Einen erstaunlichen Befund liefert die neueste Studie zur Arbeitsbelastung von Studierenden in Bachelor-Fächern: Professor Rolf Schulmeister vom Hamburger Zentrum für Hochschul- und Weiterbildung kommt darin zu dem Schluss: Deutsche Bachelor-Studierende wenden viel weniger Zeit für ihr Studium auf als vermutet: nicht 40 Stunden pro Woche, wie es die Bologna-Vorgaben vorsehen, sondern nur 23 Stunden. Muss das Bild von den arbeitsüberlasteten Studierenden nun revidiert werden?
"Würde ich jetzt nicht so sagen! 23 Stunden sind es bestimmt nicht! Allgemein müssen wir schon viel tun, gerade jetzt in der Klausurphase."
"Wir können uns gar nicht selber entfalten quasi. Wir machen das, was uns vorgeschrieben wird und zwar auch so schnell wie möglich, damit wir auch BAföG bekommen so lange noch und so weiter."
Auf den ersten Blick passen diese Selbsteinschätzungen und die neue Studie nicht zusammen. Warum das so ist, erklärt Schulmeister:
"Natürlich ist das Stress! Das ist fürchterlich! Vor allen Dingen, wenn man – was sie alle tun – die Prüfungsvorbereitung auf den Januar, Februar verschieben. Oder auf den Juni. Die arbeiten ja nicht kontinuierlich mit in den Vorlesungen. Sie verschieben ihre Prüfungsvorbereitungen und machen "Bulimie-Lernen": Einige lernen drei Tage vor der Prüfung. Und das ist das Problem! Dann haben sie natürlich fürchterlichen Druck und Belastung!"
Diesen Vorwurf des Bildungsforschers bestätigen viele Studierende. Bei einer Umfrage auf dem Hamburger Uni-Campus erklärt ein Bachelor-Student, Fachbereich Sozialökonomie, was es mit dem erwähnten Bulimie-Lernen auf sich hat:
"Sie quasi in kurzer Zeit möglichst viel reinprügeln in den Kopf und dann wieder vergessen. Es quasi wieder auskotzen und Platz machen für was Neues. Von einer Klausur zur nächsten sich hangeln."
Und auch das, so sein Kommilitone, bedeute am Ende Stress. Mit dem einige nicht fertig werden.
"Es gibt ja viele Studenten, auch bei uns, die nebenbei noch arbeiten. Das ist halt schon ziemlich verschult. Und kleines Beispiel mal: Ein Kollege von uns hat jetzt sein Studium abgebrochen, hat jetzt einen Burn-out. Der kann gar nichts mehr machen, ist im dritten Semester. Das ist so eine Sache, wo man dann nachdenkt, ob sich das wirklich lohnt, so viel Aufwand zu betreiben."
Unterm Strich belegt die neue Hamburger Studie zum studentischen Zeitmanagement also zweierlei: Die Wochenarbeitszeit der Studierenden ist im Schnitt viel geringer als erwartet. Und: Gestresst sind sie trotzdem. Das liegt laut Schulmeister nicht nur an ihnen selbst, sondern vor allem an einigen Webfehlern des Bachelor-Studiums. Dessen Module finden bisher nahezu zeitgleich statt, die jeweils vorgeschriebenen Prüfungen am Ende der Module ebenso.
"Man muss versuchen, die Veranstaltungen nicht alle gelichzeitig stattfinden zu lassen, sondern verteilt. Wenn Bologna schon rechnet fürs ganze Jahr, für 45 Wochen im Jahr, dann muss man auch die Vorlesungszeit strecken. Dann muss man auch die Module nicht in Konkurrenz lehren, sondern sukzessive, nacheinander."
Die Kritik an der Struktur des Studiums teilt auch Achim Meyer auf der Heyde, der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks. Er verweist zudem auf den steigenden Anteil an Studierenden, die nebenher in 400-Euro-Jobs arbeiten müssen. Gerade für sie sind die Zeitpläne des Bachelor-Studiums eine große Belastung. Neben der Entzerrung der einzelnen Module fordert er ein Nachdenken über die weitverbreitete Präsenzpflicht für die Studierende:
"Wenn wir die Studierenden nun alle zwingen, starr da zu sein, Anwesenheitslisten führen und das Prüfungsergebnis davon abhängt, ob die Anwesenheit tatsächlich auch stattgefunden hat, dann wird es natürlich unsinnig. Das entspricht nicht dem Charakter des Studiums."
Und damit spricht Achim Meyer auf der Heyde vielen Studierenden aus der Seele:
"Gerade am Anfang des Bachelors – erstes, zweites, drittes Semester – haben wir so viele Stunden, die man hier absitzen muss. Sinnlos! Weil, wenn ich da sitze und nicht zuhöre, weil ich weiß, dass es mir nichts bringt, ist es genauso verschenkte Zeit, als wenn ich nicht da sein würde. Und dann könnte ich die Zeit wenigstens nutzen für's Studium."
"Würde ich jetzt nicht so sagen! 23 Stunden sind es bestimmt nicht! Allgemein müssen wir schon viel tun, gerade jetzt in der Klausurphase."
"Wir können uns gar nicht selber entfalten quasi. Wir machen das, was uns vorgeschrieben wird und zwar auch so schnell wie möglich, damit wir auch BAföG bekommen so lange noch und so weiter."
Auf den ersten Blick passen diese Selbsteinschätzungen und die neue Studie nicht zusammen. Warum das so ist, erklärt Schulmeister:
"Natürlich ist das Stress! Das ist fürchterlich! Vor allen Dingen, wenn man – was sie alle tun – die Prüfungsvorbereitung auf den Januar, Februar verschieben. Oder auf den Juni. Die arbeiten ja nicht kontinuierlich mit in den Vorlesungen. Sie verschieben ihre Prüfungsvorbereitungen und machen "Bulimie-Lernen": Einige lernen drei Tage vor der Prüfung. Und das ist das Problem! Dann haben sie natürlich fürchterlichen Druck und Belastung!"
Diesen Vorwurf des Bildungsforschers bestätigen viele Studierende. Bei einer Umfrage auf dem Hamburger Uni-Campus erklärt ein Bachelor-Student, Fachbereich Sozialökonomie, was es mit dem erwähnten Bulimie-Lernen auf sich hat:
"Sie quasi in kurzer Zeit möglichst viel reinprügeln in den Kopf und dann wieder vergessen. Es quasi wieder auskotzen und Platz machen für was Neues. Von einer Klausur zur nächsten sich hangeln."
Und auch das, so sein Kommilitone, bedeute am Ende Stress. Mit dem einige nicht fertig werden.
"Es gibt ja viele Studenten, auch bei uns, die nebenbei noch arbeiten. Das ist halt schon ziemlich verschult. Und kleines Beispiel mal: Ein Kollege von uns hat jetzt sein Studium abgebrochen, hat jetzt einen Burn-out. Der kann gar nichts mehr machen, ist im dritten Semester. Das ist so eine Sache, wo man dann nachdenkt, ob sich das wirklich lohnt, so viel Aufwand zu betreiben."
Unterm Strich belegt die neue Hamburger Studie zum studentischen Zeitmanagement also zweierlei: Die Wochenarbeitszeit der Studierenden ist im Schnitt viel geringer als erwartet. Und: Gestresst sind sie trotzdem. Das liegt laut Schulmeister nicht nur an ihnen selbst, sondern vor allem an einigen Webfehlern des Bachelor-Studiums. Dessen Module finden bisher nahezu zeitgleich statt, die jeweils vorgeschriebenen Prüfungen am Ende der Module ebenso.
"Man muss versuchen, die Veranstaltungen nicht alle gelichzeitig stattfinden zu lassen, sondern verteilt. Wenn Bologna schon rechnet fürs ganze Jahr, für 45 Wochen im Jahr, dann muss man auch die Vorlesungszeit strecken. Dann muss man auch die Module nicht in Konkurrenz lehren, sondern sukzessive, nacheinander."
Die Kritik an der Struktur des Studiums teilt auch Achim Meyer auf der Heyde, der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks. Er verweist zudem auf den steigenden Anteil an Studierenden, die nebenher in 400-Euro-Jobs arbeiten müssen. Gerade für sie sind die Zeitpläne des Bachelor-Studiums eine große Belastung. Neben der Entzerrung der einzelnen Module fordert er ein Nachdenken über die weitverbreitete Präsenzpflicht für die Studierende:
"Wenn wir die Studierenden nun alle zwingen, starr da zu sein, Anwesenheitslisten führen und das Prüfungsergebnis davon abhängt, ob die Anwesenheit tatsächlich auch stattgefunden hat, dann wird es natürlich unsinnig. Das entspricht nicht dem Charakter des Studiums."
Und damit spricht Achim Meyer auf der Heyde vielen Studierenden aus der Seele:
"Gerade am Anfang des Bachelors – erstes, zweites, drittes Semester – haben wir so viele Stunden, die man hier absitzen muss. Sinnlos! Weil, wenn ich da sitze und nicht zuhöre, weil ich weiß, dass es mir nichts bringt, ist es genauso verschenkte Zeit, als wenn ich nicht da sein würde. Und dann könnte ich die Zeit wenigstens nutzen für's Studium."