Es war unerfreuliche kostspielige Post, die ein Mieter in einer 20er Jahre Siedlung in der Berliner Gontermannstraße vor ein paar Monaten von seinem Vermieter bekam: Der wollte mehr Miete von ihm auf Basis der gesetzlich erlaubten Modernisierungsumlage. Für die neuen Fenster, die neue Fassadendämmung, die neue Klingelanlage und diverse weitere Veränderungen. In Summe bedeutete das für den betroffenen Bewohner eine monatliche Mieterhöhung von rund 112 Euro.
Der Mieter beschloss, sich dagegen juristisch zu wehren und zwar auf ganz grundsätzliche Art: er stellt die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Modernisierungsumlage in Frage. Selbst äußern will der Mann sich nicht, so sein Rechtsanwalt Daniel Halmer, der Geschäftsführer von wenigermiete.de.
Das hochgesteckte Ziel umreißt Halmer so: "Das Bundesverfassungsgericht erklärt die Modernisierungsumlage in der geltenden Fassung für nichtig, und gibt dem Gesetzgeber auf, eine neue verfassungsgemäße Umlage zu machen, die könnte zum Beispiel so aussehen, dass entweder die Umlage zeitlich befristet ist, also nach zehn Jahren ausläuft, oder aber, dass es eine Kosten-Teilung gibt, dass also der Vermieter nur die Hälfte der Modernisierungskosten auf den Mieter umlegen darf, und dann hat er nämlich auch ein eigenes Interesse daran, diese Kosten nicht unnötig in die Höhe schießen zu lassen."
Unterstützt wird die Klage vom Berliner Mieterverein, in dem der Kläger Mitglied ist und damit auch eine einschlägige Rechtsschutzversicherung genießt. Geschäftsführer des Mietervereins ist Reiner Wild, der die Modernisierungsumlage ebenfalls für nicht kompatibel mit dem Grundgesetz hält.
"Weil hier sehr einseitig eine Kostenverlagerung auf den Mieter stattfindet, die Mieterhöhungen können ja auf Dauer in dem Mietverhältnis verbleiben, d.h. wenn der Kredit zurück gezahlt ist oder auch die normale Amortisationszeit überschritten ist, verbleibt das weiter in der Miete und das sehen wir als eine einseitige Kostenbelastung, die sich nicht rechtfertigen lässt und deswegen versuchen wir mal eine grundsätzliche Klärung herbei zu führen."
Nur noch acht Prozent der Kosten können umgelegt werden
Die Mieten bleiben also durch die Modernisierungsumlage erhöht, auch wenn die ursächlichen Modernisierungskosten längst abgegolten sind, also nach zehn oder 13 Jahren. Denn seit diesem Jahr dürfen nur noch acht Prozent der Kosten jährlich auf die Mieter umgelegt werden. Vorher waren es elf Prozent.
Eine weitere Ungerechtigkeit aus Sicht der Kritiker: Die Mieter können die Kosten für die Modernisierung kaum eindämmen. Es gibt zwar Härtefallregelungen und neuerdings auch eine Kappungsgrenze pro Quadratmeter doch damit kann man sich nur eingeschränkt gegen höhere Mieten durch Modernisierungsumlagen wehren. Reiner Wild:
"Wir versuchen natürlich die Belastung für die Mieter so niedrig zu bekommen, wie es geht. Aber: man muss auch klar sagen, was eine Modernisierung ist, und was umgelegt werden darf, ist eine sehr große Spanne und in der Regel kann man bei den Maßnahmen, um die es geht, weil der Mieter keinen Anspruch hat, auf bestimmte Qualitäten oder Durchführungen Einfluss zu nehmen, kaum etwas ausrichten. Letztendlich bleibt vor allem der Bezug auf die finanzielle Härte, die eine solche Maßnahme darstellt, und dann verhandeln wir mit den Vermietern um ein möglichst gutes Ergebnis für den Mieter zu erzielen."
Bislang landen nur sehr wenige solcher Fälle vor Gericht bilanziert Reiner Wild die Erfahrungen des Berliner Mietervereins.
Aktuelle Klage ist juristisches Neuland
Obwohl es die Modernisierungsumlage schon seit den 70er Jahren gibt, betritt Rechtsanwalt Halmer mit seiner Klage juristisches Neuland. Seine anvisierte Argumentation vor Gericht:
"Der rechtliche Anknüpfungspunkt ist die sogenannte Vertragsfreiheit. Das Recht einseitig die Miete zu erhöhen, durch die Modernisierungsumlage, ist ja eine Ausnahme von der Vertragsfreiheit. Und diese Ausnahme muss eben verfassungsrechtlich begründbar sein, und den Sachgrund für eine Über-Amortisation, also ein Recht auf Rendite sozusagen, das sehen wir nicht."
Mit der Mieterhöhung durch die Modernisierung bekämen Mieter zwar ein Sonderkündigungsrecht, so Halmer. In der Vergangenheit konnten diese also einfach umziehen, um den hohen Kosten aus dem Weg zu gehen. Das gehe nun durch die angespannte Situation auf vielen Wohnungsmärkten nicht mehr. Deshalb sei es jetzt umso wichtiger, die Umlage verfassungsrechtlich zu prüfen, erklärt der Jurist. Allerdings wird das ein steiniger Weg. Die einfachste Variante lautet: die Berliner Amtsrichterin teilt morgen die Bewertung des Klägers und legt das Problem direkt dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vor.
"Falls das nicht gelingt, und das Amtsgericht die Klage abweist, gehen wir in Berufung. Und werden dann vor dem Berliner Landgericht die Sache verhandeln, sollte auch das verloren gehen, bliebe immer noch der Weg der Verfassungsbeschwerde, das wäre dann die ultima ratio."