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Modellprojekt "Solidarisches Grundeinkommen"
Berlin erprobt eine Alternative zu Hartz IV

Bezahlte gemeinnützige Arbeit statt Hartz IV: Das möchte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller Menschen anbieten, die seit Kurzem arbeitslos sind. FDP und Linke kritisieren das Modellprojekt - aus ganz unterschiedlichen Gründen.

Von Sebastian Engelbrecht |
Das Foto zeigt Michael Müller (SPD), Regierender Bürgermeister von Berlin.
Mit dem Solidarischen Grundeinkommen will Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller sich sozialpolitisch profilieren (picture-alliance / dpa / Bernd von Jutrczenka)
250 Berliner Arbeitslose fangen heute neu an: Sie gehen wieder arbeiten – sie kontrollieren, ob in den Gebäuden der staatlichen Wohnungsbaugesellschaften alles sauber und in Ordnung ist, sie helfen in Pflege- und Altenheimen und Kindergärten. Der Berliner Regierende Bürgermeister Michael Müller nennt weitere Berufsbilder im Rahmen seines Projekts "Solidarisches Grundeinkommen".
"Wenn man an die BVG denkt, werden wir Unterstützung bekommen durch Mobilitätshelfer in Bussen und Bahnen, wir werden bei den Wohnungsbaugesellschaften dann Concierge-Dienste verstärkt anbieten können oder Umzugshilfe bis hin zum Schulbetrieb, wo man daran denken kann, dass dann der Unterricht entsprechend vorbereitet wird und dass Fachräume entsprechend organisiert werden. Also es soll in allen Bereichen eine echte Unterstützung für das Fachpersonal, das natürlich an Bord bleibt, sein."
Keine Konkurrenz zu regulären Jobs
Müller will vor allem Menschen beschäftigen, die erst vor kurzer Zeit arbeitslos wurden. Bevor sie Hartz IV beziehen, sollen sie dauerhaft und sozialversicherungspflichtig beschäftigt und nach Tarif bezahlt werden. Die Arbeiten bei öffentlichen Einrichtungen, die sie übernehmen, sollen nicht mit regulären Jobs konkurrieren.
"Der Staat ist solidarisch mit denen, die Arbeit suchen, und bietet eine wirklich gute Jobperspektive und nicht nur eine kurzfristige Maßnahme – und umgekehrt sind die, die arbeiten können und arbeiten wollen, auch solidarisch und bringen sich mit ihrer Arbeitskraft ein, damit Dinge in unserer Stadt besser laufen."
FDP kritisiert "Ersatzbeschäftigung"
Der Modellversuch läuft fünf Jahre lang. Bis zu tausend Arbeitslose sollen in diesem Zeitraum ein "solidarisches Grundeinkommen" erhalten. Das Land Berlin stellt für das Projekt 36 Millionen Euro im Jahr bereit.
Die Berliner FDP kritisiert das Beschäftigungsprojekt als viel zu teuer und "nicht zielführend". Die Partei schlägt vor, die Arbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren, anstatt ihnen "Ersatzbeschäftigungen" zu geben. Auch die Arbeitgeber sind skeptisch, denn die Arbeitslosigkeit hat sich in Berlin in den vergangenen sieben Jahren halbiert. Die Quote liegt bei 7,8 Prozent. 153.000 Berliner sind noch arbeitslos gemeldet.
Linke wirft Etikettenschwindel vor
Müllers Projekt muss unterschieden werden vom "bedingungslosen Grundeinkommen" – einer Idee, für die die Linke steht. Der Linken-Vorsitzenden Katja Kipping schwebt ein ganz anderes "Grundeinkommen" als Müller vor.
"Wir reden dann von einem Grundeinkommen, wenn es eine Summe ist, die jeder Erwachsene bekommt, die erstens sicher vor Armut schützt und Teilhabe gewährleistet – also wir reden nicht über Luxus, aber über ein Mindestmaß an Teilhabe – zweitens ein individuelles Recht. Das heißt, es wird nicht gefragt: Bist Du verliebt, verlobt, verheiratet, geschieden, mit wie vielen lebst Du zusammen in der WG? - wie es heute bei Hartz IV der Fall ist. Drittens: Es ist ohne Pflicht zur Gegenleistung und viertens ohne Bedürftigkeitsprüfung."
Kipping hält den Begriff "Solidarisches Grundeinkommen" für den Modellversuch in Berlin für irreführend.
"Gemessen an all den vier Kriterien ist natürlich das Solidarische Grundeinkommen in Bezug auf den Begriff ‚Grundeinkommen’ ein Etikettenschwindel."
Trotz dieses Vorwurfs hält Berlins Bürgermeister Müller an seinem Begriff fest. Das "Solidarische Grundeinkommen" soll eine Marke sein, mit der er sich sozialpolitisch über Berlin hinaus profiliert.