Es war eine Runde, wie sie sonst eigentlich nur nach Wahlen zusammenkommt, in der Elefantenrunde. Links auf der Bühne Nicola Beer, Generalsekretärin der FDP, daneben Matthias Höhn, Bundesgeschäftsführer von Die LINKE, daneben Michael Kellner, politischer Geschäftsführer der GRÜNEN. Und rechts der Moderatorin SPD-Generalsekretärin Katarina Barley und CDU-Generalsekretär Peter Tauber. Auf der einen Seite Opposition, auf der andere Regierung, wie Kellner vor Beginn bemerkt. Aber: Alles reiner Zufall.
Kellner:
"Das haben Sie sich aber so ausgesucht, wenn ich das kurz erwähnen darf! (Gelächter) Wir tauschen jetzt aber nicht!"
"Das haben Sie sich aber so ausgesucht, wenn ich das kurz erwähnen darf! (Gelächter) Wir tauschen jetzt aber nicht!"
Das machte auch die anschließende Diskussion klar. Denn die Parteien waren sich über die Parteigrenzen hinweg einig, dass sie etwas ändern müssen, um wieder mehr aktive, engagierte Mitglieder zu gewinnen. Zuallererst stellte CDU-Generalsekretär Tauber allerdings klar, was er von genereller Parteienverachtung und Politikverdrossenheit hält - unter etwas einsamem Applaus.
"Die meisten, die so auf Parteien draufschlagen, haben sich nie die Mühe gemacht, mal in eine Partei hineinzuschauen. Und ich glaube ehrlich gesagt, nicht die Parteimitglieder - gerade die ehrenamtlichen müssen sich rechtfertigen für demokratischen Engagement - sondern alle, die nicht in Parteien sind, müssen sich mal die Frage leisten, was denn ihr Beitrag zum Funktionieren von Demokratie ist. Man kann auch ein Bürger und guter Demokrat sein ohne Parteibuch. Aber ich glaube eben, dass die Analyse stimmt: Was Besseres als die Parteien hat noch niemand erfunden."
Studie: Etablierte Parteien in der Kritik
Dass die Deutschen der Demokratie im Allgemeinen oder den Parteien grundsätzlich skeptisch gegenüberstehen, glaubt Hanno Burmester nicht. Er hat die Studie veröffentlicht, die der Runde an diesem Abend als Diskussionsgrundlage dient: "Die Partei 2025 - Impulse für zukunftsfähige politische Parteien". Er glaubt, dass die Bürgerinnen und Bürger vor allem ein Problem mit den etablierten Parteien haben:
"Die sind sehr unzufrieden mit der Art und Weise, wie in Parteien heute gearbeitet wird und wie in Parteien miteinander umgegangen wird. Sprich: Sie sind unzufrieden mit dem Angebot, nicht mit der Idee."
Deshalb schlägt Burmester den Parteien in der Studie ein paar Ideen vor, wie sie agiler und innovativer werden können. Zum Beispiel durch Mitgliedschaftsangebote, bei denen man sich selbst aussuchen kann, wie man in der Partei tätig sein möchte - etwa als Fachexperte oder als Vor-Ort-Aktivist. Er schlägt den Parteien mehr Dialog mit Nichtmitgliedern vor. Weiterbildungen, die den Mitgliedern auch abseits der Parteiarbeit nützlich sein können. Oder auch mehr Mitbestimmung der Basis, vor allem digital. Der Punkt, auf den sich alle Parteivertreter einigen können.
Die SPD:
Barley: "Wir haben gerade unseren Programmprozess aufgesetzt für die nächste Wahl und machen das mit ganz, ganz viel Beteiligung."
Barley: "Wir haben gerade unseren Programmprozess aufgesetzt für die nächste Wahl und machen das mit ganz, ganz viel Beteiligung."
Die Linke:
Höhn: "Wir haben ja unser letztes Grundsatzprogramm in einer Urabstimmung bestätigt. Aus meiner Sicht spricht nicht viel dagegen, das zu öffnen."
Höhn: "Wir haben ja unser letztes Grundsatzprogramm in einer Urabstimmung bestätigt. Aus meiner Sicht spricht nicht viel dagegen, das zu öffnen."
Die FDP:
Beer: "Ich glaube, die Wichtigkeit ist daher, unterschiedliche Wege, Kanäle zu eröffnen, um Leuten den Zugang so leicht wie möglich zu gestalten."
Beer: "Ich glaube, die Wichtigkeit ist daher, unterschiedliche Wege, Kanäle zu eröffnen, um Leuten den Zugang so leicht wie möglich zu gestalten."
Genauso wie die CDU:
Tauber: "Ich finde, da spricht nichts dagegen, dass den Parteien anheim zustellen, ob sie zum Beispiel eine Basisbefragung machen oder Delegierte entscheiden oder welches Gremium sie wählen für eine gewisse Entscheidung."
Tauber: "Ich finde, da spricht nichts dagegen, dass den Parteien anheim zustellen, ob sie zum Beispiel eine Basisbefragung machen oder Delegierte entscheiden oder welches Gremium sie wählen für eine gewisse Entscheidung."
Und die Grünen:
Kellner: "Das würde ich gerne: Dass meine Partei zur Beteiligungspartei wird und das immer weiter ausbaut. Auch mit der Verbindung Online-Offline-Welt."
Kellner: "Das würde ich gerne: Dass meine Partei zur Beteiligungspartei wird und das immer weiter ausbaut. Auch mit der Verbindung Online-Offline-Welt."
Grünen-Geschäftsführer Kellner stieß sogar eine Änderung im Parteiengesetz an. Denn bislang sind einige Abstimmungen formal noch an Parteitage gebunden. Zum Beispiel die Verabschiedung von Programmen oder die Wahlen der Vorsitzenden. All das kann rechtlich laut Parteiengesetz nur auf Delegiertenversammlungen beschlossen werden. Deshalb hofft Kellner:
"…dass wir uns einigen können, dass man sagt: Wir ändern das Parteiengesetz, weil wir dann mehr Freiraum für uns selber als Organisationen haben wollen, um Sachen auszuprobieren."
Und auch hier weitgehende Einigkeit - auch die CDU wäre mit an Bord.
Tauber:
"In der Tat, beim Parteiengesetz gibt's einige Dinge, über die wir reden müssen."
"In der Tat, beim Parteiengesetz gibt's einige Dinge, über die wir reden müssen."
Und so scheint nach vielen Jahren eine Idee der Piratenpartei bei den Etablierten angekommen zu sein: Die Verknüpfung von mehr Basisdemokratie und Technologie. Doch Strukturen und Prozesse sind für Burmester überhaupt nicht der größte Punkt auf seiner Liste mit Verbesserungsvorschläge für die Parteien.
Burmester:
"Viel wichtiger ist es auch, auf die Parteikultur, also den Umgang im Inneren zu blicken. Da beklagen heute viele die Brutalität im Umgang, den Mangel an Spaß und Freude, der mit Parteiarbeit verbunden ist. Und ich glaube, da können Parteien nachlegen. Also wirklich überlegen: Wie können wir vor Ort anders und menschlicher miteinander arbeiten als bislang."
"Viel wichtiger ist es auch, auf die Parteikultur, also den Umgang im Inneren zu blicken. Da beklagen heute viele die Brutalität im Umgang, den Mangel an Spaß und Freude, der mit Parteiarbeit verbunden ist. Und ich glaube, da können Parteien nachlegen. Also wirklich überlegen: Wie können wir vor Ort anders und menschlicher miteinander arbeiten als bislang."