Ein unscheinbares, weißes Büro- und Hotelgebäude in Arnsberg im Sauerland. Hier, inmitten seines einstigen Wahlkreises, hat Friedrich Merz nun sein Büro, von hier aus koordiniert er seine Tätigkeiten, beispielsweise als Aufsichtsratschef des deutschen Ablegers des Vermögensverwalters "Blackrock" sowie des KölnBonner Flughafens, als Vorsitzender der Atlantik-Brücke oder eben - seit Anfang des Jahres - als Beauftragter für die Folgen des Brexit und die transatlantischen Beziehung der nordrhein-westfälischen Landesregierung, wie es ein wenig umständlich heißt.
Und künftig vielleicht mehr? Bei einem Besuch vor einigen Wochen versucht Merz, die ohnehin seit Jahren schwelenden Rückkehr-Phantasien angesichts der neuen Funktion einzudämmen:
"Ich denke zunächst einmal ist wichtig, zu verstehen, welche Rolle ich spiele und welche Rolle ich nicht spiele."
Doch nun scheint sich Merz, 62 Jahre alt, entschlossen zu haben, seine Rolle neu zu definieren, zurückzukehren auf die politische Bühne, die der ehemalige Abgeordnete des Europa-Parlaments sowie des Bundestages vor allem als Vorsitzender der Unions-Bundestagsfraktion von 2000 bis 2002 prägte. Es war Angela Merkel, die ihm diesen Vorsitz dann streitig machte und den als konservativ geltenden Merz, der sich als Finanzpolitiker, der einst die Steuererklärung auf dem Bierdeckel einführen wollte sowie als exzellenter Redner einen Namen gemacht hatte, von der Fraktionsspitze verdrängt. Im Jahr 2009 wechselte Merz daher in die Privatwirtschaft.
"Und das zerstört am Ende des Tages unsere Demokratie"
"Ich habe vor meinem Eintritt in die Politik einen Beruf gehabt, ich habe während meiner Amtszeit weitestgehend einen Beruf ausgeübt, soweit das eben noch ging und ich bin danach wieder voll in meinen Beruf zurückgekehrt und deswegen kann man doch trotzdem ein politisch denkender Mensch sein."
Sagt er vor vier Monaten in einem Interview mit dem Fernsehsender "Phoenix". Im Hinblick auf seine Partei, die CDU, ergänzte er, es sei einer der großen Erfolg der Union gewesen, die national-konservativ-denkenden Menschen in Deutschland zur politischen Mitte hin zu integrieren:
"Wenn man diesen Teil der Wähler nicht mehr ernst nimmt, wenn man ihn nicht mehr will oder wenn man ihn vernachlässigt, vielleicht nur aus Nachlässigkeit und hinnimmt, dass dann so etwas entsteht wie die AfD, dann ist das ja nicht nur eine parteipolitische Frage, sondern dann ist das eine gesellschaftspolitische Frage, ob es gelingt, auch verbal, Menschen, die so denken, einigermaßen einzubinden und auch ihrer Wortwahl etwas zu mäßigen. Und da passiert im Augenblick und das beschwert mich wirklich, genau das Gegenteil. Und das zerstört am Ende des Tages unsere Demokratie."
Aufsehen durch Treffen mit EU-Politikern
Für Merz ist klar, wer dafür verantwortlich ist: Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ohnehin nutzte der gefragte Redner seine Auftritte immer mal wieder, um ihre Politik zu kritisieren: Die Strategie, möglichst alle Wähler auf der anderen Straßenseite ins Koma zu versetzen, dürfte sich erledigt haben, sagte Merz bei einer Rede vor dem CDU-Wirtschaftsrat in Düsseldorf. Und im Hinblick auf den Streit zwischen den Unionsschwestern in der Flüchtlingspolitik, sagte er bei "Phoenix":
"Ich fühle mich als Zeitungsleser und als Mitglied dieser Partei nicht ausreichend informiert, wenn ich nicht weiß, was in 63 Punkten für ein Migrations- und Einwanderungskonzept drin steht. Da wird über ein Papier diskutiert, das nicht veröffentlicht wird. Allein dieser Sachverhalt führt doch zu unnötiger Verärgerung auch in der Bevölkerung. Und da muss ich sagen, das trägt nicht dazu bei, dass die Glaubwürdigkeit der Politik steigt."
Comeback-Absichten jedoch, wies Merz stets zurück. Im Sommer sagte er noch:
"Ich habe zwanzig Jahre aktiv in der Politik gearbeitet, das hat mir überwiegend große Freude gemacht. Ich mache das heute ehrenamtlich an der einen oder anderen Stelle und ich habe keine Veranlassung über irgendetwas nachzudenken. Ich hoffe, dass mein Leben noch relativ lange dauert und was das dann bringt, ehrlich gesagt, weiß ich weder heute noch morgen."
Wenige Wochen später sorgte dann aber ein Treffen mit hochrangigen EU-Politikern und Spitzenbeamten in Brüssel für Aufsehen und nun scheint klar, da möchte wohl jemand zurück.