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Mobiles Tonstudio
Jederzeit kompositionsbereit

Mehrspurig aufnehmen kann man schon lange, auch mobil mit dem Laptop oder MP3-Rekorder. Aber bisher gab es kein Gerät für Komponisten, die unterwegs Ideen einsingen oder einspielen wollen. Doch nun bietet das "Spire Studio" ganz neue mehrspurige Möglichkeiten.

Von Maximilian Schönherr |
    Handliches mobiles Aufnahmestudio "Spire"
    Handliches mobiles Aufnahmestudio "Spire" (Maximilian Schönherr)
    Ich gehe gerade die Treppe in einem 1960er Bürogebäude hoch. Der Hall lädt zum Summen ein. Ich habe ein faustgroßes Gerät aus meinem Rucksack gezogen, eingeschaltet, und halte es beim Hochgehen vor meinen Mund.
    Daraus wird nie ein Hit werden, aber es ist eine typische Skizze, mit der Songs oft anfangen. Die Stärke des Geräts, das die in Boston beheimatete Softwarefirma iZotope unter dem Namen Spire Studio auf den Markt gebracht hat, liegt in der Weiterbearbeitung der Skizze. Dazu verbindet man Spire über WLAN mit dem Smartphone oder Tablet und legt mit einem einzigen Antippen die nächste Spur an, und die nächste und die nächste.
    Handliches Tonstudio
    Nichts davon ist sauber eingesungen und eingespielt, aber die Skizze wächst und formt sich zu einem Song über den beginnenden Herbst und kommenden Winter.
    In den USA, wo das Gerät schon einige Monate auf dem Markt ist, nutzen es viele Künstler, wie zum Beispiel Anais Mitchell. Die 37-jährige Sängerin und Komponistin vertonte jüngst ihren Song von 2010 "Why We Build the Wall" neu, und zwar mit etwa 10 anderen Musikern. Zu Beginn hat sie den Kopfhörer aufgesetzt, hinten die Gitarre eingesteckt und zählt jetzt ein. Dann reicht sie das Gerät weiter, und eine Freundin singt später am Abend drei weitere Stimmen dazu. Die irische Sängerin Wallis Bird singt in ihrem Bad die fünfte Stimme und die Folksängerin Kristin Andreassen fügt ihre Mundharmonika hinzu. Sie sitzt dabei auf dem Dach eines Hochhauses.
    Alles entsteht in diesem einen Gerät mit seinen vielen bunten LEDs, die über Lautstärke und Spurverteilung Auskunft geben.
    Neues Aufnahmewerkzeug
    Mehrspurig aufnehmen kann man schon lange, mit viel Aufwand am Laptop oder mit Mischpult im Studio. Manche MP3-Recorder ermöglichen auch mehrere Spuren, aber sind von Konzept her auf Stereoaufnahmen spezialisiert und schwer zu bedienen, wenn mehr Stimmen hinzu kommen sollen.
    Spire ist mit einem hochwertigen, rauscharmen Monomikrofon ausgestattet. Es lassen sich, und zwar ohne Nachdenken und Knöpfedrücken, externe Mikrofone, Gitarren, Keyboards anschließen. Die große Taste in der Mitte des Geräts heißt "Soundcheck": Man singt oder spielt oder trommelt mit der geplanten Lautstärke hinein, danach ist der Pegel festgelegt, und ein Übersteuern ausgeschlossen.
    Mischpult auf dem Smartphone
    Die Mehrspurigkeit erschließt nicht das Gerät selbst, sondern die dazu gehörige App. Auch sie ist einfach gehalten. Es gibt ein Metronomklicken für exakten Takt und mehrere, aber nicht zu viele Effekte für Raumklang, Gitarrenverzerrung und Bassbetonung. Vorbildlich klar auch das Mischpult auf dem Smartphone: Jede der maximal acht Spuren ist als farbiger Punkt dargestellt. Bewegt man den gelben nach rechts unten, wird die entsprechende Spur leiser und wandert nach rechts.
    Ist der Song skizziert, kann er wie er ist oder in einzelnen Spuren in den PC wandern und dort mit Kompositionssoftware und Mischpult neu- oder nachaufgenommen oder einfach nur ein wenig aufgehübscht werden.
    Spire ist ein rundum praktisches Aufnahmewerkzeug für Komponisten. Das erste seiner Art. Mit Kopfhörer, der App, der eigenen Stimme und Fingern, die irgendwo herum trommeln, ist man damit überall und jederzeit - kompositionsbereit.