Wie gefährlich ist Syrien für Flüchtlinge, die zurückkehren? Die Innenministerkonferenz (ab 28.11. in Magdeburg) befasst sich mit der Option, u. a. Straftäter und Gefährder nach Syrien abzuschieben. Dazu liegt ein Lagebericht des Auswärtigen Amts für Syrien vor. Der Abschiebestopp dorthin läuft Ende des Jahres aus.
In dem kleinen Ort Jdeidet Yabous an der syrisch-libanesischen Grenze befindet sich ein Durchgangslager für Flüchtlinge, die nach Syrien zurückkehren. Hier wird auch Russisch gesprochen.
"Das Lager wurde vom russischen Militär eingerichtet, in Zusammenarbeit mit syrischen Behörden", sagt Leiter Ruslan Nigmatullin.
Angst vor der Rückkehr
Von einer Rückkehrwelle kann allerdings noch nicht die Rede sein.
1,5 Millionen Syrer seien in ihre Heimatorte zurückgekehrt, erklärte jüngst in Moskau Generaloberst Mikhail Mizintsev vom russischen Verteidigungsministerium. Die meisten von ihnen wären im Land auf der Flucht gewesen. Nur knapp 270.000 seien bislang aus dem Ausland zurückgekommen.
Es befinden sich also noch mindestens fünf Millionen Syrer im Ausland, zumeist in Nachbarländern, wie zum Beispiel im Libanon.
"Wenn ich jetzt zurückgehe, dann holt mich sofort die Armee", sagt in Beirut der 18-jährige Muhammed, der vor sieben Jahren mit seiner Familie aus Aleppo floh.
"Gehen Sie nach Syrien und schauen Sie selbst", ergänzt der Syrer Abu Hassan. "Es gibt keine jungen Männer mehr. In den Häusern finden Sie nur Frauen, Kinder und alte Männer. Die jungen sind entweder im Ausland oder bei der Armee."
Vor allem Männer im kampffähigen Alter haben Angst vor der Rückkehr, wegen des drohenden Militärdienstes. Aber auch andere zögern. In den syrischen Staatsmedien erleben sie, wie gegen Flüchtlinge gehetzt wird, zum Beispiel von Ahmed Badr Eddin Hassoun, dem Großmufti des Landes: Jene, die Flüchtlinge genannt werden, seien oft Syrer, die als vom Westen bezahlte Söldner im Kampf gegen die Regierung gemordet hätten. Jetzt lebten sie in Europa, weil sie ihre Ziele in Syrien nicht erreicht hätten.
Assad: Syrische Gesellschaft ist "gesünder" geworden
Hussain Makhlouf, Minister für Lokalverwaltungen, erklärte gar, alle Flüchtlinge, die beim Verlassen des Landes keine staatliche Passkontrolle passiert hatten, würden bei ihrer Rückkehr vor Gericht gestellt.
Syrische Kriegsflüchtlinge gelten mindestens als Vaterlandsverräter oder Feiglinge – wenn nicht gleich als Regimegegner. Es reicht, verwechselt zu werden. Oder mit jemandem verwandt oder bekannt zu sein, der sich irgendwann mal gegen das Assad-Regime engagiert hatte. Wer sich wieder in die Hände der Regierung begibt, muss befürchten, verhaftet, gefoltert oder getötet zu werden. Es gibt eine Fülle glaubwürdiger Berichte von Organisationen, die solche Fälle dokumentieren.
Womöglich will das Regime gar nicht, dass die Leute zurückkehren. Präsident Bashar al-Assad sieht in der Massenflucht und im Tod so vieler Menschen offenbar auch etwas Gutes. 2017 sagte er: "Wir haben die Besten unserer Jugend verloren, das stimmt. Aber wir haben eine gesündere, homogenere Gesellschaft gewonnen."
Also ohne Oppositionelle und Kritiker, ohne so genannte "Feiglinge" oder "Verräter". Eine Gesellschaft ganz nach Assads Geschmack.