Eine Boutique, wie es sie in Barcelonas Altstadt zu Dutzenden gibt: unverputztes Mauerwerk, gebeizte Holzmöbel, Kleiderstangen an denen bunt bedruckte Shirts aus fair gehandelter Bio-Baumwolle hängen. Was die Ware besonders macht, ist das Logo, das auf ihnen prangt. "Top Manta" steht da. Neben dem Schriftzug: ein trapezförmiges Emblem - halb Decke, halb stilisiertes Kanu. Verkäufer Laminé Bathily nimmt eines der Shirts vom Bügel. Er ist einer der 15 Markenerfinder - und hat das Logo mitkreiiert:
"Dieses Logo steht für unser ganzes Leben. Man kann es sowohl als Boot als auch als Decke interpretieren. Mit dem Boot, mit der Patera, sind die meisten von uns nach Spanien gekommen. Und die Decke hat mich mein ganzes Leben lang begleitet. Sie ist mein treuster Freund und Begleiter: Sie ernährt mich, sichert mein Überleben und das meiner Familie zu Hause."
Statement-Mode für ethisch bewusste Konsumenten
Die Rückseite des Shirts zeigt, wer hinter dem Projekt steht: Barcelonas "Gewerkschaft der ambulanten Straßenverkäufer". Die Initiative versteht sich als eine Art Interessensvertretung der fliegenden Händler und will Vorurteile entkräften. In dem sie die Geschichten der Menschen erzählt, die hinter der Decke kauern.
Bathily breitet auf dem Tresen die restliche Kollektion aus. Auf einem Shirt ist eine stilisierte Decke zu sehen, mit vier Schnüren an jeder Ecke, so dass man sie schnell zum Bündel raffen und damit weglaufen kann. Eines zeigt ein Dorf mit bunten Häusern, ein anderes ein Gesicht mit einer Träne. Naive Siebdrucke, die die Jungunternehmer in einem neunmonatigen Design-Workshop entwickelt haben, unter Federführung des spanischen Magazins "Playground".
Dort haben sich die Manteros auch die gängigen Kniffs und Tricks des Marketings angeeignet - und Spots mit flotten Slogans kreiiert. Statement-Mode für ethisch bewusste Konsumenten:
"Ropa legal hecha por gente illegal." / "Legale Kleidung, gemacht von Illegalen."
"Si eres Top Manta: eres Top." / "Wenn du Top Manta bist, bist du Top."
"Si eres Top Manta: eres Top." / "Wenn du Top Manta bist, bist du Top."
Für die Manteros selbst ist die über ein Crowdfunding finanzierte, erste eigene Kollektion viel mehr als das. Die Kooperative soll ihnen langfristig den Lebensunterhalt sichern - und anderen Straßenverkäufern Mut machen. Laminé Bathily:
"Wir wollen die Leute weg von der Straße holen. Deswegen werden wir ihnen auch nicht einfach Top-Manta-T-shirts und Top-Manta-Schuhe in die Hand drücken, damit sie die auf der Straße verkaufen. Nein: Wir wollen echte Arbeitsplätze schaffen. Wir drucken alle T-Shirts selbst und haben bereits viele Anfragen von Vereinen, die wollen, dass wir ihre T-Shirts machen."
Das Logo schützen lassen
Trotz der vollen Auftragsbücher: Ganz trägt sich das Geschäft noch nicht. An den Wochenenden breitet Laminé wie gehabt an der Strandpromenade oder an U-Bahn-Eingängen seine Decke mit Gucci- und Barça-Fakes aus. Für den Sommer gibt’s gute Aussichten: Mehrere Festivals haben die Top-Manta-Macher gebucht. Für den Verkauf hat Bathly mehrere Kollegen angeworben. Viel Überzeugungsarbeit war nicht notwendig: "Natürlich lohnt sich das. Auf einem Festival verfolgt dich niemand. Ich bin legal. Und werde bezahlt. Aber wenn ich auf der Straße die Decke ausbreite, kommt sofort die Polizei. Niemand wird doch gern jeden Tag verfolgt."
Gute Gründe für den Seitenwechsel: von der Straße hinter den Tresen, vom Fake-Verkäufer zum markenbewussten Business-Man. Die Top-Manta-Macher haben mit Prada, Gucci und Co. gleichgezogen - und ihr Logo schützen lassen. Und was, wenn es trotzdem jemand fälscht oder nachmacht? Laminé Bathily lacht: "Wenn eine andere Firma uns kopiert, wird uns das stolz machen".
Top Manta - das ist die Marke, der Fakes nichts anhaben können. Im Gegenteil: Je mehr Imitate, desto größer der Ruhm.