"Meine untypischste Kundschaft war eine Kundin, die sich zuerst sehr unsicher war, was für eine Form von Gedicht sie haben will, aber es war klar, sie will eine lyrische Form, hat mich dann mit ein paar Stichworten versehen, und da war's auch an mir, eine Atmosphäre zu schaffen, in der diese kreative Leistung auch angenommen werden kann. Das hat aber dann sehr gut funktioniert, und die war am Ende sehr glücklich mit dem Text, den sie bekommen hat."
Thomas Ballhausen konnte im Rahmen von "Creative Class Escorts - Das erste Laufhaus für Kreative" gebucht werden. Der Autor publiziert als Kulturtheoretiker, und als Literat hat er bereits am Bachmann Preis teilgenommen.
"Man muss hier auch sagen, so dumm sich das anhört, Thomas Ballhausen war tatsächlich das beste Pferd im Stall."
Günther Friesinger spricht für die 'Lord Jim Loge powered by monochrom'.Das österreichische Kollektiv 'monochrom' arbeitet seit 1993 an der Schnittstelle von Kunst, Technologie und Diskurs, 2005 übernahm die Gruppe alle Rechte und Pflichten der 'Lord Jim Loge' von deren Gründungsmitglied Jörg Schlick. 'Zur Lord Jim Loge' gehörten weiters Martin Kippenberger, Wolfgang Bauer und andere.
"Die haben sich zusammengetan, als es wenig gute Galerien gab, um eine Art Künstler-Geheimbund zu sein. Und die Idee war, ein gemeinsames Logo, nämlich Sonne Busen Hammer, bekannter machen als Coca Cola."
Nach der Übernahme wurde der Name in "Lord Jim Loge powered by monochrom" erweitert, denn die Initiative war nun streng neoliberal ausgerichtet. Menschen und Kunst sollten im großen Stil aufgekauft werden. Und Kunst gehöre eben vermarktet, erklärt Günther Friesinger, das Laufhaus Projekt.
"So hat ja auch jeder der Beteiligten unterschiedliche Bereiche angeboten: Krach der Roboter bot sogar Performance Workshops an, Frank Apunkt Schneider, der auch bei monochrom ist, Konzept Kunst, Roswitha Weingrill den Bildernerischen Bereich, und Paula Pongratz Schmuck und Design. Alle, die dort waren, waren durchaus imstande, die Grenzen der angebotenen Möglichkeiten zu überschreiten und auch selber weiter zu entwickeln."
Während die Grenzen zwischen Kunstdisziplinen und Creative Industries verschwimmen, stellt das Laufhaus die notwendige Marktsituation her. Hier konnten Interessierte die Kreativen aufsuchen, aber man konnte sich auch eine Künstlerin, einen Künstler nach Hause bringen lassen, oder für Auftritte buchen. Extra Service schlug freilich extra zu Buche, zusätzlich zum Grundpreis von 25 Euro für 30 Minuten. Kann sich die künstlerische Inspiration überhaupt so schnell einstellen?
Die Muse küsse nicht auf Befehl, meint Thomas Ballhausen, aber der Schöpfergeist ließe sich durchaus lenken.
"Manchmal ist eine Deadline für die Schreibenden sehr hilfreich, und das war in einer halben Stunde zu machen. Ein Schaffen der Rahmenbedingungen ist oft eine große Erleichterung in einem kreativen Prozess. Zwei, drei einfache, aber effektive Regeln zu platzieren, kann oft helfen, ein Werk in Form zu bringen."
Dass durch Inszenierungen wie das Laufhaus der Kreativen das künstlerische Genie etwas entzaubert wird, ist durchaus beabsichtigt. Durch die Betonung des Arbeitscharakters von Kunst erscheint auch die Notwendigkeit der Finanzierung klarer.
"Was da natürlich mitschwingt, war die Frage nach einem Künstlerhonorar – was in aktuellen Zeiten immer öfter vergessen wird. Oft wird es dann als Ehre tituliert, wenn man im Burgtheater mitarbeitet, oder in der Kunsthalle ausstellt. Das war wohl eine Initialerfahung, die alle, die da mitgemacht haben, erlebt haben, dieses: So, jetzt hab ich das getan, bitte gib mir 25 Euro für die halbe Stunde, oder 50 für die ganze, die ich da gearbeitet habe vor Dir."