Der Mond ist von der Erde aus gut zu beobachten. Kaum vorstellbar, dass ausgerechnet hier eine Raumsonde verloren gehen kann.
"Unsere Raumsonde umkreiste den Mond und stürzte schließlich auf seine Oberfläche. Das ist jetzt zehn Jahre her. Und da boten wir einen kleinen Wettstreit an: Wer wird den Einschlagskrater zuerst finden?"
Weil das schon lange her ist, hatte Bernard Foing, der ehemalige Missionsleiter der ESA-Sonde SMART-1, die Hoffnung schon fast aufgegeben. Der Wetteinsatz für den Finder war aber immer noch kalt gestellt: Eine Flasche Champagner aus dem Jahr 2003.
Als der Treibstoff von SMART-1 im Jahr 2006 aufgebraucht war, lenkten Ingenieure die Sonde auf die Mondoberfläche. Mit mehreren Teleskopen wurde sogar eine Staubwolke beobachtet, allerdings auf der Nachtseite des Mondes. Es gelang lange nicht, den passenden neu entstandenen Krater zu finden. Nun wird die Flasche Champagner endlich den Besitzer wechseln: Ein Astrophysiker aus Kanada entdeckte auf Bildern des Lunar Reconnaissance Orbiters der NASA einen Krater mit einer eher ungewöhnlichen Form. Bernard Foing:
"Die Raumsonde ging in einem so flachen Winkel nieder, dass sie eher auf der Oberfläche gehüpft ist und gar keinen echten Einschlagkrater machen konnte. Sie hat die Oberfläche eher gestreift und hinterließ Spuren, die 15 Meter lang und nur zwei Meter breit sind. Das ist viel schmaler als wir erwartet hatten."
Foing: Wird im nächsten Jahrzehnt vor allem weiche Mondlandungen geben
Die Forscher wollen die Strukturen nun mit Simulationen des Einschlags vergleichen, um so die Reaktion des Mondregoliths auf die niedergehende Sonde besser zu verstehen. Der Fund von SMART-1 markiert für Bernard Foing das Ende einer Dekade: Insgesamt acht Raumsonden aus verschiedenen Ländern umkreisten den Mond seit dem Start von SMART-1. Und nun beginnt etwas Neues. Bernard Foing:
"Die letzten zehn Jahre wurden vor allem Orbiter und Impaktoren gestartet. Im nächsten Jahrzehnt wird es vor allem weiche Landungen auf der Mondoberfläche geben."
Auf der diesjährigen Tagung der Europäischen Geowissenschaftlichen Union war diese Aufbruchstimmung bereits spürbar, vor allem durch das ambitionierte Mondprogramm Chinas. Insgesamt zwei Orbiter und zuletzt einen Lander samt eines kleinen Rovers schickte die Volksrepublik schon zum Mond. Jetzt sprach ein chinesischer Forscher in einem Vortrag über die Ziele der für dieses Jahr geplanten Raumsonde.
"Die Mission Chang'e 5 wird Gesteinsproben vom Mond zur Erde holen und soll im Dezember 2017 starten. Der Lander wird sanft landen und einige Proben aufnehmen. Dann wird er wieder zum Mutterschiff aufsteigen und die Proben zurück zur Erde schicken."
Chinas Forscher arbeiten zielgerichtet
Insgesamt zwei Kilogramm Mondmaterial soll der Lander zurückbringen – es wäre das erste derartige Unterfangen seit 1976. Im nächsten Jahr soll dann zum ersten Mal überhaupt ein Rover auf der Mondrückseite landen. Für Bernard Foing ist das Tempo des chinesischen Mondprogramms beeindruckend. Denn er selbst versuchte über Jahre vergebens, die ESA von einer weiteren europäischen Mondsonde nach SMART-1 zu überzeugen. Chinas Forscher arbeiten äußerst zielgerichtet – und das nicht nur bei unbemannten Sonden, sondern auch bei der bemannten Raumfahrt, hin zu immer größeren Raumstationen. Bernard Foing würde daher jede Wette eingehen, dass das Fernziel von Chinas Raumfahrtprogramm schon in wenigen Jahren erreicht werden könnte.
"Wenn die nächsten Missionen erfolgreich sind, könnten die Chinesen bis zum Jahr 2025 einen Menschen auf den Mond bringen."