende Taxifahrer protestieren gegen die Konkurrenz aus dem Internet. In vielen Ländern entstehen zurzeit Handy-Apps, über die Privatpersonen Mitfahrgelegenheiten anbieten. Die alteingesessenen Taxifahrer bangen um ihr Geschäft.

Von Anja Nehls |
    Ein Taxifahrer hält einen Moment inne und lehnt sich gegen sein Taxi am Checkpoint Charlie in Berlin.
    Ein Taxifahrer hält einen Moment inne und lehnt sich gegen sein Taxi am Checkpoint Charlie in Berlin. (picture alliance / Wolfram Steinberg)
    Rund 1.000 beigefarbene Taxis sind heute in Berlin unterwegs - ohne Fahrgäste. Per Sternfahrt geht es aus allen Ecken der Stadt auf den riesigen Platz vor dem Berliner Olympiastadion zur Protestkundgebung. Die Taxifahrer haben Angst um ihre Zukunft. Immer mehr Anbieter wie das amerikanische Unternehmen Uber vermitteln über Smartphone Apps als privat getarnte Taxifahrten, klagt Richard Leipold. Er hat ein kleines Unternehmen mit vier Taxen und neun Mitarbeitern:
    "Wir arbeiten seit Jahr und Tag ehrlich in Berlin. Die Leute verdienen nicht soviel wie sie verdienen könnten und sie werden in dem Augenblick in dem Uber mit seiner üblen Uber Pop Operation durchkommt, werden meine Fahrer gar nichts mehr verdienen, dann sind wir nämlich pleite."
    Über Firmen wie Uber oder Wundercar kann der Kunde über das Handy Mietwagen mit Fahrer buchen oder sich mit privaten Fahrern kurzschließen. Mitunter ist das für den Fahrgast billiger, manchmal aber auch nicht. Denn es entfällt der für Taxis übliche Taxameter und damit die Einhaltung des kommunal festgesetzten Tarifes, schimpft Ertan Ucar vom Verband Taxi Deutschland:
    "Das kann nicht sein, dass da irgendwelche privaten Leute von Tegel nach Alexanderplatz für 40 Euro fahren, wo ein Taxi für 20 Euro hinfährt, das ist natürlich das Übelste."
    Darüber hinaus braucht in Deutschland jeder, der für Geld andere Leute mitnimmt, einen Führerschein zur Fahrgastbeförderung. Taxis werden außerdem intensiver vom TÜV geprüft, die Fahrer brauchen einen Gesundheitscheck und der Fahrgast ist versichert. Bei Fahrten mit Firmen wie Uber fällt das weg. Dass das ja wohl nicht sein kann, sah das Berliner Landgericht in erster Instanz bereits genauso wie die protestierenden Taxifahrer. Passiert ist bisher aber nichts, denn die Firma Uber will alle Revisionsmöglichkeiten ausschöpfen und bis zum Europäischen Gerichtshof gehen, klagt Richard Leipold, der das Gerichtsverfahren angestrengt hatte. Er müsste seine einstweilige Verfügung persönlich durchsetzen.
    Firma Uber weist Kritik zurück
    "Ich müsste sagen, liebe Geschäftsführer von Uber, wenn Du nicht bezahlst, dann bitteschön, sechs Monate bei fließend kalt Wasser in Berlin Tegel, das kann ich mir nicht leisten, denn in dem Augenblick, wo der EuGh das Urteil aufhebt, dann könnte mich Uber schadensersatzpflichtig machen für die gesamten angeblich entgangenen Einkünfte."
    Uber ist in 20 europäischen Städten aktiv, wie viel Umsatz oder Gewinn in Deutschland gemacht wird, ist unbekannt. In den USA waren es im vergangenen Jahr 213 Mio. Dollar. Die ergeben sich aus den 20 Prozent, die Uber jeweils vom bezahlten Fahrpreis abbekommt. In Berlin ist Uber erst seit April auf dem Markt. Michael Müller vom Deutschen Taxi- und Mietwagenverband fordert, dass hier nun, wie in anderen Städten auch endlich etwas passiert.
    "Hamburg hat vor zwei Tagen Wundercar per Unterlassungsverfügung untersagt, in Brüssel hat die Behörde ebenfalls diese Tätigkeit untersagt, hat Fahrzeuge von Privatfahrern stillgelegt und entsprechende Ordnungsgelder verhängt, auch in Melbourne sind solche Aktionen mit Ordnungsgeldern, gegen diejenigen die sich rechtswidrig verhalten gelaufen, nur in Berlin ist man noch im tiefen Prüfen und Schlafen."
    7.500 Taxis gibt es in Berlin, 15.000 Menschen leben davon, 350 bis 400 Mio Euro Umsatz produziert das Taxigewerbe im Jahr. Dort sind die Konkurrenten Uber oder Wundercar noch lange nicht, aber rechtzeitiger Protest soll helfen, damit es gar nicht erst soweit kommt, meinen die Taxifahrer. Auch in Hamburg, München, Köln, London, Barcelona und Mailand, Lissabon, Sao Paulo und Chicago waren deshalb heute Aktionen geplant. In Paris blockierten mehrere hundert Taxifahrer den Verkehr an den internationalen Flughäfen Charles de Gaulle und Orly.
    Nachtrag: Inzwischen hat Uber auf die Proteste reagiert. Gegenüber dem RBB teilte das Unternehmen mit, man könne die Kritik nicht nachvollziehen. Die Uber-Fahrer müssten verschiedene Überprüfungen durchlaufen, bevor sie für die App zugelassen werden. Führerschein, Versicherung und polizeiliches Führungszeugnis würden geprüft.