Tobias Armbrüster: Hunderte von Fernsehkameras, Zehntausende von Schaulustigen und geschätzte drei Milliarden Fernsehzuschauer in aller Welt. Die Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton in London am kommenden Freitag ist möglicherweise das Medienereignis dieses Jahrzehnts. Ein Fest ist es natürlich auch für Hochglanzmagazine und für alle, die ihr Kerngeschäft in der Berichterstattung über Adelige und Prominente sehen. Der ganze Pomp täuscht allerdings leicht darüber hinweg, dass diese Hochzeit in gewisser Weise auch ein politisches Ereignis ist, denn im Mittelpunkt steht immerhin ein Thronfolger und die Hochzeit wirft erneut die Frage auf, wie es denn eigentlich steht um die Monarchie in der drittgrößten Volkswirtschaft Europas. Am Telefon begrüße ich den britischen Politikwissenschaftler Anthony Glees. Er lehrt an der Universität von Buckingham und er hat sich eingehend mit der Queen und mit der britischen Verfassung beschäftigt. Schönen guten Morgen, Professor Glees.
Anthony Glees: Guten Morgen.
Armbrüster: Herr Glees, wie bedeutend ist diese Hochzeit politisch gesehen für Großbritannien?
Glees: Ich glaube, sie ist sehr bedeutend. Erstens ist sie eine Bestätigung unseres grundsätzlichen Prinzips in Großbritannien, dass die Windsors das Recht haben, unsere Staatsoberhäupter zu sein, jetzt und auch in der Zukunft, und zweitens eine Bestätigung, dass die Briten sich sehr wohl fühlen mit der Idee einer Monarchie und dass die Briten vielleicht heute glücklicher darüber sind als vor zehn Jahren. Erstaunlich vielleicht, aber die Meinungsumfragen deuten alle stark in diese Richtung.
Armbrüster: Ich will auf die Meinungsumfragen gleich noch mal zu sprechen kommen, Professor Glees, aber zunächst noch mal zur Bedeutung der Monarchie und dieser Hochzeit. Heißt das, diese Hochzeit ist eine Art Symbol für politische Kontinuität auch?
Glees: Politische Kontinuität und die Tatsache, dass die Politiker, Cameron und Clegg, nicht so ganz wichtig in unserem Lande sind wie die Politiker in Ihrem Lande und in verschiedenen anderen Ländern in der Welt. Wir sind darüber sehr glücklich. Nicht alles hängt mit Wahlen zusammen. Das hat uns gut gedient in der Vergangenheit, das wirkt sehr stabil für unsere Demokratie. Es klingt komisch, aber es ist so, und diese große Bestätigung, in Großbritannien ist größte Aufregung über diese Hochzeit und es sind nicht nur die Leute, die Alltagsjobs machen, sondern auch in den Universitäten, in den Gerichtssälen, alle freuen sich darauf, wir kriegen alle Ferien, überall in Großbritannien sieht man Fahnen, es werden Straßenpartys geplant, also große Genugtuung, das Paar ist jung, glücklich, sieht gut aus und es könnte nicht besser sein.
Armbrüster: Wenn ich da die Begeisterung höre, von der Sie sprechen, könnte man daraus den Schluss ziehen, dass sich viele Briten wünschen, dass die Queen oder möglicherweise auch der nachfolgende König, Prinz Charles, wieder mehr Einfluss auch auf das politische Tagesgeschäft bekommen, dass sie sich häufiger mal einmischen?
Glees: Nein, das könnte man nicht daraus schließen. Ich glaube, für die Briten ist es sehr wichtig, dass die, die Politik machen, gewählt werden. Das sind unsere Politiker. Bloß, dass die Politiker nicht den Staat repräsentieren. Und wir haben so viele Skandale bei unseren Politikern gehabt, wie Sie wahrscheinlich wissen, so dass das für uns der Grund ist, unsere Stabilität zu bewerten, zu verstehen und zu erweitern. Die beiden Institutionen sind für uns sehr wichtig. Die eine Institution Parlament hat die politische Macht, die andere Institution, die Monarchie, hat überhaupt keine Macht, aber viel Autorität. Aber die Einmischung der einen Institution in die Sachen der anderen Institution, das wird überhaupt nicht gefragt.
Armbrüster: Nun lebt die Monarchie und ja auch das gesamte britische Königshaus in gewisser Weise auch davon, dass sie abgegrenzt ist vom üblichen Leben in Großbritannien, auch von der üblichen bürgerlichen Gesellschaft. Wie problematisch ist es hier, dass jetzt eine Bürgerliche, nämlich Kate Middleton, sozusagen zur Gemahlin des Thronfolgers wird?
Glees: Wissen Sie, das ist Teil dieses Volksmärchens. Es ist nicht eine Frage, dass die Windsors blaues Blut besitzen - das besitzen sie schon, ich weiß es nicht -, aber dass ganz gewöhnliche Leute zu der Monarchie einkommen können.
Armbrüster: Aber das war ja nicht immer so!
Glees: Es war ja nicht immer so, aber die britische Monarchie hat sich entwickelt. Eine Evolution hat stattgefunden und die Queen und Prinz Philipp im Besonderen sind dafür verantwortlich. Für die Windsors ist das Allerwichtigste, dass sie für die Durchschnittsbriten sprechen, dass sie für die Durchschnittsbriten da sind, in guten Zeiten, aber auch in schlechten Zeiten. Ja, es gibt eine geheime Seite der Windsors, und das sehen wir nicht, aber in der Öffentlichkeit stehen die da als Symbol für eine nationale Familie und da können alle teilnehmen, auch die Middletons. Es ist erstaunlich, aber Kate hat die Wandlung gemacht von der Bürgerstochter zur Prinzessin und sie nimmt die britische Bevölkerung mit sich.
Armbrüster: Nun gibt es ja, Professor Glees, auch vor dieser Hochzeit in Großbritannien wieder vereinzelte Stimmen, die eine Abschaffung der Monarchie und die Einführung einer Republik mit einer geschriebenen Verfassung fordern. Auch der Economist hat in der vergangenen Woche in einem Leitartikel geschrieben, eine republikanische Verfassung sei wahrscheinlich das schönste Hochzeitsgeschenk, was man den beiden machen könnte. Wie stark sind die Gegner der Monarchie in Großbritannien in dieser Woche vor der Hochzeit?
Glees: Die, die meinen, Großbritannien wäre besser eine Republik, die leben auf der anderen Seite des Mondes. Nur 13 Prozent der Befragten, nur 13 Prozent der Befragten vor einigen Tagen sagten, dass sie eine Republik wollten. Die große Mehrzahl, ungefähr 87 Prozent der Befragten, wollen die Monarchie und die wollen die Monarchie auch für die nächsten 50 Jahre. 67 Prozent der Befragten meinten, die Monarchie habe noch Relevanz für sie. Über 55 Prozent der Befragten werden sogar die Hochzeit im Fernsehen am Freitag sich ansehen. Hier sind keine Republikaner, hier hat die Idee einer Republik überhaupt keine Resonanz zurzeit, und wenn wir sehen zum Beispiel in Deutschland, wie es mit ihren Bundespräsidenten in vergangenen Zeiten gegangen ist, glaube ich sehr, dass wir glücklich sind, dass wir nicht in derselben Lage sind.
Armbrüster: Worauf spielen Sie da an?
Glees: Dass Ihr Bundespräsident vor einiger Zeit zurücktreten musste. In Großbritannien wird an Rücktritt eines Staatsoberhauptes überhaupt nicht gedacht. Manchmal wird die Frage gestellt, wird die Königin zurücktreten? Die Königin soll dazu gesagt haben, das mögen vielleicht unsere Vettern in den Niederlanden machen, das machen wir aber nicht in Großbritannien. Die Königin hat für 59 Jahre regiert in Großbritannien, ein Jahr kürzer als Königin Viktoria regiert hat, und sie wird auch als Königin sterben.
Armbrüster: Sagt Professor Anthony Glees, Politikwissenschaftler an der Universität Buckingham, über die bevorstehende Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton an diesem Freitag. Ich danke Ihnen vielmals für das Gespräch, Herr Glees.
Glees: Gerne geschehen.
Anthony Glees: Guten Morgen.
Armbrüster: Herr Glees, wie bedeutend ist diese Hochzeit politisch gesehen für Großbritannien?
Glees: Ich glaube, sie ist sehr bedeutend. Erstens ist sie eine Bestätigung unseres grundsätzlichen Prinzips in Großbritannien, dass die Windsors das Recht haben, unsere Staatsoberhäupter zu sein, jetzt und auch in der Zukunft, und zweitens eine Bestätigung, dass die Briten sich sehr wohl fühlen mit der Idee einer Monarchie und dass die Briten vielleicht heute glücklicher darüber sind als vor zehn Jahren. Erstaunlich vielleicht, aber die Meinungsumfragen deuten alle stark in diese Richtung.
Armbrüster: Ich will auf die Meinungsumfragen gleich noch mal zu sprechen kommen, Professor Glees, aber zunächst noch mal zur Bedeutung der Monarchie und dieser Hochzeit. Heißt das, diese Hochzeit ist eine Art Symbol für politische Kontinuität auch?
Glees: Politische Kontinuität und die Tatsache, dass die Politiker, Cameron und Clegg, nicht so ganz wichtig in unserem Lande sind wie die Politiker in Ihrem Lande und in verschiedenen anderen Ländern in der Welt. Wir sind darüber sehr glücklich. Nicht alles hängt mit Wahlen zusammen. Das hat uns gut gedient in der Vergangenheit, das wirkt sehr stabil für unsere Demokratie. Es klingt komisch, aber es ist so, und diese große Bestätigung, in Großbritannien ist größte Aufregung über diese Hochzeit und es sind nicht nur die Leute, die Alltagsjobs machen, sondern auch in den Universitäten, in den Gerichtssälen, alle freuen sich darauf, wir kriegen alle Ferien, überall in Großbritannien sieht man Fahnen, es werden Straßenpartys geplant, also große Genugtuung, das Paar ist jung, glücklich, sieht gut aus und es könnte nicht besser sein.
Armbrüster: Wenn ich da die Begeisterung höre, von der Sie sprechen, könnte man daraus den Schluss ziehen, dass sich viele Briten wünschen, dass die Queen oder möglicherweise auch der nachfolgende König, Prinz Charles, wieder mehr Einfluss auch auf das politische Tagesgeschäft bekommen, dass sie sich häufiger mal einmischen?
Glees: Nein, das könnte man nicht daraus schließen. Ich glaube, für die Briten ist es sehr wichtig, dass die, die Politik machen, gewählt werden. Das sind unsere Politiker. Bloß, dass die Politiker nicht den Staat repräsentieren. Und wir haben so viele Skandale bei unseren Politikern gehabt, wie Sie wahrscheinlich wissen, so dass das für uns der Grund ist, unsere Stabilität zu bewerten, zu verstehen und zu erweitern. Die beiden Institutionen sind für uns sehr wichtig. Die eine Institution Parlament hat die politische Macht, die andere Institution, die Monarchie, hat überhaupt keine Macht, aber viel Autorität. Aber die Einmischung der einen Institution in die Sachen der anderen Institution, das wird überhaupt nicht gefragt.
Armbrüster: Nun lebt die Monarchie und ja auch das gesamte britische Königshaus in gewisser Weise auch davon, dass sie abgegrenzt ist vom üblichen Leben in Großbritannien, auch von der üblichen bürgerlichen Gesellschaft. Wie problematisch ist es hier, dass jetzt eine Bürgerliche, nämlich Kate Middleton, sozusagen zur Gemahlin des Thronfolgers wird?
Glees: Wissen Sie, das ist Teil dieses Volksmärchens. Es ist nicht eine Frage, dass die Windsors blaues Blut besitzen - das besitzen sie schon, ich weiß es nicht -, aber dass ganz gewöhnliche Leute zu der Monarchie einkommen können.
Armbrüster: Aber das war ja nicht immer so!
Glees: Es war ja nicht immer so, aber die britische Monarchie hat sich entwickelt. Eine Evolution hat stattgefunden und die Queen und Prinz Philipp im Besonderen sind dafür verantwortlich. Für die Windsors ist das Allerwichtigste, dass sie für die Durchschnittsbriten sprechen, dass sie für die Durchschnittsbriten da sind, in guten Zeiten, aber auch in schlechten Zeiten. Ja, es gibt eine geheime Seite der Windsors, und das sehen wir nicht, aber in der Öffentlichkeit stehen die da als Symbol für eine nationale Familie und da können alle teilnehmen, auch die Middletons. Es ist erstaunlich, aber Kate hat die Wandlung gemacht von der Bürgerstochter zur Prinzessin und sie nimmt die britische Bevölkerung mit sich.
Armbrüster: Nun gibt es ja, Professor Glees, auch vor dieser Hochzeit in Großbritannien wieder vereinzelte Stimmen, die eine Abschaffung der Monarchie und die Einführung einer Republik mit einer geschriebenen Verfassung fordern. Auch der Economist hat in der vergangenen Woche in einem Leitartikel geschrieben, eine republikanische Verfassung sei wahrscheinlich das schönste Hochzeitsgeschenk, was man den beiden machen könnte. Wie stark sind die Gegner der Monarchie in Großbritannien in dieser Woche vor der Hochzeit?
Glees: Die, die meinen, Großbritannien wäre besser eine Republik, die leben auf der anderen Seite des Mondes. Nur 13 Prozent der Befragten, nur 13 Prozent der Befragten vor einigen Tagen sagten, dass sie eine Republik wollten. Die große Mehrzahl, ungefähr 87 Prozent der Befragten, wollen die Monarchie und die wollen die Monarchie auch für die nächsten 50 Jahre. 67 Prozent der Befragten meinten, die Monarchie habe noch Relevanz für sie. Über 55 Prozent der Befragten werden sogar die Hochzeit im Fernsehen am Freitag sich ansehen. Hier sind keine Republikaner, hier hat die Idee einer Republik überhaupt keine Resonanz zurzeit, und wenn wir sehen zum Beispiel in Deutschland, wie es mit ihren Bundespräsidenten in vergangenen Zeiten gegangen ist, glaube ich sehr, dass wir glücklich sind, dass wir nicht in derselben Lage sind.
Armbrüster: Worauf spielen Sie da an?
Glees: Dass Ihr Bundespräsident vor einiger Zeit zurücktreten musste. In Großbritannien wird an Rücktritt eines Staatsoberhauptes überhaupt nicht gedacht. Manchmal wird die Frage gestellt, wird die Königin zurücktreten? Die Königin soll dazu gesagt haben, das mögen vielleicht unsere Vettern in den Niederlanden machen, das machen wir aber nicht in Großbritannien. Die Königin hat für 59 Jahre regiert in Großbritannien, ein Jahr kürzer als Königin Viktoria regiert hat, und sie wird auch als Königin sterben.
Armbrüster: Sagt Professor Anthony Glees, Politikwissenschaftler an der Universität Buckingham, über die bevorstehende Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton an diesem Freitag. Ich danke Ihnen vielmals für das Gespräch, Herr Glees.
Glees: Gerne geschehen.