Die neuseeländische Fluggesellschaft Air New Zealand hat ihr Vorhaben, bis 2030 die CO2-Emissionen pro Flug um rund ein Drittel zu reduzieren, vorerst aufgegeben. Als Gründe für die Zieländerung nennt das Unternehmen Lieferprobleme bei neuen Flugzeugen sowie die mangelnde Verfügbarkeit neuer, nachhaltiger Kraftstoffe. Air New Zealand bekräftigt jedoch das Ziel, bis 2050 klimaneutral zu wirtschaften. Zur Reduzierung der Emissionen wird nun ein neues Zwischenziel erarbeitet.
Stefan Gössling, Experte für nachhaltigen Tourismus und Professor an der Universität Kalmar in Schweden, sagte im Deutschlandfunk, die Ankündigung der Fluggesellschaft sei keine Überraschung. "Wir Forscher haben gezeigt, dass die Klimaschutzambitionen der Airlines nicht wirklich seriös sind. In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten hatten sie eigentlich immer nur das Ziel, dass die Politik das Volumenwachstum des Sektors nicht ausbremst." Gössling hob hervor, dass bei einer weiterhin steigenden Nachfrage nach Flugreisen keine Klimaschutzziele erreicht werden können.
Was bringen sparsamere Flugzeuge?
Als einen der Gründe für das Verfehlen der gesetzten Klimaziele nennt Air New Zealand die mangelnde Verfügbarkeit von sparsamen Flugzeugen. Diese Argumentation ist aus der Sicht von Mobilitätsforscher Gössling nicht stichhaltig. Er verweist auf das Jahr 2007 und führt aus: "Schon damals hatte die Fluggesellschaft Scandinavian Airlines angekündigt, die sparsameren Flugzeuge nicht wie ursprünglich geplant 2013, sondern erst 2018 einzuführen. Begründet wurde dies damit, dass die Flugzeuge dann 'noch sparsamer' sein würden." Im Jahr 2018 seien die Emissionen weiter angestiegen, ohne dass entsprechende Maßnahmen ergriffen wurden. Es handle sich hierbei um eine 'rhetorische Strategie', bei der zukünftige Entwicklungen in Aussicht gestellt werden, die dann jedoch nicht eintreten. Das Ziel sei, eine Regulierung der Luftfahrt durch die Politik zu verhindern."
Was bringen die Maßnahmen der Politik?
Gössling übt Kritik an den von der Politik beschlossenen Klimaschutzmaßnahmen im Luftfahrtsektor. Das von der Europäischen Union geschaffene Handelssystem mit Emissionsquoten erweist sich als ineffektiv. Einerseits seien die Anteile, die der Flugverkehr erwerben muss, nur sehr gering. Dadurch werde nur ein minimaler Teil der durch Flüge entstandenen CO2-Emissionen abgedeckt. "Problem Nummer zwei ist, dass es für die Flugbranche billiger ist, Quoten von anderen Sektoren zu kaufen. Das führt dazu, dass innerhalb des Flugbetriebs keine Umstrukturierung stattfindet." Wenn Fluggesellschaften keine teureren, neuwertigen Treibstoffe einkauften, gebe es keine neuen Märkte, um neue, emissionsärmere Treibstoffe zu entwickeln.
Andererseits habe die Politik durch ihr sogenanntes "Refuel-Programm" Quoten zur Einführung erneuerbarer, synthetischer Flugzeugtreibstoffe festgelegt. Gössling zufolge sind die Vorgaben für das Jahr 2030 viel zu gering, um den angestrebten Klimazielen überhaupt gerecht zu werden. "Andererseits ist das Erreichen der Quote auch gar nicht erfüllbar, weil wir jetzt schon wissen, dass nicht genug dieser neuen Treibstoffe zur Verfügung stehen werden."
Wie kann Fliegen klimaneutral werden?
Nach Einschätzung von Gössling, einem Experten für nachhaltigen Tourismus, sind die bisherigen Maßnahmen zur Förderung der Klimafreundlichkeit beim Fliegen nur von begrenztem Erfolg gekrönt. "Es gibt Effizienzgewinne von rund 1,5 Prozent pro Jahr." Andererseits gebe es nach wie vor eine sehr hohe Nachfrage beim Fliegen. Zuwachsraten von 4 bis 4,5 Prozent machten das System beim Klimaschutz ineffizient. Der Wissenschaftler sieht einen Ausweg in einer höheren Besteuerung der Luftfahrt. "Viele Flüge werden getätigt, weil es einfach billig ist." Gössling schlägt eine deutlich höhere CO2-Bepreisung von mindestens 200 Euro pro Tonne vor. Hohe Steuern würden die Nachfrage beim Fliegen deutlich schrumpfen lassen, was folglich zu einer geringeren Belastung des Klimas führen würde.
Diese Nachricht wurde am 03.08.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.