Michael Müller, Postdoktorand in der Abteilung für medizinische und biologische Informatik, stellt sich vor einen am Tisch liegenden Plastiktorso.
"Wir haben ein Navigationssystem entwickelt, mit dem ich mittels eines Tablet-Computers in den Patienten reinschauen kann, noch bevor ich den ersten Schnitt gemacht habe. Deswegen liegt jetzt dieses Plastikmodell vor uns, wir haben keinen echten Patienten aufgelegt, wir müssen’s jetzt am Plastikmodell machen. Ich halte das iPad einfach mal drüber. Und was man jetzt sieht, ist eine 3D-Darstellung der Organe. In diesen Plastiktorso haben wir einen echten Human-CT-Datensatz reingelegt, der einen Pankreas-Tumor zeigt. Sie sehen es hier in Form einer roten Struktur. Das Pankreas ist ja ... ist blau. wir gucken es uns gerade von der Seite an. Gehen wir doch mal auf die andere Seite. Ja, gehen wir mal hier herum. Vor allem viele vital wichtige Organe liegen außen herum. Insofern ist das eine große Herausforderung. Wir tun so, als wäre in unserem Plastikphantom dieser Fall enthalten."
Das sieht beeindruckend realistisch aus, und es lebt von der Bewegung des Tablets. Man erkennt die inneren Strukturen des Bauchs umso räumlicher, je mehr man hin und her schwenkt. Es soll schon Ärzte im Krebsforschungszentrum gegeben haben, die sich das am realen Patienten ansahen und meinten, der Tablet-Computer sei röntgenfähig geworden.
In Wirklichkeit hat Michael Müller den vorher in der CT-Röhre aufgenommenen Datensatz des Patienten in das Gerät geladen, räumlich auf die Geometrie des Patienten eingenordet. Nach dieser "Registrierung" kann man das Tablet mit seinem eingebauten Beschleunigungssensor dann herumschwenken und sieht, je nach Wunsch, Wirbelsäule oder Darm, Niere oder eben Pankreas - die Bauspeicheldrüse.
Einige wenige orthopädische Kliniken führen Knie-OPs mithilfe ähnlicher Technik und Smartphone durch. Aber im allgemeinen chirurgischen Betrieb stößt diese Visualisierung bislang auf wenig Gegenliebe: Die Radiologen halten sie für Spielzeug, denn sie sind die Bilder auf ihren fest installierten Großbildschirmen gewohnt. Chirurgen sagen, sie wollen nicht noch ein Gerät im OP haben, noch dazu eins mit Touchscreen, das sie mit ihren blutverschmierten Handschuhen berühren müssten. Die jüngste Vergangenheit hat aber gezeigt, dass die Zahl der Bildschirme im OP zunimmt, weil eben neue Techniken der Visualisierung die Operation präziser und sicherer machen.
"Ich glaube, das war eine Untersuchung auf Darmkrebs, weil nämlich Kontrastmittel hinzugenommen wurden. Deswegen sieht man den Darm erhellt",
sagt Markus Fangerau, der am Deutschen Krebsforschungszentrum eine Arbeitsgruppe für Medizinlösungen auf Mobilgeräten leitet. Er zeigt auf einem kleinen Tablet-PC eine andere App: die messerscharfe Grafik mehrerer Schichtbilder aus dem Körperinneren eines Patienten.
"1200 Schichten, fast ein Ganzkörper-CT,- damit wir zeigen können, dass wir hier alles darstellen können, selbst Datensätze, die größer sind als der Speicher des Geräts. Der hier ist jetzt ungefähr 700 Megabyte. Die größten Datensätze, die wir bisher hatten, war ein bis eineinhalb Gigabyte."
Die technische Besonderheit aber ist hier nicht die Visualisierung, sondern die Herkunft und die Übertragung der Daten: Sie sind aus einem völlig abgeschotteten Bereich, nämlich der krankenhausinternen Bilddatenbank namens PACS, in das tragbare Gerät gelangt. Markus Fangerau nutzt dazu einen Übergaberechner im Krankenhaus, der sich im Klinikbetrieb DMZ - demilitarisierte Zone - nennt, um gezielt bestimmte Datensätze anzufordern und übers Mobilfunknetz in das Smartphone oder Tablet zu senden. Weil es Stunden dauern würde, bis das Gigabyte an dreidimensionalen Körperdaten in dem tragbaren Gerät ankäme, nutzt der Wissenschaftler einen Trick:
"Von diesem 3D-Volumen sehen wir nur die Würfel, die sich der Arzt gerade anschaut. So ähnlich wie bei Google Maps: Von der großen Karte sehen wir nur die Quadrate, wo der Benutzer gerade drüber ist."
Zum Schutz der Patienten werden die Bilddaten pseudonymisiert und verschlüsselt. Markus Fangerau sieht den primären Einsatzbereich im Außendienst, bei den vielen Ärzten, die im Umfeld einer Klinik ihre Fachpraxen betreiben.
"Das sind Ärzte auf Bereitschaft, die dann um 2 oder 3 Uhr nachts angerufen werden und nach ihrer Meinung gefragt werden, ob zum Beispiel ein Patient, der gerade ambulant eingeliefert wurde, operiert wird oder nicht. Von dieser Entscheidung hängt meistens ab, ob der Patient bei so einer OP überlebt oder nicht. Und deswegen sind es relativ kurze Zeiten, in denen man zu entscheiden hat, und dafür ist das System unglaublich gut."
Große Medizingerätehersteller sind immer wieder Gast in der Visualisierungsabteilung am Deutschen Krebsforschungszentrum. In den mobilen Einsatzmöglichkeiten sehen auch sie eine große Zukunft.
"Wir haben ein Navigationssystem entwickelt, mit dem ich mittels eines Tablet-Computers in den Patienten reinschauen kann, noch bevor ich den ersten Schnitt gemacht habe. Deswegen liegt jetzt dieses Plastikmodell vor uns, wir haben keinen echten Patienten aufgelegt, wir müssen’s jetzt am Plastikmodell machen. Ich halte das iPad einfach mal drüber. Und was man jetzt sieht, ist eine 3D-Darstellung der Organe. In diesen Plastiktorso haben wir einen echten Human-CT-Datensatz reingelegt, der einen Pankreas-Tumor zeigt. Sie sehen es hier in Form einer roten Struktur. Das Pankreas ist ja ... ist blau. wir gucken es uns gerade von der Seite an. Gehen wir doch mal auf die andere Seite. Ja, gehen wir mal hier herum. Vor allem viele vital wichtige Organe liegen außen herum. Insofern ist das eine große Herausforderung. Wir tun so, als wäre in unserem Plastikphantom dieser Fall enthalten."
Das sieht beeindruckend realistisch aus, und es lebt von der Bewegung des Tablets. Man erkennt die inneren Strukturen des Bauchs umso räumlicher, je mehr man hin und her schwenkt. Es soll schon Ärzte im Krebsforschungszentrum gegeben haben, die sich das am realen Patienten ansahen und meinten, der Tablet-Computer sei röntgenfähig geworden.
In Wirklichkeit hat Michael Müller den vorher in der CT-Röhre aufgenommenen Datensatz des Patienten in das Gerät geladen, räumlich auf die Geometrie des Patienten eingenordet. Nach dieser "Registrierung" kann man das Tablet mit seinem eingebauten Beschleunigungssensor dann herumschwenken und sieht, je nach Wunsch, Wirbelsäule oder Darm, Niere oder eben Pankreas - die Bauspeicheldrüse.
Einige wenige orthopädische Kliniken führen Knie-OPs mithilfe ähnlicher Technik und Smartphone durch. Aber im allgemeinen chirurgischen Betrieb stößt diese Visualisierung bislang auf wenig Gegenliebe: Die Radiologen halten sie für Spielzeug, denn sie sind die Bilder auf ihren fest installierten Großbildschirmen gewohnt. Chirurgen sagen, sie wollen nicht noch ein Gerät im OP haben, noch dazu eins mit Touchscreen, das sie mit ihren blutverschmierten Handschuhen berühren müssten. Die jüngste Vergangenheit hat aber gezeigt, dass die Zahl der Bildschirme im OP zunimmt, weil eben neue Techniken der Visualisierung die Operation präziser und sicherer machen.
"Ich glaube, das war eine Untersuchung auf Darmkrebs, weil nämlich Kontrastmittel hinzugenommen wurden. Deswegen sieht man den Darm erhellt",
sagt Markus Fangerau, der am Deutschen Krebsforschungszentrum eine Arbeitsgruppe für Medizinlösungen auf Mobilgeräten leitet. Er zeigt auf einem kleinen Tablet-PC eine andere App: die messerscharfe Grafik mehrerer Schichtbilder aus dem Körperinneren eines Patienten.
"1200 Schichten, fast ein Ganzkörper-CT,- damit wir zeigen können, dass wir hier alles darstellen können, selbst Datensätze, die größer sind als der Speicher des Geräts. Der hier ist jetzt ungefähr 700 Megabyte. Die größten Datensätze, die wir bisher hatten, war ein bis eineinhalb Gigabyte."
Die technische Besonderheit aber ist hier nicht die Visualisierung, sondern die Herkunft und die Übertragung der Daten: Sie sind aus einem völlig abgeschotteten Bereich, nämlich der krankenhausinternen Bilddatenbank namens PACS, in das tragbare Gerät gelangt. Markus Fangerau nutzt dazu einen Übergaberechner im Krankenhaus, der sich im Klinikbetrieb DMZ - demilitarisierte Zone - nennt, um gezielt bestimmte Datensätze anzufordern und übers Mobilfunknetz in das Smartphone oder Tablet zu senden. Weil es Stunden dauern würde, bis das Gigabyte an dreidimensionalen Körperdaten in dem tragbaren Gerät ankäme, nutzt der Wissenschaftler einen Trick:
"Von diesem 3D-Volumen sehen wir nur die Würfel, die sich der Arzt gerade anschaut. So ähnlich wie bei Google Maps: Von der großen Karte sehen wir nur die Quadrate, wo der Benutzer gerade drüber ist."
Zum Schutz der Patienten werden die Bilddaten pseudonymisiert und verschlüsselt. Markus Fangerau sieht den primären Einsatzbereich im Außendienst, bei den vielen Ärzten, die im Umfeld einer Klinik ihre Fachpraxen betreiben.
"Das sind Ärzte auf Bereitschaft, die dann um 2 oder 3 Uhr nachts angerufen werden und nach ihrer Meinung gefragt werden, ob zum Beispiel ein Patient, der gerade ambulant eingeliefert wurde, operiert wird oder nicht. Von dieser Entscheidung hängt meistens ab, ob der Patient bei so einer OP überlebt oder nicht. Und deswegen sind es relativ kurze Zeiten, in denen man zu entscheiden hat, und dafür ist das System unglaublich gut."
Große Medizingerätehersteller sind immer wieder Gast in der Visualisierungsabteilung am Deutschen Krebsforschungszentrum. In den mobilen Einsatzmöglichkeiten sehen auch sie eine große Zukunft.