Die SPD kann sich großer Aufmerksamkeit sicher sein: Seit fast zwei Wochen bestimmt ihr Mitgliederentscheid die Schlagzeilen in Deutschland. Heute soll er zu einem Abschluss kommen. In Berlin sind mehr als 400 Helfer im Einsatz, um die Stimmzettel auszuzählen.
An dem Mitgliederentscheid über die Frage, ob die SPD mit CDU und CSU in eine Große Koalition gehen soll, hatten sich rund 333.500 SPD-Mitglieder beteiligt. Nach Angaben von SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles waren das rund 70 Prozent aller Mitglieder; stimmberechtigt waren knapp 475.000 Personen. Nahles sprach von einem hervorragenden Ergebnis, die Erwartungen seien bei Weitem übertroffen worden.
Wer teilnahm, schickte seinen Stimmzettel nach Leipzig. Dort wurden die Briefe gestern Abend auf einen Lastwagen geladen, der sie in der Nacht nach Berlin brachte. Mit einem Ende der Auszählung wird zwischen 16 und 18 Uhr gerechnet. Dann will Parteichef Sigmar Gabriel das Ergebnis des SPD-Mitgliederentscheids bekanntgeben. Er rechnet mit einer großen Zustimmung.
Spekulation über Ministerposten
Gestern war bereits durchgesickert, welche Ministerien die SPD übernehmen soll und wer Minister wird. Nach übereinstimmenden Medienberichten würde SPD-Chef Sigmar Gabriel die Ressorts Wirtschaft und Energie übernehmen, Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier Außen, Schatzmeisterin Barbara Hendricks Umwelt, Generalsekretärin Andrea Nahles Arbeit und Soziales, SPD-Vize Manuela Schwesig Familie und der saarländische Wirtschaftsminister Heiko Maas das Justizministerium. Der jetzige Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann soll Steinmeier als Fraktionschef nachfolgen.
Die SPD wollte sich zu den Personalien nicht äußern. Sie sollen erst bekanntgegeben werden, wenn der Mitgliederentscheid ausgezählt wird. Dann will auch die Union sagen, wer Mitglied des Kabinetts von Bundeskanzlerin Angela Merkel wird. Die "Rheinische Post" will erfahren haben, dass Wolfgang Schäuble Bundesfinanzminister bleibt. Für Überraschung sorgten Medienberichte, wonach Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) der neuen Regierung nicht mehr angehören wird.
Lob für Mitgliederentscheid
Dass so viele SPD-Mitglieder über die Große Koalition abgestimmt haben, findet auch in anderen Parteien Anerkennung. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter beglückwünschte die SPD: "Da kann man ganz entspannt sagen: Das ist ein gutes Signal für Basisdemokratie."
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) bezeichnete die hohe Mobilisierung als "bemerkenswert". Sie mache den Wunsch vieler Parteimitglieder nach Teilhabe deutlich, sagte Lammert der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Für solch einen innerparteilichen Entscheidungsprozess biete das Parteiengesetz einen beachtlichen Ermessensspielraum, sagte Lammert. "Dass die Parteien davon Gebrauch machen, ist sicher nicht zu beanstanden."