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Monsunprognosen für bessere Ernten

Nicht nur in Indien hängen die Menschen vom Monsun ab, auch in Afrika beeinflusst die jährliche Regenzeit die Landwirtschaft, lässt Ernten gelingen oder scheitern. Fünf Jahre lang haben Geowissenschaftler deshalb den afrikanischen Monsun im Projekt AMMA erforscht.

Dagmar Röhrlich im Gespräch mit Ralf Krauter |
    Ralf Krauter: Über mangelnde Nachfrage nach den Erkenntnissen ihrer Zunft können sich Geowissenschaftler dieser Tage nicht beklagen. Ein isländischer Vulkan und eine außer Kontrolle geratene Ölbohrung im Golf von Mexiko machen sie zu gefragten Gesprächspartnern. Bei der großen Geoforschertagung in Wien gibt es neben Aschewolken und Blow-outs aber auch noch andere Themen, die mindestens genauso wichtig sind. Zum Beispiel eine verbesserte Monsunvorhersage für afrikanische Bauern. AMMA, so heißt das vor fünf Jahren gestartete Projekt. Frage an meine Kollegin Dagmar Röhrlich in Wien vor Ort: Was genau verbirgt sich denn dahinter?

    Dagmar Röhrlich: Die Menschen südlich der Sahara sind auf die Monsun-Regenfälle angewiesen. Und die Regenfälle schwanken stark. Das wissen wir immer wieder aus der der Sahelzone, wo mal über Dürren berichtet wird, mal über Starkregenfälle, Hungersnöte. AMMA sollte nun erforschen, woran es liegt, dass dieser Monsun in einem Jahr viel Regen bringt und im nächsten Jahr fast ganz ausbleibt. Ziel waren zuverlässige Vorhersagen, die es beispielsweise Bauern ermöglichen, ihre Aussaat besser zu planen, damit sie nicht das Getreide ausbringen und es dann, weil der Regen fehlt, verdorrt auf den Feldern, nachdem es gerade gekeimt ist. Das können sich die Bauern nämlich bei einer wachsenden Bevölkerung nicht mehr leisten. Die landwirtschaftliche Produktivität in diesen Gebieten muss steigen. Dazu braucht man zuverlässige Dreimonatsvorhersagen.

    Krauter: Nun weiß man ja von uns schon aus eigener Erfahrung: Die Wetterfrösche tun sich schon schwer, das Wetter drei Tage halbwegs korrekt vorherzusagen. Sind solche Dreimonatsprognosen überhaupt verlässlich?

    Röhrlich: In Afrika geht das erstaunlicherweise ganz gut, sofern man vernünftige Daten hat. Denn in Westafrika beispielsweise hängt viel von den Wassertemperaturen im Atlantik ab. Die Atmosphäre reagiert dann zeitversetzt darauf, auf die Veränderungen über dem Meer, sodass sich die Prozesse so vorhersagen lassen.

    Krauter: Was kann man daraus folgern, was ist rausgekommen bei diesem AMMA-Projekt?

    Röhrlich: Es gab zunächst eine ganz große, intensiv angelegte Messkampagne 2006 und danach noch mehrere kleinere Kampagnen und da wurden so viele Daten gesammelt, dass man wirklich wichtige Effekte für diese Dreimonatsprognosen heute besser erfassen kann, als man es vor fünf Jahren noch konnte.

    Beispielsweise: Wann der westafrikanische Monsun beginnt, hängt von einer Kaltwasserzunge ab, die im Golf von Guinea entsteht, und zwar, weil kaltes Tiefenwasser dort aufwallt. Nachdem diese Kaltwasserzunge entstanden ist, beginnt der Monsun. Diese Kaltwasserzunge vergrößert den Temperaturunterschied zwischen Meer und Land und das führt dann dazu, dass der Wind angefacht wird. Außerdem wissen die Forscher jetzt, dass die kalte Zone auf dem Meer die Regenfälle im Sahel anfacht. Wenn das Wasser im Golf von Guinea warm ist, dann scheint der Monsun nur schwach auszufallen.

    Ein anderer wichtiger Faktor war, dass Stürme und die Bodenfeuchtigkeit zusammenhängen. Das ist besonders dann entscheidend, wenn der Monsun gerade erst beginnt und die Effekte noch nicht verwässert werden dadurch, dass die Vegetation alles herausfiltert. Es ist so, dass ein Sturm feuchte Erde hinterlässt. Darüber ist die Atmosphäre dann feucht und kühler im Gegensatz zu den benachbarten Gebieten, wo es nicht geregnet hat. Diese feuchte, kühle Luft breitet sich aus auf diese benachbarten Gebiete, bringt dort die Atmosphäreschichten durcheinander. Es entsteht ein chaotisches System, in dem dann wieder ein neuer Sturm entsteht. Es ist also so, dass der Regen quasi Regen gebiert, und das ist ganz wichtig für den Beginn der Regenzeit.

    Krauter: Klingt ja alles nach Erkenntnissen, die eigentlich auch spannend für Klimamodellierer sein könnten. Lassen sich denn mithilfe dieser Ergebnisse die Folgen des Klimawandels in Afrika vielleicht jetzt besser abschätzen?

    Röhrlich: Es wird vor allem wichtig werden, wenn es darum geht, diese Veränderungen, die da kommen, abzufedern für die Leute. Es wird ja vorhergesagt in den meisten Modellen, dass der Monsun zwar nicht unbedingt schwächer wird in dem Sinne, dass weniger Regen fällt. Aber die Regenzeiten werden wahrscheinlich kürzer und intensiver werden. Das heißt, für die Bauern wird es noch wichtiger werden, zum richtigen Zeitpunkt zu sähen. Dabei könnten solche Modelle natürlich wunderbar helfen.

    Krauter: Wissenschaftliche Erkenntnisse für bessere Klimamodelle ist das eine, aber was ist mit der menschlichen Komponente? Auch die war bei AMMA ja ein Thema.

    Röhrlich: Es ist vielleicht sogar alarmierend, was dabei herausgekommen ist, denn es wird ja immer sehr viel geredet über Anpassungsstrategien an den Klimawandel, dass die Leute lernen müssen, mit dem Klimawandel zu leben und wie sie das dann am besten machen. Jetzt ist es so, dass die AMMA-Leute die Leute vor Ort befragt haben, die Bauern, was sie eigentlich über den Klimawandel wissen. Und da kam dann heraus: Ja, unsere Hungersnöte der vergangenen Jahrzehnte, die kommen durch den Klimawandel. Dann wurden sie gefragt: Was werdet ihr den künftig machen, habt ihr schon irgendwelche Ideen? Und da wurde dann sehr oft genannt: Beten! Das heißt, diese ganzen Anpassungsstrategien, über die diskutiert wird, von Politikern, von Entwicklungshilfeorganisationen, die sind überhaupt nicht bei den Leuten angekommen, das muss wirklich noch sehr viel Wissen übermittelt werden, damit irgendetwas weitergehen kann und die Leute nicht vor dem Nichts stehen, wenn ihre normalen Strategien, Landwirtschaft zu betreiben, einfach nicht mehr greifen, bei den neuen Monsunregeln.