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Mitten in der Stadt
Geheime Konzerte mit Kopfhörern

Konzerte mitten in der Stadt zum Beispiel in Parks sind wegen Ruhestörung nicht möglich - in Köln schon. Das Publikum wird vom Veranstalter zu einem geheimen Spielort gelotst und verfolgt das Konzert mit Kopfhörern. Zuletzt war das Einar Stray Orchester aus Norwegen zu Gast.

Von Julia Batist |
    Ein junger Mann trägt große Kopfhörer um den Hals.
    Ohne Kopfhörer klingen die Konzerte blechern und sind zu leise. (picture-alliance/ dpa / Angelika Warmuth)
    Menschen in Sommerkleidung laufen in kleinen Gruppen die Straße entlang. Sie schieben Fahrräder, trinken Bier. In der Hand halten sie einen Plan – die Wegbeschreibung zur geheimen Konzert-Location. Rund 500 Leute sind es heute. Einige sind zum ersten Mal dabei.
    "Ich bin ganz gespannt, habe gehört, das soll super nett sein. Ich erwarte mir eine nette Atmosphäre und gute Musik. Ich glaub man hört die Musik dadurch intensiver."
    "So stelle ich es mir auch vor, weil man es eben direkt auf die Ohren bekommt."
    "Ich komme aus England. Es ist mein erstes Mal hier. Ich mag diesen anderen Typ von Aktivität."
    Es regnet – die Veranstalter mussten schnell eine überdachte Location auftreiben. Veranstalter Jens Ponke setzt auf den Überraschungseffekt.
    "Wir versuchen, den Leuten, auch Plätze in ihrer Stadt zu zeigen, die sie bisher nicht kannten – das dann eben auch noch mit einem Konzert zu füllen, das sind zwei Kicks auf einmal für die Leute."
    Heute ist es ein riesiger Raum in einem alten Backsteingebäude, mit Glasdach. Industriecharme.
    "Wir sind zu fünft und haben drei Kopfhörer. Kann man halt nicht die ganze Zeit hören."
    "Kanal A oder Kanal B – das ist jetzt die Frage."
    Die Band Das Einar Stray Orchestra aus Norwegen steht schon auf der Bühne, grinst, checkt die Instrumente. Die Zuschauer machen es sich gemütlich. Viele sitzen auf Picknickdecken auf dem Boden. Ohne Kopfhörer klingt das Konzert ein wenig blechern.
    "Die Stimmen, die hört man gar nicht, wenn man jetzt die Kopfhörer aus hat."
    Perfekter Sound nur mit Kopfhörern
    Und so hört das Publikum den perfekten Sound - mit Kopfhörern.
    Einige Besucher ziehen die Schuhe aus, schließen die Augen, andere packen Proviant aus. Viele liegen entspannt auf dem Rücken – ein ungewöhnlicher Anblick. Auch für die Band ist die Atmosphäre neu. Vor allem das sitzende Publikum amüsiert sie. Das Konzert findet da statt, wo die Zuhörer es gerade hören wollen.
    "Zur Not eigenen Kopfhörer mitnehmen. Falls halt keine Kopfhörer mehr da sind einfach einklinken. Das mache ich jetzt auch beim Klo anstehen."
    Der jüngste Konzertbesucher heute Abend ist erst ein paar Monate alt.
    "Als junge Eltern hat man ja auch nicht so viele Möglichkeiten überhaupt zusammen auf ein Konzert zu gehen. In diesem Fall nimmst du einfach das Baby mit und beide haben einen schönen Abend."
    Mit solchen neuen Zielgruppen hoffen die Macher, auch kulturpolitisch etwas zu verändern, erklärt Veranstalter Jens Ponke:
    "Wem gehört die Stadt ist ja das große Thema im Moment. Und dieses Konzept gibt die Möglichkeit, dass sie allen gehört."
    "Das kann miteinander funktionieren, durch dieses Kopfhörer-Konzept. Dass Leute ein Konzert hören und andere Leute trotzdem von dem Konzert nicht gestört sind."
    Endspurt – die erste Zugabe. Jetzt stehen die Leute auf. Viele tanzen - zwischen Äpfeln, nackten Füßen und Picknickkörben. Für die meisten geht das Konzept auf:
    "Es ist auf jeden Fall intimer. Man fühlt sich direkter mit der Band verbunden."
    "Ich gehe sehr gerne auf Konzerte und viel, vor allem wegen der Musik. Das kann ich halt hier viel mehr genießen, bin viel mehr in der Musik vertieft."
    "Sie hören wirklich zu"
    Auch Sänger Einar Stray zieht eine positive Bilanz:
    "Es hat sich angefühlt als würden alle in unserem Wohnzimmer sitzen. Aber in einem sehr großen. Dann wiederum waren da 400 Leute in dieser riesigen Fabrikhalle. Es war ein bisschen gruselig weil alle unsere Fehler gut hören konnten. Aber ich mag das. Du konzentrierst dich dadurch viel mehr."
    Schlagzeuger Lars Fremmerlid fand den Auftritt entspannt:
    "Es beruhigt mich wenn alle sitzen. Sie hören wirklich zu."
    "Bei unseren normalen Auftritten bemühen wir uns immer um die Aufmerksamkeit der Leute. Wir wollen sie unterhalten. Hier sind sie gezwungen sich von uns unterhalten zu lassen."
    Jens Ponke und seine Mitstreiter organisieren die Kopfhörer-Konzerte quasi ehrenamtlich. Geld verdienen sie damit bislang nicht.
    "Das ist irgendwo zwischen einem Hobby und einer Leidenschaft eine Sache, die wir einfach total gerne machen. Die wir natürlich ausbauen wollen, um mehr Leuten Zugang zu diesem Konzept zu geben. Weil wir merken wie die Reaktionen sind. Ich habe einfach einen schönen Abend wenn ich hier bin."