Wer hat den Ex-KGB-Offizier und späteren MI6-Mitarbeiter Alexander Litwinenko im November 2006 getötet? Waren es die beiden Ex-Spione, mit denen er sich in einer Londoner Bar getroffen hatte, die ihm das tödliche Plutonium verabreichten? Im Auftrag des Kreml? Um Litwinenko, den Dissidenten und Putin-Kritiker, der mit der Familie im Jahr 2000 aus Russland nach Großbritannien geflohen war, aus dem Weg zu räumen. Moskau bestreitet das ebenso wie die beiden Verdächtigen. Eine öffentliche Untersuchung in London versucht seit knapp zwei Wochen, Licht ins Dunkel zu bringen.
Ohne die vielen Hinweisschilder, die den Weg zum Saal 73 im zweiten Stock der Royal Courts of Justice weisen, würde man sich auf dem roten Linoleum der verwinkelten Flure des Londoner Justizpalastes verlaufen. Ein schmuckloser Raum, Stil 1970er-Jahre, schwarze Polsterstühle, nüchterne Eichenschreibtische, viele PCs. Erhöht thront Sir Robert Owen.
Ohne die vielen Hinweisschilder, die den Weg zum Saal 73 im zweiten Stock der Royal Courts of Justice weisen, würde man sich auf dem roten Linoleum der verwinkelten Flure des Londoner Justizpalastes verlaufen. Ein schmuckloser Raum, Stil 1970er-Jahre, schwarze Polsterstühle, nüchterne Eichenschreibtische, viele PCs. Erhöht thront Sir Robert Owen.
Geheime Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden
Wer tötete Alexander Litwinenko? Das will Richter Owen bis Ende des Jahres klären. Es ist sein zweiter Anlauf. Im ersten Verfahren zur Feststellung der Todesursache, erhielt der Untersuchungsrichter zwar Einblick in geheime Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden, die zu nutzen ihm die Regierung aber untersagte.
Diese Dokumente der Regierung deuteten isoliert betrachtet, auf den ersten Blick auf eine Verwicklung des russischen Staates in den Tod von Litwinenko.
Um solche Erkenntnisse auch verwenden zu können, beantragte Richter Owen vor zwei Jahren, das erste Verfahren in eine öffentliche Untersuchung umzuwandeln, in der Zeugen vernommen werden und auch geheimes Beweismaterial auf den Tisch kommt. Wieder lehnt die Regierung ihrer Majestät ab; unklar ist, ob sie sich selbst oder Moskau schützen will.
Diese Dokumente der Regierung deuteten isoliert betrachtet, auf den ersten Blick auf eine Verwicklung des russischen Staates in den Tod von Litwinenko.
Um solche Erkenntnisse auch verwenden zu können, beantragte Richter Owen vor zwei Jahren, das erste Verfahren in eine öffentliche Untersuchung umzuwandeln, in der Zeugen vernommen werden und auch geheimes Beweismaterial auf den Tisch kommt. Wieder lehnt die Regierung ihrer Majestät ab; unklar ist, ob sie sich selbst oder Moskau schützen will.
Witwe kämpft um Aufklärung
Litwinenkos Witwe Marina aber gibt nicht auf; vor Gericht setzt sie gegen den Regierungswillen die öffentliche Untersuchung durch - eine große Genugtuung:
"Ich weiß, dass mein Mann ermordet wurde; ich sah, wie es geschah. Es war eine Qual, er starb langsam in 23 Tagen - vor meinen Augen, vor denen seines Sohnes und seiner Freunde. Ich will nicht, dass Menschen spekulieren, dass Sascha sich selbst getötet habe, dass er radioaktives Material schmuggelte, eine schmutzige Bombe baute - ich kann es nicht mehr hören."
"Ich weiß, dass mein Mann ermordet wurde; ich sah, wie es geschah. Es war eine Qual, er starb langsam in 23 Tagen - vor meinen Augen, vor denen seines Sohnes und seiner Freunde. Ich will nicht, dass Menschen spekulieren, dass Sascha sich selbst getötet habe, dass er radioaktives Material schmuggelte, eine schmutzige Bombe baute - ich kann es nicht mehr hören."
Vor über acht Jahren, am 1. November 2006, ist ihr Mann in der Pine Bar des Londoner Millenium-Hotels mit seinen früheren KGB-Kollegen Andrei Lugowoi und Dmitri Kowtun verabredet. Litwinenko trinkt den Rest des lauwarmen Grünen Tees, der sich in einer Silberkanne befindet. Am Abend fühlt sich der 43-jährige unwohl und begibt sich ins Krankenhaus. Er wird zusehends schwächer, verliert die Haare und die Ärzte stehen vor einem Rätsel. Erst spät wird in seinem Urin eine milliardenfach erhöhte Strahlung nachgewiesen. Am 23. November ist Litwinenko tot - vergiftet durch Polonium-210, das, so vermuten die Ermittler von Scotland Yard, im Tee war. Seine Leiche, erfährt die Öffentlichkeit in der Owen-Untersuchung, war ein radioaktives Pulverfass, die Obduktion brandgefährlich.
Geplanter Mord
Das war geplanter Mord, glaubt nicht nur Richard Ottaway, der Vorsitzende des außenpolitischen Parlaments-Ausschusses - und es war offenbar der zweite oder gar der dritte Versuch. Öffentlich hatte Litwinenko Wladimir Putin als Pädophilen bezeichnet und für den Mord an der regimekritischen Journalistin Anna Politkowskaja verantwortlich gemacht. Vom Tod gezeichnet sagte er gegenüber Scotland Yard aus, dass nur der Russische Präsident den Auftrag zum Giftmord an ihm habe geben können.
"Er musste eliminiert werden. Weil er ein Feind der eng miteinander verflochtenen Kriminellen war, die Wladimir Putin umgaben und noch umgeben, und die sein korruptes Regime an der Macht halten. Herr Putin sollte von diesem Untersuchungsverfahren demaskiert werden als nichts anderes als gemeiner Verbrecher- aufgebrezelt als Staatsoberhaupt." Schweres Geschütz fährt Marina Litwinenkos Anwalt Ben Emmerson zu Beginn der Untersuchung auf, in der es keine Perücken oder Roben gibt, keinen Staatsanwalt oder Angeklagten. Russland bestreitet jegliche Verwicklung in den Tod Litwinenkos und weigert sich mit Verweis auf die Verfassung, die beiden Verdächtigen auszuliefern. Beide behaupten, der britische Geheimdienst stecke hinter dem Agententhriller. Oder andere. Andrej Lugowei, inzwischen Duma-Abgeordneter, hat gegenüber einem Zeugen versichert, er habe von dem Polonium nichts gewusst, er sei selbst Opfer und hätte anderenfalls kaum seinen damals achtjährigen Sohn dazu angehalten, Litwinenko in der Bar zum Abschied die Hand zu geben. Wo liegt die Wahrheit?