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Mobilität der Zukunft

Verkehr. - Auf der Internationalen Automobil-Ausstellung IAA in Frankfurt steht die Elektromobilität im Rampenlicht. Das IAA-Motto "Zukunft serienmäßig" lässt sich durchaus schlüssig mit ihnen verbinden. Der Wissenschaftsjournalist Sönke Gäthke berichtet im Gespräch mit Arndt Reuning über den Stand der Elektromobilität.

Sönke Gäthke im Gespräch mit Arndt Reuning |
    "Es wird immer gesagt, Elektro-Mobilität muss in riesigen Großstädten eingesetzt werden. Es ist aber so, dass es da ein öffentliches Nahverkehrsnetz gibt, das teilweise sehr gut ist, wo ich schneller mit vorankomme, als mit dem Auto. Wenn ich jetzt das Auto durch ein E-Auto ersetze, komme ich nicht schneller voran."

    Professor Achim Kampker, Lehrstuhl für Produktionsmanagement, RWTH Aachen

    Reuning: Herr Gäthke, ist denn dieses Motto in diesem Jahr gerechtfertigt, ist das E-Mobil tatsächlich serienreif?

    Gäthke: Das Elektromobil ist tatsächlich serienreif, auch wenn es jetzt wirklich noch nicht die IAA dominiert. Das sind bis jetzt wirklich nur eine Hand voll Autos, muss man sagen. Aber einer von diesen Wagen könnte tatsächlich in die Zukunft weisen. Und das ist das, was General Motors unter dem Namen Volt oder Opel unter dem Namen Ampera verkaufen will. Das ist ein Wagen, mit dem der Konzern nach Expertenmeinung der Konkurrenz um drei Jahre voraus.

    Reuning: Was genau macht denn diesen Vorsprung aus?

    Gäthke: Das Auto ist kein Hybrid mehr, sowie das einige andere Hersteller schon machen, sondern das ist jetzt ein Elektroauto mit einem Hilfsmotor, für den Fall, dass der Strom aus der Batterie versiegt. Im Normalfall also, das habe ich mir auch demonstrieren lassen in Frankfurt, fährt das Auto elektrisch und zwar ziemlich flott. Das geht, solange die Batterie voll ist, oder man sie nicht leer fahren möchte, weil man auf der Autobahn fahren will. Wenn das der Fall ist, dann übernimmt der Benzinmotor die Stromversorgung, und das hat dann der Testfahrer demonstriert, auch das lässt sich eigentlich mehr hören, Entschuldigung mehr sehen als tatsächlich hören.

    " Jetzt kann man sich hier über den Stromfluss..., wird gleich auch der Verbrennungsmotor zugeschaltet, das wird dann auch angezeigt, jetzt ist der angesprungen. Und jetzt, wenn man ganz langsam fährt, dann hört man ihn auch."

    Also das Zusammenspiel ist technisch zumindest für den Fahrer oder Fahrgast ziemlich perfekt gelöst. Der Wagen, das haben wir gehört, ist sehr, sehr leise. Auch das Problem, dass der Verbrennungsmotor plötzlich anspringt in einem Auto mit Elektroantrieb und damit den Fahrer auch verwirren könnte, ist ziemlich gut gelöst.

    Reuning: Das heißt, dieser Wagen ist ein vollwertiges Elektroauto und ist gleichzeitig ein vollwertiger Benziner in einem?

    Gäthke: So ist es. Das Auto hat eine große Batterie im Mitteltunnel zwischen den Sitzen sitzen und halb unter der Rückbank. Vorn unter der Haube befindet sich ein richtiger Motor, ein richtiger Verbrennungsmotor, ein Elektromotor, ein Generator und auch noch eine aufwändige Elektronik, die das Zusammenspiel, teilweise auch nach Vorgaben des Fahrers, organisiert. Tatsächlich also zwei Autos in einem.

    Reuning: Weshalb macht man sich den überhaupt die Mühe von zwei Systemen?

    Gäthke: Die Ingenieure wollten damit die Reichweitenbeschränkung von Elektroautos umgehen, ohne dabei in irgendeiner Form auf irgendetwas verzichten zu müssen. Man kann sagen: Sie wollten die Art und Weise, wie das Auto heute verkauft und genutzt wird, in die Zukunft retten. Das kann sich jetzt natürlich als richtig erweisen, oder auch nicht. Es kann sich als richtig erweisen, wenn viele Menschen jetzt dieses Auto kaufen oder vielleicht ein vergleichbares und sich damit an das elektrische Fahren gewöhnen, und auch damit daran gewöhnen, dass 50 bis 80 Kilometer Reichweite eigentlich meistens reichen. Allerdings müssen die dann auch wirklich sehr viel Geld dafür bezahlen, denn der Wagen wird über weit über 40.000 Euro kosten. Man muss schon sehr viel fahren, um das dann durch billigere Stromtarife wieder rein zu kriegen.

    Reuning: Der Preis wird aber doch ganz gewaltig über die Zukunft dieses Autos mit entscheiden. Müssen diese Elektrofahrzeuge nicht deutlich billiger werden?

    Gäthke: Sie sollten zumindest deutlich billiger werden. Und es gibt eine Reihe von Ideen kleinerer Schmieden, die auch auf der IAA gezeigt wurden, die dort uns zeigen, wie es billiger genug gehen könnte. Da ist zum Beispiel aus München eine Forschergruppe der dortigen Universitäten, die haben den Mute vorgestellt, ein hübsches, schnittiges Elektroauto. Ein Hersteller aus Frankreich präsentierte dort den Mia, das sieht aus wer geschrumpfter VW-Bus mit Schiebetüren. Oder es gab aus Aachen ein so genanntes Konzept Zeitgeist. Das ist ein sehr schlichtes, aber recht großes Elektroauto, was von einem recht großen Zusammenschluss kleiner Hersteller vorgestellt wurde. Diese Autos haben alle eins gemeinsam. Alle wurden neu gedacht. Bei allen haben sich die Konstrukteure überlegt: OK, wir haben jetzt ein Elektroauto. Da sind bestimmte Dinge anders. Was müssen wir anders konstruieren, damit wir etwas in die zukunftsweisendes haben. Und dabei sind sehr, sehr unterschiedliche Konzepte herausgekommen.

    Reuning: Gleicher Ansatz, verschiedene Konzepte, verschiedene Modelle. Wie kommt das denn?

    Gäthke: Die drei Gruppen haben ganz unterschiedliche Sachen vor Augen gehabt und sind da ganz unterschiedliche Wege gegangen. Die Münchner zum Beispiel, das waren die mit dem eleganten Elektrowagen, die haben die Pendler vor Augen gehabt und haben sich überlegt: Was braucht der, was braucht er nicht, was können wir weglassen dafür? Die Franzosen haben vor allen Dingen an das Car Sharing gedacht und haben sich überlegt: Car Sharing, was braucht das? Möglichst viel Platz! Wie kriegen wir möglichst viel Platz im Innenraum hin. Und die Aachener, die sind wirklich am weitesten gegangen und haben sich zu allererst einmal überlegt: Wie kriegen wir das Elektroauto wirklich billiger? Und dann sind sie von der Produktion her in die Konstruktion gegangen und haben sich gedacht: Wie muss das Auto aussehen, damit es möglichst billig, möglichst einfach herstellen können? Da gibt es zum Beispiel Stahlprofile, an die sie gedacht haben. Das Auto hat eine Karosserie aus Stahlprofilen, die man relativ einfach produzieren und relativ einfach verlängern kann. Oder es gibt Türgriffe zum Beispiel, man hat relativ einfacher Türgriffe eingesetzt. Und zweitens haben sie im Blick gehabt, die 10 Prozent der Autos, die wirklich nie mehr als 100 Kilometer fahren, und für diese Distanz haben sie sogar einen eigenen Namen kreiert, das Short Distance Vehicle, SDV.

    Reuning: Das klingt ja fast wie SUV, also nach diesen rollenden Festungen.

    Gäthke: Das sieht auch ein bisschen so aus. Das sieht zumindest sehr robust aus. Aber dank der Herangehensweise, das ganze Auto mit Blick auf die Machbarkeit zu konstruieren, sind die Aachener überzeugt, Kleinserien von gerade mal 1000 oder 2000 Autos zum Preis von 5000 Euro bauen zu können. Also das Auto, die Batterie kommt dann noch einmal da drauf. Das heißt, der Gesamtpreis, je nach Größe der Batterie, wird irgendwo zwischen 15.000 und 20.000 Euro liegen. Bei einer Kleinserie von 1000 Autos kommen sie dabei trotzdem auf ihre Kosten. Und offenbar hat das zumindest die Deutsche Post überzeugt, die davon schon einmal die ersten Wagen gestellt hat.

    Reuning: Sieht denn so nach ihrer Meinung die Zukunft aus? Auf der einen Seite die teuren und großen Wagen und dann die gut durchkonstruierten Kurzstrecken- und Elektrowagen?

    Gäthke: Ja zumindest das Elektroauto muss so anfangen. Denn es wird nur auf der kurzen Strecke eine Chance haben, als Lieferwagen für die Post, für die Apotheke, für Kuriere, für Car-Sharing-Flotten. Das haben die Aachener schon ganz richtig erkannt und haben da, glaube ich, auch ein ganz guten Weg eingeschlagen. Nur mit dem konstruieren und dem Bauen ist es da nicht getan. Es muss hinterher auch ein Service da sein, den man dann anrufen kann, wenn tatsächlich etwas kaputt geht. Und das wird für die kleinen Hersteller ein Problem sein.

    Reuning: Muss man Mobilität in vielleicht in Zukunft nicht ganz anders denken und eventuell sogar auf den Individualverkehr ganz verzichten, wie wir es am Anfang gehört haben?

    Gäthke: Ich denke, man wird zumindest in den Städten gut beraten sein, auf nicht zu viel Individualverkehr zu setzen. Und man wird sich auf der langen Strecke sicherlich großen Individualverkehr nicht mehr leisten können. Nicht so, wie er heute ist.