Nordöstlich von Rostock liegt es, das Niedermoor Rodewiese. Einst war es entwässert und Weideland. Doch 2010 wurde es wieder geflutet, wie andere Flächen auch. Mecklenburg-Vorpommern hat sehr viele Moor-Standorte. Und ein Programm zu ihrer Renaturierung gestartet.
Am Niedermoor Rodewiese zeigt sich dabei, dass die Wiedervernässung zunächst einmal gar nicht so gut fürs Klima ist. Der Ausstoß des potenten Treibhausgases Methan kann demnach um ein Vielfaches steigen. Die Landschaftsökologin Franziska Koebsch vom Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam stellte die Messergebnisse jetzt in Bonn vor:
"Im ersten Jahr nach Wiedervernässung hatten wir wirklich immens hohe Flüsse. Verglichen mit dem vorherigen Zustand haben sich die Methan-Emissionen um das Hundertfache erhöht. Wir haben aber auch festgestellt, dass in den nächsten vier Jahren die Methan-Emission jedes Jahr abgenommen hat."
Schilf, Seggen und Simsen dominieren heute das Ökosystem. Die Gräser stehen praktisch das ganze Jahr lang im Wasser ...
"Wir denken, dass vor allem die hohen Wasserspiegel im Sommer zu den hohen Methan-Emissionen führen. Wahrscheinlich würde es aus Klimaschutzperspektive am besten sein, Wasserspiegel dicht unter Gelände-Oberkante zu etablieren. Zehn Zentimeter unter Gelände-Oberkante."
Mikroorganismen im wasserdurchtränkten Boden würden dann zwar immer noch Methan produzieren. Aber die oberen zehn Zentimeter wären durchlüftet. Sauerstoff würde das Methan oxidieren. In die Atmosphäre ginge dann Kohlendioxid. Das ist zwar auch ein Treibhausgas, aber ein wesentlich schwächeres als Methan.
Auf längere Sicht soll sich in einem wiedervernässten Moor neuer Torf bilden und der Stoff-Fluss umkehren: Kohlendioxid wandert dann aus der Atmosphäre in den Boden und wird dort dauerhaft gespeichert. Das brauche aber Zeit, sagt Franziska Koebsch:
"Ein Moor wird nach Wiedervernässung nicht sofort seinen ursprünglichen Zustand wieder annehmen, sondern das Ganze ist quasi ein Prozess, der über mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte verläuft."
Überraschende Befunde gibt es auch in Bayern, von zwei benachbarten Hochmoor-Standorten am Starnberger See. Der eine ist auch heute noch in einem natürlichen Zustand; auf dem anderen stehen seit rund 50 Jahren Fichten.
Welches der beiden Ökosysteme nimmt mehr Kohlendioxid aus der Luft auf? Forscher untersuchten das - und staunen jetzt über die Bilanz. Auch Hans Peter Schmid, Direktor des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung in Garmisch-Partenkirchen:
"... weil sie wider Erwarten gezeigt hat, dass der entwässerte Moor-Standort mit diesem Wald mehr Kohlenstoff aufgenommen hat über das Jahr wie der natürliche Standort."
Das liegt daran, dass Bäume ziemlich viel CO2 aufnehmen.
Doch was Schmid und seine Kollegen auch herausfanden: Seit der Aufforstung ist knapp ein Meter Torf verloren gegangen - und damit auch jede Menge CO2 daraus entwichen. Die Fichten müssten noch 100 Jahre lang wachsen, um den Verlust wieder auszugleichen, so die Abschätzung der Forscher. So alt werden die Forstbäume aber nicht.
"Also bedeutet das, dass es langfristig eigentlich ein Verlustgeschäft ist, ein Moor zu entwässern und Wald anzupflanzen."
Auch diese Studie zeigt: Man sollte den Stoffhaushalt von Mooren über längere Zeiträume verfolgen. Nur so kommt man zu einer seriösen Treibhausgas-Bilanz, und nicht bloß zu Momentaufnahmen, die ein falsches Bild zeichnen.
"Wir hoffen, dass wir das noch über zehn, 20 Jahre weitermachen können."