Stefan Römermann: Das eigene Auto - für viele Menschen ist das ein Stück Freiheit. Zu wissen, man kann jederzeit überall hinfahren. Doch diese Freiheit ist nicht billig. Steuern, Sprit, Versicherungen, Reparaturen und natürlich Kaufpreis und der anschließende Wertverlust. Und dann steht das Auto auch noch die meiste Zeit des Tages einfach nur rum. Lohnt sich das wirklich?
Zumindest in großen Städten verzichten deshalb inzwischen viele Menschen auf das eigene Auto. Carsharing oder Teilauto heißt das Zauberwort. Heute Vormittag hat der Bundesverband CarSharing seine Jahresbilanz gezogen. Mein Kollege Dieter Nürnberger war dabei. Herr Nürnberger, liegt Carsharing denn tatsächlich im Trend - oder flaut das Interesse langsam ab?
Dieter Nürnberger: Hier trifft der Bundesverband CarSharing eine klare Aussage: Die heute vorgelegte Statistik zeigt, dass es bei der Nutzung dieser gemeinsamen Mietautos weiterhin nach oben geht. Das lässt sich allein schon anhand der Orte, wo solche Angebote gelten, ablesen.
Es sind nämlich inzwischen knapp 600 Kommunen, in denen Carsharing angeboten wird. 60 Orte mehr als vor einem Jahr. Ein zweistelliger Zuwachs in diesem Bereich. Und auch die Anzahl der Kunden wächst - Willi Loose, der Geschäftsführer des Bundesverbandes CarSharing:
"Konkret sind wir dieses Jahr bei 1.750.000 Nutzern beim Carsharing. Das entspricht drei Prozent der PKW-Führerschein-Besitzer in Deutschland. Das ist ein strammer Zuwachs von 455.000 neuen Nutzern seit vergangenem Jahr. Ein Zuwachs von 36 Prozent."
Hohe Zuwachsraten
Deutlich zweistellige Zuwachsraten also. Und interessant: Die Vorstellung der Zahlen des Verbandes fand heute im Bundesumweltministerium statt. Carsharing gilt ja als durchaus umweltfreundlich. Jochen Flasbarth, der Staatssekretär im Bundesumweltministerium, bekundete heute deshalb auch die Unterstützung durch die Politik:
"Carsharing ist ein Beitrag dazu, den Verkehr umwelt- und vor allem auch stadtverträglicher zu machen. Die Sharing-Economy ist ja im Grunde vom Carsharing aus auch in andere Bereiche übergegangen. Das ist natürlich unter sämtlichen Umweltaspekten - Ressourcenschutz, Flächenverbrauch, Umweltqualität - eine positive Entwicklung."
Es gibt zwei Modelle beim Carsharing: Vor allem in den Großstädten heißt das "free-floating". Konkret: Die Nutzer können dabei die Fahrzeuge ohne eine feste Verleihstation mieten und dann auch im Stadtgebiet irgendwo wieder abstellen. Das ist sehr flexibel. Vor allem auf dem Land oder in kleineren Kommunen gibt es solche Angebote bisher nicht, hier sind feste Verleih- und Rückgabestationen dann doch die Regel. Die höheren Wachstumszahlen im vergangenen Jahr hatten aber eindeutig diese flexiblen, stationsunabhängigen Carsharing-Angebote.
Kritik von der Deutschen Umwelthilfe
Allerdings gibt es inzwischen auch deutliche Kritik an der Idee des Carsharing. Die Deutsche Umwelthilfe beispielsweise bezweifelt, ob das Konzept, das Auto mit anderen zu teilen, wirklich eine so positive Umweltwirkung habe. "Klimaschutz durch Autofahren", so die Kritiker, das könne nicht der Maßstab für die Zukunft sein.
Es gibt Untersuchungen, wonach gerade beim free-floating die Autos den größten Teil des Tages auch nur herumstehen würden, sie seien damit genauso ineffizient wie ein Privatauto, so der Vorwurf. Das wollte der Bundesverband Carsharing natürlich nicht bestätigen. Willi Loose nennt andere Untersuchungen, er hat andere Erkenntnisse:
"Zum Beispiel ist der Anteil von Stammkunden des Öffentlichen-Personennahverkehrs beim free-floating wesentlich höher als beim Bevölkerungsdurchschnitt. Konkret: Unsere Nutzer nutzen den ÖPNV auch häufiger, wenn sie eine Monats- oder Jahreskarte haben."
Bundesregierung wird Carsharing fördern
Inzwischen steht auch fest, dass die Bundesregierung Carsharing künftig fördern will. Ein Gesetz soll Kommunen beispielsweise die Möglichkeit geben, mit extra ausgewiesenen Stellplätzen oder auch reduzierten Parkgebühren diese Idee zu unterstützen. Ein guter Anfang, sagt Staatssekretär Jochen Flasbarth, er hofft aber, dass die Förderung künftig noch umweltgerechter gestaltet werden kann.
"Wir können uns beispielsweise gut vorstellen, dass wir den Anteil an Elektromobilität dann als Basis mit im Gesetz verankern. Auch die Frage des Schadstoffausstoßes könnte man als Kriterium heranziehen. Wir haben das jetzt nicht getan. Aber wir können uns künftig eine Kombination aus diesen Ansätzen vorstellen."
Um mehr Klarheit über die wirklichen Umweltaspekte beim Carsharing zu bekommen, will das Ministerium in Zukunft das Freiburger Öko-Institut mit weiteren wissenschaftlichen Untersuchungen beauftragen.