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Moderner Fünfkampf
Umstrittene Reform, umstrittene Führung

Im Modernen Fünfkampf rumort es vernehmbar: Die Reitsportdisziplin soll durch einen Hindernislauf ersetzt werden und Klaus Schormann, der Präsident des Weltverbandes sieht sich massiver Kritik ausgesetzt. Bei einem Kongress hielt er sich an der Macht.

Jörg Winterfeldt im Gespräch mit Jessica Sturmberg | 13.11.2022
Klaus Schormann spricht
Der umstrittene Präsident des Weltverbandes Moderner Fünfkampf, Klaus Schormann (picture alliance / dpa / Rainer Jensen)
Wollte der Präsident des Internationalen Verbandes für Modernen Fünfkampf (UIPM) schon lange das Reiten ersetzen? Klaus Schormann hatte möglicherweise schon vor einigen Jahren diese Bestrebungen, sagt Sportjournalist Jörg Winterfeldt, der zu den Vorgängen im Verband recherchiert:
"Es ist durchaus nicht die Möglichkeit von der Hand zu weisen, dass es schon langfristig Bestrebungen gegeben hat, den Reitsport auszutauschen. Das lässt sich schwer beweisen, aber die Kritiker, die Schormann hat, führen durchaus die Möglichkeit ins Feld. So dass nicht auszuschließen ist, dass Schormann bei der Aufnahme von Verbänden auch schon die Möglichkeit zugesagt hat, dass der Reitsport womöglich irgendwann ausgetauscht wird."
Der Deutsche Klaus Schormann ist bereits seit 1993 Verbandspräsident. Schon seit etwa 1998 steht er unter Druck, den Sport zu reformieren um den finanziell überlebenswichtigen Platz bei Olympischen Spielen zu halten. Das IOC sieht den einst von Pierre de Coubertin entwickelten modernen Fünfkampf nicht mehr als zeitgemäß. Der Sportart fehle die Universalität, sie gelte als zu aufwändig, kompliziert und in zu wenigen Ländern überhaupt durchführbar. In seiner Zeit im Amt hat Schormann zahlreiche nationale Verbände in die Organisation geholt, in denen es teilweise keine Tradition oder keine Einrichtungen für den Reitsport gibt.

Kein Reiten mehr oder Olympia-Rauswurf

Schorman habe für den gerade abgehaltenen Kongress einen ehemaligen Marketing-Mann des IOC mitgebracht, der mittlerweile für ihn arbeitet. Der habe, so erzählt Jörg Winterfeldt, den Teilnehmern die Existenzfrage vorgelegt: „Entweder sie stimmen dafür, das Reiten rauszuwerfen – dann haben sie eine Überlebenschance bei Olympia. Oder sie bestimmen, das Reiten drinzubehalten, dann verlieren sie den Platz bei den Olympischen Spielen. Und für den Modernen Fünfkampf bedeutet das, der verliert fast seine kompletten Einnahmen."
Der Sport habe wenige Sponsoreneinnahmen, die kaum der Rede wert seien. Etwa 12,5 Millionen Dollar bekommt der Verband aber pro Teilnahme der Sportart an den Olympischen Spiele, davon lebe er die nächsten vier Jahre, erklärt Winterfeldt. Ohne dieses Geld sei der Verband nicht überlebensfähig.

Fechten könnte als Nächstes verschwinden

Seine Vermutung: Der Reitsport im Fünfkampf sei bewusst nicht reformiert, ein Vorfall wie der um die deutsche Athletin Annika Schleu in Tokio in Kauf genommen worden. Ohne Reitsport sei es aber eine völlig neue Disziplin. Und damit sei es möglicherweise noch nicht zu Ende. Fechten könnte als nächstes abgeschafft werden, weil der Sport in vielen Ländern schwer auszubilden und auszuführen sei.
Der Kongress fand nun online statt. Laut Verband sei das trotz weniger akuter Coronalage umweltfreundlicher und demokratischer. Das sei eher eine Schutzbehauptung, vermutet Winterfeldt. So sei es für die Führung einfacher gewesen, Regie zu führen. Schormann überstand einen Misstrauensantrag. Wohl auch, weil er sich der Loyalität der vielen von ihm dazugeholten Verbände sicher sein könne. Zusätzlich habe er mehrere umstrittene Allianzen geknüpft – wie etwa zum russischen Oligarchen Viacheslav Aminov, der Regime-nah sei und für den eigens ein Vorstandsposten geschaffen wurde.

Schormann ist "bereit zu tricksen"

Unter anderem durch die vielen Allianzen, die vielen von ihm dazu geholten Mitgliedsverbände hält sich UIPM-Präsident Klaus Schormann inzwischen seit fast dreißig Jahren im Amt, er könne so die Zahl der Kritiker immer übertrumpfen und was man über die Jahre gesehen habe: "Er war dazu bereit zu tricksen, auch ein bisschen zu täuschen, die rechtlichen Möglichkeiten auszudehnen. Es hat auch bei diesem Kongress viele Beobachtungen gegeben, wo zum Beispiel mögliche Anträge nicht zugelassen wurden. Die sind einfach nicht zur Abstimmung gegeben worden. Gleichzeitig sind Anträge, die der Vorstand ausgearbeitet hat, abgestimmt worden, wo man den Eindruck hatte, dass gegen die Satzung verstoßen worden sein könnte. Zum Beispiel, dass Stimmenverhältnisse falsch berechnet worden sind. Die werden dann einfach durchgewunken."