Die Mohammed-Karikatur von Kurt Westergaard war nur eine von vielen, die die dänische Zeitung "Jyllands-Posten" 2005 abgedruckt hat, aber seine Zeichnung war diejenige, die die heftigsten Reaktionen hervor rief: Sie zeigte den Propheten mit einem Turban in Form einer Bombe.
"Kritiker haben Kurt Westergaard vorgeworfen, seine Zeichnung sei rassistisch, weil er Mohammed als sehr stereotypen Moslem dargestellt hat. Und auch die pauschale Verbindung - Islam und Terrorismus - wurde kritisiert und Westergaard wurde der Islamophobie beschuldigt", so die Journalistin Jana Sinram, die ihre Doktorarbeit über die Mohammed-Karikaturen geschrieben hat.
Sie hat Westergaard allerdings nicht als islamophob, sondern generell religionskritischen Künstler kennengelernt, der sich selbst als Atheisten bezeichnet und mit Jesus-Karikaturen den Ärger vieler Christen auf sich gezogen hat.
"Ich glaube, Kurt Westergaard ist durch die Erfahrungen mit seiner Mohammed-Karikatur islamkritischer geworden, als er es ursprünglich war. Und ihm gefiel die Rolle des Verteidigers der Meinungsfreiheit. Kritik an der Karikaturen-Aktion von 'Jyllands-Posten' konnte oder wollte er nicht verstehen, er hat da immer wieder auf die Meinungsfreiheit gepocht."
Nach der Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen brachen 2005 in vielen islamischen Ländern Massenproteste aus, mehrere Botschaften Dänemarks wurden attackiert und stürzten das Land in die größte außenpolitische Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Und auch für Westergaard persönlich hatte seine Karikatur Folgen: Der dänische Zeichner musste von Personenschützern begleitet werden.
"Dieser Schutz war wirklich sehr massiv", sagt die Journalistin Jana Sinram, die Westergaard 2015 für ihre Doktorarbeit besucht und interviewt hat.
"Damit ich ihn überhaupt besuchen durfte, musste ich mich schon Wochen vorher beim dänischen Inlandsgeheimdienst, dem PET, anmelden. Kurt Westergaard lebte in einem normalen Einfamilienhaus in einer Siedlung um die Ecke der "Jyllands-Posten"-Redaktion in Aarhus. Da bin ich damals einfach mit dem Bus hingefahren und dann ein Stück gelaufen - aber sobald ich mich dem Haus genähert habe, kam ein bewaffneter Polizist um die Ecke und hat mich erstmal in den Garten geführt. Ich wurde abgetastet und musste alle Taschen auspacken - also ich kann mich nicht erinnern, dass ich irgendwo mal so gründlich durchsucht wurde. Am Ende hat mich der Polizist dann ins Haus begleitet und ist während des ganzen etwa zweistündigen Gesprächs bei Kaffee und Rosinenbrötchen dabei geblieben. Die beiden kannten sich offensichtlich sehr gut, der Polizist und mehrere Kollegen waren ja ständig bei ihm."
2010 entging Westergaard nur knapp einem Anschlag, als ein Mann mit einer Axt in sein Haus eingedrungen war. Westergaard konnte sich damals zusammen mit seiner kleinen Enkelin ins Badezimmer zu flüchten, das zu einer Art Panikraum inklusive verstärkter Tür und Notruf ausgebaut worden war, von wo aus er die Polizei rufen konnte.
In Dänemark führten die Ereignisse zu einer erbittert geführten Debatte über die Grenzen der Meinungs- und Religionsfreiheit. Die Mohammed-Karikaturen wurden in vielen europäischen Zeitungen nachgedruckt, u.a. in der französischen Satire-Zeitschrift "Charlie Hebdo", die im Anschluss mehrfach auch eigene Mohammed-Karikaturen veröffentlichte. 2015 kam es dann zu dem Anschlag auf die Redaktion mit zwölf Toten
"All das hat indirekt mit den dänischen Mohammed-Karikaturen seinen Anfang genommen", so Sinram.