Hier der Autozuliefer-Konzern ZF mit Unternehmenssitz in Friedrichshafen am Bodensee: 36,4 Milliarden Euro Umsatz, über 146.000 Mitarbeiter. Dort der amerikanisch-belgische Bremsenhersteller Wabco mit Unternehmenssitz im US-Bundesstaat Michigan: Umgerechnet knapp 2,5 Milliarden Umsatz, rund 13.000 Mitarbeiter.
Durch eine mögliche Übernahme von Wabco könnte ZF zu den beiden weltweit größten Autozulieferern auf Augenhöhe aufschließen, nämlich zu Bosch und Continental: "Es ist ja so, dass in der Zukunft die Größe eine ganz wichtige Rolle spielt", sagt Professor Ferdinand Dudenhöffer, Automotive-Fachmann an der Universität Duisburg-Essen.
Die Bremse als Teil des E-Autos ist ein Zukunftsmodell
Und die wahre Größe erwachse einem Automobilzulieferer erst durch die Kompetenz bei Bremsen. Ohne Brems-Kompetenz werde die automobile Zukunft ausgebremst: "Bremsen in der Zukunft - die werden auch so funktionieren, dass man Energie wieder zurückspeichert in Form von Elektroenergie, damit Batterien wieder füllt, damit Elektroautos joch charmanter macht durch diese Rekuperation. Es passt perfekt zu ZF."
Und das eigentlich nicht erst seit heute - alles schon mal dagewesen. Bereits vor knapp zwei Jahren stand ZF kurz vor der Übernahme von Wabco. Allerdings legte der ZF-Aufsichtsrat in letzter Minute beim geplanten Kauf des Bremsenherstellers eine Notbremsung hin - und stoppte den Deal. Denn: Kurz zuvor hatte ZF den US-amerikanischen TRW-Konzern für knapp 10 Milliarden Euro übernommen. Ein weiterer milliardenschwerer Zukauf erschien seinerzeit vor allem Andreas Brand, Oberbürgermeister am ZF-Konzernstandort Friedrichshafen, zu riskant. Brand vertritt im ZF-Aufsichtsrat die Interessen der von der Stadt verwalteten Zeppelin-Stiftung, die 93,8 Prozent der ZF-Aktien hält.
Dass der Aufsichtsrat damals den Vorstandschef beim Zukauf des Bremsenherstellers ausgebremst hat, hält Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer für einen großen Fehler: "Der Hauptgrund, warum das damals nicht gegangen ist, war das vergiftete Verhältnis zwischen Bürgermeister und Vorstandsvorsitzendem. Der Bürgermeister hat sich da offensichtlich da stärker gemacht und Dinge gemacht, die nach meiner Einschätzung für ZF schlecht waren."
Neuer Anlauf unter neuem Chef
Als Folge des, wie es Dudenhöffer formuliert, "vergifteten Verhältnisses" verließ der damalige Vorstandschef Stefan Sommer, nicht zuletzt nach der missglückten Wabco-Übernahme, den ZF-Konzern; er arbeitet heute als Einkaufschef bei Volkswagen. Sommers Nachfolger Wolf-Henning Scheider werden bei der Vermittlung von Konzernstrategien größere diplomatische Fähigkeiten zugeschrieben, so Auto-Experte Ferdinand Dudenhöfer:
"Ich denke, das könnte auch damit zusammenhängen, dass der neue CEO Wolf-Henning Scheider ein sehr umgänglicher Mensch ist und sehr gut die Dinge präsentieren kann und überzeugen kann."
Allerdings: Eine Bestätigung dafür, dass es tatsächlich zu einer Übernahme von Wabco durch ZF kommt für, wie es heißt, rund sieben Milliarden Euro, steht noch aus. Das "Handelsblatt" beruft sich auf Finanzkreise. Allerdings bestätigte ein ZF-Sprecher am Vormittag, dass es, "ergebnisoffene" Gespräche zwischen ZF und Wabco gegeben habe. Beschlüsse seien aber nicht gefasst worden. ZF prüfe aber regelmäßig strategische Handlungsoptionen wie Partnerschaften oder eben Unternehmenszukäufe.