Das Horrorszenario ist nicht eingetreten - das ist die die gute Nachricht für den deutschen Sport. Für das Corona-Jahr 2020 hatten einige Funktionäre 10 bis 15 Prozent Mitgliederverlust befürchtet. Ganz so schlimm ist es aber nicht gekommen: 3 Prozent weniger Mitgliedschaften zählt der Deutsche Olympische Olympische Sportbund (DOSB) in seiner aktuellen Bestandserhebung.
Weniger Geld für Vereine und Verbände
Die absolute Zahl ist trotzdem bemerkenswert: Fast 800.000 Mitgliedschaften weniger hat es 2020 im Vergleich zum Vorjahr gegeben. Lutz Thieme, Sportwissenschaftler an der Hochschule Koblenz, sagte im Dlf, die gestiegene Zahl an Austritten während der Corona-Pandemie sei besonders tragisch für die Vereine vor Ort, bei Teamsportarten sei zum Teil die Existenz von ganzen Mannschaften gefährdet.
Die besonders auffälligen Rückgänge der Mitgliederzahlen in der Gruppe der 0-6-Jährigen bewertet Thieme allerdings nicht als dramatisch. "Wir müssen unterscheiden zwischen statistischen Effekten und den Effekten, die dann tatsächlich eintreten, weil nicht mehr genügend Menschen eingetreten sind. Das überlagert sich insbesondere in der Gruppe der 0-6-Jährigen."
Auch auf Verbandsebene spüre man die Folgen, so Thieme. Sinken die Mitgliederzahlen in den Vereinen, gibt es auch weniger Geld für die Verbände. Zudem hätten fehlende Wettkämpfe zu Einbußen geführt. "Das Wettkampfsystem ist nochmal ein Faktor, mit dem sich Sportverbände auch finanzieren. Das ist ausgeblieben. Deshalb hat der eine oder andere Sportverband finanzielle Engpässe zu überwinden."
Es sei jetzt eine Herausforderung für die Sportvereine und auch die Verbände, Kinder im Alter von 0-14 Jahren, die in der Coronazeit verlorengegangen seien, wieder für die Sportvereine zu begeistern. Gezielte Kampagnen zum Aufholen seien deshalb wichtig.
Mitgliederschwund auch ohne Corona
Und: "Wir verlieren in den Sportvereinen massiv die Mitglieder ab 12/13 bis hin zu 30 Jahren. Wenn es uns gelingt, diesen auch ohne Corona vorhandenen Mitgliederschwund etwas abzubremsen, dann könnten wir noch viel mehr Menschen im Sportverein halten."
Auffallend ist außerdem, dass bei der Altersgruppe der 27 bis 40-Jährigen deutlich mehr Frauen als Männer ihre Mitgliedschaft beendet haben. "Es scheint so zu sein, dass Frauen die Angebote der Sportvereine nicht im gleichen Maße wertschätzen und sich verbunden wie die Männer", so Thieme.
Dass dies auch daran liegen könnte, dass Frauen in der Krise in alte Rollenbilder zurückgedrängt wurden und zum Beispiel das Home-Schooling übernommen haben, hält Thieme für einen "plausiblen Erklärungsansatz".