Raumfahrt
Der Hype um den Mond

Einige Jahrzehnte schien sich niemand mehr für Reisen zum Mond zu interessieren. Das hat sich grundlegend geändert, etliche Länder unterhalten Mondmissionen. Jetzt ist auch die erste kommerzielle Mondlandung in der Geschichte der Raumfahrt geglückt.

    SpaceX-Rakete nach dem Start, im Hintergrund ist der Mond zu sehen.
    Faszination Raumfahrt: Sowohl die USA als auch China haben Pläne für eine feste Basis auf dem Mond. (picture alliance / newscom / JOE MARINO)
    21. Juli 1969: Neil Armstrong betritt als erster Mensch den Mond. Die Bilder der Apollo 11-Mission sind in das kollektive Gedächtnis der Menschheit eingeschrieben, ein Spaziergang in staubiger, unwirtlicher Atmosphäre schien der Beweis zu sein, dass es für den Menschen keine Grenzen gibt. Danach hinterließen noch einige weitere US-Amerikaner ihre Fußspuren auf der Mondoberfläche, der letzte bei der Apollo 17-Mission 1972.
    Seitdem hat niemand mehr den Erdtrabanten betreten. Doch das soll sich in den nächsten Jahren ändern, und schon jetzt ist klar: Es wird erneut ein globales Ereignis mit spektakulären Bildern sein. Trotz technischen Fortschritts und Supercomputern ist die Reise zum Mond noch immer äußerst komplex. Warum ist das so? Wer will alles zum Mond? Und warum? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

    Inhalt

    Wer will alles zum Mond?

    Erstaunlich viele Länder planen derzeit Mondmissionen oder sind bereits mittendrin. Die USA waren 1969 das erste Land, dem eine Mondlandung gelang. Mit dem Artemis-Programm will die US-Raumfahrtbehörde NASA nun auf den Mond zurückkehren.
    Die erste Vorbereitungsmission Artemis 1 fand nach mehreren Verschiebungen Ende 2022 statt. Dabei umrundete eine unbemannte Kapsel den Erdtrabanten. Artemis 2 wurde Anfang Januar 2024 um ein Jahr auf September 2025 verschoben. Bei dieser bemannten Mission sollen Astronauten den Mond umkreisen, ohne auf ihm zu landen.
    Der Mond von der Erde aus fotografiert.
    Der Mond ist wieder "in". Vermutlich wird es nur noch wenige Jahre dauern, bis wieder Menschen auf ihm herumspazieren. (IMAGO / SNA / Vladimir Sergeev)
    Die eigentliche Mondlandemission Artemis 3 soll nach derzeitigem Planungsstand nun 2026 stattfinden, weil die NASA mehr Zeit für Vorbereitungen braucht. Experten halten aber auch diesen Zeitplan für sehr ambitioniert, mit weiteren Verzögerungen ist zu rechnen.
    Um den Mond zu erforschen, kooperiert die NASA inzwischen auch mit privaten Unternehmen. Im Februar 2023 glückte die erste kommerzielle Mondlandung in der Geschichte der Raumfahrt.
    Der unbemannte Lander „Nova-C“ des US-Unternehmens Intuitive Machines setzte in der südlichen Region des Erdtrabanten auf. Es war die erste US-Mondlandung seit den legendären Apollo-Missionen vor mehr als 50 Jahren.

    Die Europäer machen bei Artemis mit

    Eigenständig Astronauten zum Mond schicken - das ist für die Europäer derzeit kein Thema. Die europäische Raumfahrtagentur ESA setzt auf die USA und steuert für das „Orion“-Raumschiff des „Artemis“-Programms ein Servicemodul bei. Der Mitflug einer Astronautin oder eines Astronauten der ESA ist weder für Artemis 2 noch Artemis 3 fest eingeplant, sondern erst für die beiden dann folgenden Missionen, die noch in weiter Ferne liegen.
    Wie die USA hat auch Russland bei der Mondfahrt nach den 1970er-Jahren eine lange Pause eingelegt. Die Luna-25-Mission im August 2023 sollte Russlands Rückkehr zum Mond einleiten, doch sie scheiterte. Der Lander, der ein Jahr lang Proben sammeln und den Boden analysieren sollte, stürzte auf die felsige Oberfläche des Mondes - ein herber Rückschlag.
    Das russische Raumfahrtprogramm wird zudem von finanziellen Schwierigkeiten und Korruptionsskandalen geplagt. Präsident Putin will in der Raumfahrt künftig enger mit China zusammenarbeiten.
    Jahrzehnte nach der Sowjetunion und den USA hatte China 2003 als drittes Land einen Menschen ins All geschickt. Um den Vorsprung von NASA und Roskosmos aufzuholen, investierte Peking Milliarden von Dollar in sein vom Militär geführtes Raumfahrtprogramm: 2012 landete mit Chang'e-3 zum ersten Mal ein chinesisches Raumschiff auf dem Mond.
    Sieben Jahre später ließ die Volksrepublik als erstes Land eine Sonde auf der Rückseite des Mondes landen. 2020 brachte dann ein chinesischer Mondroboter zum ersten Mal seit mehr als 40 Jahren Bodenproben zurück zur Erde. Bis 2030 will China eine bemannte Mission auf den Mond schicken und dort - ähnlich wie die USA - eine Weltraumbasis aufbauen.
    Auch Indien hat ein Mondprogramm: Im August 2023 landete die indische Sonde Chandrayaan-3 als erstes Raumfahrzeug am wenig erforschten Südpol des Erdtrabanten. Für Indiens ehrgeiziges und zugleich preisgünstiges Raumfahrtprogramm war die Landung ein Triumph: 2008 hatte eine indische Mission erstmals die Mondumlaufbahn erreicht, im Jahr 2019 scheiterte aber der Versuch einer Mondlandung. Für 2024 hat die indische Raumfahrtbehörde ISRO ein Dutzend Missionen geplant, darunter die Vorbereitung des ersten bemannten Raumflugs.

    Absturz auf der Mondoberfläche

    Die ersten beiden Versuche Japans, auf dem Mond zu landen, missglückten: 2022 flog die japanische Minisonde Omotenashi mit der US-Mission Artemis 1 Richtung Mond. Doch kaum im Weltall, fiel die Batterie der Sonde aus. Im April 2023 stürzte eine Mondlandefähre des japanischen Start-ups Ispace auf der Mondoberfläche ab.
    Die erfolgreiche Mondlandung von Slim – eine Abkürzung für "Smart Lander for Investigating Moon" – sorgte dann im Januar 2024 in Japan für großen Jubel. Nach Problemen mit der Stromversorgung konnte Slim seinen Einsatz mit Hilfe von Sonnenenergie fortsetzen.
    Südkorea will ebenfalls zum Mond. Die viertgrößte Volkswirtschaft Asiens hat derzeit das Ziel, eine Grundlage für künftige Aktivitäten auf dem Mond zu schaffen. Die erste eigene Mondsonde schickte 2023 Fotos von der Rückseite des Erdtrabanten. Sie sollte zudem mögliche Landeplätze erkunden. Bis 2031 will Südkorea eine Mondlandung vornehmen.
    Und auch der arabische Raum hat den Mond im Visier. Die Vereinigten Arabischen Emirate wollen erneut versuchen, einen Rover auf dem Mond zu landen, nachdem das 2023 mit einer Sonde der japanischen Raumfahrtfirma Ispace gescheitert war.

    Warum steht der Mond wieder im Fokus der Raumfahrt?

    Es gibt einige Gründe, die den Mond nach mehreren Jahrzehnten Pause wieder für die Raumfahrt interessant machen. So gibt es auf dem Mond Rohstoffe, die potenziell gewinnbringend sein könnten. Die Erforschung des Erdtrabanten und Antworten auf wissenschaftliche Fragen sind ein weiteres Ziel. Und mit dem Artemis-Programm will die US-Raumfahrtbehörde NASA auf den Mond eine dauerhafte Präsenz aufbauen - als Zwischenstation für geplante Missionen zum Mars. Auch die Chinesen wollen auf dem Mond eine feste Basis installieren.
    Bild von der Apollo 17-Mission: Der Astronaut Harrison H. Schmitt sammelt Gesteinsproben auf der Mondoberfläche.
    Bild von der Apollo 17-Mission: Der Astronaut Harrison H. Schmitt sammelt Gesteinsproben auf der Mondoberfläche. (IMAGO / UIG)
    Schließlich geht es neben wirtschaftlichen Interessen und dem wissenschaftlichen Forscherdrang auch ums Prestige: Wer wird als nächster Mensch den Mond betreten? Erfolge in der Raumfahrt sind noch immer Ausdruck technologischer Potenz, mit denen sich ein Land schmücken kann. So will Indien beweisen, dass es mit den großen Raumfahrt-Nationen technologisch mithalten kann. Russlands Präsident Präsident Putin hätte eine erfolgreiche Mondmission im Land propagandistisch ausschlachten können – als Anknüpfungspunkt an die glorreichen Zeiten der sowjetischen Raumfahrt.

    Was sind die Hindernisse auf dem Weg zum Mond?

    Technische Probleme haben die US-Raumfahrtbehörde NASA wiederholt gezwungen, ihren Zeitplan für die Artemis-Missionen anzupassen. Ursprünglich war vorgesehen, dass die US-Astronautin Christina Koch, ihre US-Kollegen Victor Glover und Reid Wiseman sowie der kanadische Raumfahrer Jeremy Hansen im November 2024 mit der „Orion“-Kapsel rund zehn Tage lang um den Mond herumfliegen, doch das ist inzwischen auf September 2025 verschoben worden. Laut der NASA muss unter anderem das Hitze-Schutzschild der Kapsel überarbeitet werden.
    Auf dem Mond zu landen ist und bleibt ein komplexes Unterfangen. Kürzlich scheiterte die Betreiberfirma Astrobotic an der ersten kommerziellen Landung auf dem Mond. Die private Mission war vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida gestartet. Schon kurz nach dem Start gab es allerdings Probleme, es kam unter anderem zu einem Treibstoff-Leck. Den Ingenieuren gelang zeitweise eine Stabilisierung der Kapsel „Peregrine“, das Ziel einer Mondlandung musste aber aufgegeben werden.
    Während Ende der 1960er- und Anfang der 1970er-Jahre der US-amerikanischen Raumfahrtagentur NASA eine Mondlandung nach der anderen gelang und auch der Sowjetunion Manöver glückten, gehen momentan immer wieder Missionen schief – obwohl die Welt technologisch Jahrzehnte weiter ist.
    Laut Ulrich Walter, Professor für Raumfahrttechnik an der TU München und ehemaliger Astronaut, ist der Erfahrungsschatz der erfolgreichen Mondlandungen in den 1960er- und 70er-Jahren schlicht zum Teil verlorengegangen. „Wir fangen heutzutage praktisch wieder bei null an“, betont er.

    Fehleranfällige Software

    Einen weiteren Grund für Fehlversuche sieht Walter auch darin, dass die Mondfähren heutzutage mit sehr viel mehr Software ausgestattet sind als früher. Das habe zwar Vorteile, beispielsweise könnten Flugmanöver spontan angepasst werden. Andererseits sei Software aber auch fehleranfällig.
    Auch Martin Tajmar, Experte für Raumfahrttechnik an der TU Dresden, wundern die misslungenen Versuche der vergangenen Jahre nicht. Keine GPS-Signale zur Navigation des Fluggeräts, eine geringe Anziehungskraft, keine bremsende Atmosphäre, verzögerte Funksignale von der Erde, eine unebene Oberfläche und mögliche Beschädigungen des Landers durch aufgewirbelten Mondstaub: Das mache eine Mondlandung schwierig.

    Beim "Space Race" war die Risikobereitschaft höher

    Und schließlich wird die Sicherheitsfrage auch anders beantwortet als noch vor einigen Jahrzehnten. Raumfahrt bleibe anspruchsvoll und potenziell gefährlich, sagt der ehemalige Präsident der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA, Jan Wörner. Früher hätten sich die USA und die Sowjetunion beim sogenannten „Space Race“ zu hohen Risiken treiben lassen, aber diese Ära sei vorbei. Es sei einfach vernünftig, den Start zu verschieben, wenn man Schwierigkeiten erkenne.

    ahe