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Modellprojekt für Toleranz
Grundschüler gegen Rassismus

Ab welchem Alter kann man auf Diskriminierung aufmerksam machen? Schon ab dem Grundschulalter, meinen Forscher des Münchner Centrums für Angewandte Politikforschung. Sie haben ein Projekt gestartet, in dem sich Viertklässler spielerisch mit Toleranz und Rassismus auseinandersetzen.

Von Tobias Krone |
Viele Grundschülerinnen und Grundschule tanzen auf einem Schulhof.
Bereits Grundschülerinnen und Grundschüler können für die Themen Rassismus und Toleranz spielerisch sensibilisiert werden (dpa / picture-alliance / Arne Dedert)
Toleranz, ein kompliziertes Wort für Grundschulkinder, aber als Rap gar nicht so schwer.
"Leute, macht den Mund nur zu, weil jetzt kommt unser richtig cooler Toleranzrap. Hey Kids, Mann, was’n Toleranz? Sowas wie Akzeptanz. Aha, klingt interessant. Klingt nicht nur so, ist wichtig, Mann. Wichtig, Mann? Sagt mir warum: Manchmal labern die Leute doof herum, manchmal sagen sie ne Beleidigung…", rappen die Viertklässler.
Die vierte Klasse der Ernst-Reuter-Grundschule in München präsentiert da zusammen mit dem Pädagogen und Rapper Alexander Wassilenko aus Magdeburg ihre Workshop-Lernerfahrung aus vier Tagen. Diskriminierung von Menschen, die anders aussehen oder anders leben. Das erleben auch Grundschüler.
Input von außen
Um die Sensiblität unter ihnen zu fördern, stellte das Centrum für Angewandte Politikforschung zusammen mit multikulturellen Trägern an Schulen mit starkem Migrationsanteil ein Modellprojekt auf die Beine. Denn in Bayern sieht der Lehrplan multikulturelle Bildung zwar vor, doch das Lehrpersonal allein könne solche Workshops nicht stemmen. Sagt Forscherin Barbara Tham:
"Vorteilhaft ist es natürlich auch immer, wenn in die Schule auch mal ein Input von außen kommt. Das heißt so ein multikulturelles Team, was eben sonst nicht Alltag ist in der Schule, in der Klasse. Auch mal einen anderen Ansatz reinbringt, andere Gedanken und auch mal den Fokus auf andere richtet."
Zum Beispiel auf Sozialpädagogin Nermina Idriz vom liberalen Münchner Forum Islam. Die Schüler interessierten sich gleich für ihren Namen – und für ihr Kopftuch – Nermina Idriz erklärte es ihnen:
"Das Kopftuch gehört zu meinem Äußeren, gehört zu meinem Dasein und das war für die Kinder dann auch sofort in Ordnung."
Nach der Vorstellung ging der Workshop spielerisch zur Frage von Diversität über – was sind meine persönlichen Stärken. Mit Knete modellierten die Viertklässler sich in ihrer eigenen individuellen Stärke. Am Folgetag dann thematisierte der Workshop Konflikte, die aus Unterschieden entstehen können. Die Forscher bedienten sich einer Spielübung aus dem Betzavta-Konflikttraining – einem simplen Würfelspiel, bei dem man durch Würfeln ans Ziel kommen muss.
"Aber die einen fangen bei Null an und die anderen zum Beispiel bei der Vier. Und dann geht es darum, dass verschiedene Teams natürlich würfeln. Es ist ein Glücksspiel. Und natürlich der, der ziemlich vorne war, der hat beste Ausgangsbedingungen, der gewinnt dann wahrscheinlich auch sehr schnell die große Schokolade", sagt Idriz: "Und da geht es wirklich auch darum, dass man es spürt, was es bedeutet, wenn man benachteiligt ist."
"So ein Projekt kostet auch etwas"
Und auch, dass es am Ende gar nicht so einfach ist, sich auf gemeinsame Spielregeln zu einigen, um Fairness zu garantieren. Tag 3 und 4 des Workshops beschäftigten sich dann mit Menschenrechten und einem gemeinsamen Vertrag über Toleranz – in Form des Rapsongs. Das Fazit von Forscherin Eva Feldmann:
"Der überwiegende Großteil der Kinder – über 90 Prozent – weiß später mehr über Toleranz. Das ist sehr wichtig. Und auf der anderen Seite: Die Kinder haben etwas Neues über ihre anderen KlassenkameradInnen erfahren und das ist nicht selbstverständlich. Man ist ja schon länger zusammen in der vierten Klasse. Das heißt, dass Projekt konnte die Augen öffnen für die Vielfältigkeit in der Klasse für die Stärkung für die anderen und hatte einen wertschätzenden Ansatz und das hat sich durchaus in den Ergebnissen gezeigt."
Nun müssten Bildungspolitiker in den Ländern das Projekt aufgreifen – und in ihren Schulen verankern, was nicht ganz leicht sein dürfte.
"So ein Projekt – sagen wir mal – kostet auch etwas, das gibt es nicht umsonst", so Feldmann.
Und doch hat sich die Investition in der Münchner Ernst-Reuter-Schule hörbar gelohnt. Das Fremdwort ist hier nun vertraut.
"T-O-L-E-R-A-N-Z" so der Schülerrap.