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Mobilität in der Stadt
"Es fehlt einfach überall der Platz zum Radfahren"

Die deutschen Städte investierten zu wenig in die Fahrrad-Infrastruktur, kritisiert Stephanie Krone vom ADFC. Andere europäische Städte veranschlagten dafür 30 Euro pro Person, in Deutschland seien es zwischen fünf und drei Euro, sagte sie im Dlf.

Stephanie Krone im Gespräch mit Britta Fecke |
Ein Radfahrer befährt einen farblich abgesetzten Radweg auf der Kaiserstraße in der Innenstadt von Karlsruhe.
Es sei zu begrüßen, dass es für Radschnellwege auch Finanzierungshilfe vom Bund gebe, so Stephanie Krone vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub. Insgesamt geschehe aber zu wenig. (imago / Ralph Peters)
Britta Fecke: Mit Blick auf die Einhaltung der Luftreinhaltepläne und auch einfach mit Blick auf den nervigen Dauerstau in Großstädten ist das Rad eine umweltschonende Alternative zum motorisierten Individualverkehr. Deswegen fordern Lärm und Feinstaub geplagte Bürger und Umweltschutzverbände mit Nachdruck den Ausbau der Radwege und mehr Sicherheit für Radler im Stadtverkehr. Ganz anders denkt da der Vizechef der CDU-Ratsfraktion in Düsseldorf, Andreas Hartnigk. Er würde gerne Parkgebühren für Radfahrer einführen. Schließlich müssten ja auch Autofahrer für Parkplätze zahlen. Das klingt jetzt so, als wolle der CDU-Ratsherr auch mal mit einer steilen These in die Presse, und das ist in diesem Fall ja auch gelungen. Wir wollen aber seine Posse nutzen, um einmal zu fragen, wie der Ausbau des Radwege-Netzes in Deutschland überhaupt finanziert wird und vorankommt. Ich bin jetzt verbunden mit Stephanie Krone. Sie ist Sprecherin des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs, kurz ADFC. Frau Krone, wie steht es denn um die Finanzierung des Radwege-Netzes in Deutschland?
Stephanie Krone: Hallo, Frau Fecke! Ja, es steht relativ schlecht um die Finanzierung das Radverkehrs in Deutschland. In deutschen Städten ist es üblich, pro Kopf, na ja, drei bis fünf Euro höchstens in den Radverkehr zu investieren. Wenn man mal die Niederlande zum Vergleich nimmt, oder auch große Städte in Dänemark, sind es deutlich über 30 Euro pro Person, in Utrecht sogar 130 Euro pro Person. Das ist eine ganz andere Dimension und dementsprechend schlecht ist einfach auch die Fahrrad-Infrastruktur in Deutschland.
"Beim Thema Radschnellwege ist Musik drin"
Fecke: Wer nicht viel Geld in die Hand nehmen, kann nicht viel erwarten. Hat sich denn da trotzdem in den letzten Jahren ein bisschen was getan?
Krone: Ja! Wo im Moment Musik drin ist, das ist beim Thema Radschnellwege. Das sind sehr komfortable, breite und möglichst kreuzungsarme und vom Autoverkehr getrennt geführte Premium-Radwege, wie wir sagen, die vor allen Dingen für Pendler und für längere Strecken geeignet sein sollen. Dafür gibt es jetzt seit ein paar Jahren erstmals auch Finanzierungshilfe vom Bund, was wir sehr begrüßen. Da tut sich tatsächlich was. Verschiedene Bundesländer haben jetzt Pläne vorgelegt, Radschnellwege anzulegen, um tatsächlich auch den Pendlerverkehr immer stärker raus aus dem Auto und rauf aufs Rad zu bekommen.
Aber wo es wenig vorangeht, das ist tatsächlich in den Städten selbst. Auch in Düsseldorf- über das Beispiel wollten Sie ja sprechen – ist das genauso. In Düsseldorf ist die Situation für Radfahrer ausgesprochen unbefriedigend. Es ist ganz generell in den Großstädten so: Es fehlt einfach überall der Platz zum Radfahren. Die Städte sind bisher nur sehr zögerlich bereit, dem Radverkehr eigenen Platz im Straßenraum einzuräumen, und das ist tatsächlich das, was jetzt in Zukunft passieren soll. Da sind wir auch sehr froh – Sie hatten den Fall angesprochen -, dass sich die CDU in Düsseldorf da auch schon wieder positioniert hat, anders als der Vorschlag von dem Ratsherrn, von dem Sie sprachen, Denn es ist fachlich einmal Unfug, weil es gibt überhaupt keine guten Fahrrad-Abstellplätze in den deutschen Städten. Das heißt, es gibt gar nichts, wofür man eigentlich Geld verlangen kann, von ganz, ganz wenigen Ausnahmen abgesehen. Das ist auch eine zentrale Forderung: Wir brauchen viel mehr Fahrrad-Abstellplätze an Gebäuden, an Bahnhöfen, an Haltestellen, damit das in Zukunft besser funktioniert mit dem Radverkehr. Und es ist auch politisch ein Eigentor, dieser Vorschlag, denn es gibt annähernd in allen politischen Lagern eine Erkenntnis, dass wir mit dem Autoverkehr in den Städten so nicht weitermachen können, dass wir den Platz neu verteilen müssen und dass wir die Alternativen zum Auto attraktiv machen müssen. Dieser Vorschlag scheint, in die Gegenrichtung zu zielen, und ist deswegen einfach politisch ein Eigentor.
Fecke: Die Alternativen attraktiv machen, das möchte ich noch ganz kurz aufgreifen. Die elektrischen Roller sollen nun auf dem Radweg fahren dürfen und nicht mehr auf dem Bürgersteig. Was befürchten Sie da?
Immer wieder gefährliche Situationen für Radfahrer
Krone: Grundsätzlich ist das ja mal eine gute Idee zu sagen, wir brauchen da jetzt auch innovative Impulse, wir müssen es den Menschen leicht und angenehm und attraktiv machen, mal was anderes zu nehmen als das Auto, auch besonders auf diesen ganz kurzen Strecken, aus der S-Bahn ins Büro oder zur S-Bahn hin. Grundsätzlich ist es eine gute Idee zu sagen, da gibt es eine neue Fahrzeugklasse und die soll jetzt auch möglichst schnell auf die Straßen. So weit, so gut.
Fecke: Aber soll sie auf den Radweg?
Krone: Genau! Das Problem ist, dass die Radwege schon jetzt jeder Beschreibung spotten und dass sie schon jetzt für den Radverkehr eigentlich längst nicht ausreichen. Sie sind nicht breit genug, sie haben die Qualität nicht, sie gehen nicht durch, an jeder Ecke muss man sich den Weg neu suchen und wird dann rauf und runter auf die Fahrbahn geführt und immer wieder in gefährliche Situationen hinein. Was wir brauchen sind durchgängige, hochqualitative Radwege-Netze. Dann funktioniert das auch mit dem gemeinsamen Fahren mit 73 Millionen Fahrrädern in Deutschland inklusive immer mehr Pedelecs und dann den Mengen von Elektro-Scootern, die die Städte jetzt ab Sommer auch mit auf dem Radweg erwarten.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.