Im Mercado Municipal, der alten Markthalle im Herzen Maputos, ist wieder der Alltag eingekehrt. Auf den Ständen stapeln sich Obst und Gemüse, frischer Fisch, allerlei Haushaltswaren. Frauen feilschen mit den Händlern um die Preise, nutzen den täglichen Einkauf für ein kurzes Gespräch. Noch immer beschäftigt die Menschen, was erst vor wenigen Wochen geschah: Autos brannten, Steine flogen, die Polizei griff hart durch, es gab Tote und Verletzte. Auch der Markt war für kurze Zeit geschlossen worden, aus Angst vor Plünderungen. Bis heute sei die Unsicherheit geblieben, meint Gemüsehändler Domingos Eduardo Watte:
"Es ist schwer zu sagen, ob die Proteste noch einmal aufflammen werden. Denn es war ja ein spontaner Aufstand. Er war nicht von einer Gewerkschaft oder anderen Gruppen organisiert worden. Wenn die Menschen Hunger haben, dann sind sie zu allem fähig und kaum noch berechenbar."
Der 56-Jährige stützt sich auf seinem Stand ab, auf dem in Plastiktüten sauber abgepackt Bohnen, Tomaten, Knoblauch und andere Lebensmittel liegen.
"Die meisten Produkte kommen aus Südafrika. Dadurch sind sie natürlich teurer. Dieses Problem lässt sich nur lösen, wenn wir hier in Mosambik mehr anbauen. Unsere Böden sind fruchtbar. Eigentlich sollten wir doch genug Mais, Kartoffeln und Reis selbst anbauen können. Aber momentan bleibt uns nichts anderes übrig, als alles einzuführen."
Die Abhängigkeit von Importen ist ein Problem, das auch die mosambikanische Regierung umtreibt. Nach den Protesten rief sie die heimischen Landwirte dazu auf mehr anzubauen. Doch ein Appell allein reicht nicht, kritisiert Eduardo Costa, Programmdirektor der internationalen Nichtregierungsorganisation "Action Aid" in Mosambik, die für die Armutsbekämpfung eintritt:
"Es ist eine Schande, dass ich als Mosambikaner auf dem Markt südafrikanische Lebensmittel kaufen muss, während meine Mutter auf dem Land zwar genug anbaut, aber Probleme hat, ihre Ernte zu verkaufen. Es liegt also nicht daran, dass wir hier zu wenig produzieren, sondern an der mangelnden Infrastruktur und Unterstützung für die Kleinbauern. Der Aufruf zu einer Steigerung der Produktion bringt gar nichts, wenn die Farmer ihr Obst und Gemüse nirgendwo lagern oder verkaufen können."
Zahlen der Vereinten Nationen belegen dies: Mehr als 30 Prozent der im Land produzierten Lebensmittel komme nicht bei den Verbrauchern an, so Lola Castro, Direktorin des Welternährungsprogramms in Mosambik. Lagerung und Transport seien die größten Herausforderungen in dem noch von Kriegsfolgen gezeichneten Land. Doch der Staat habe das Problem erkannt:
"Hier gibt es eine interessante Initiative der Regierung: Sie lässt Silos bauen, die Landwirten und Händlern das Leben erleichtern werden. Der Bauer kann dort seine Ernte unter guten Bedingungen lagern und die Händler haben einen zentralen Ort, an dem sie alle Produkte kaufen können. Die Veränderungen sind spürbar: Ich war 1993, ein Jahr nach Ende des Bürgerkrieges, zum ersten Mal in Mosambik und habe im Norden des Landes gearbeitet. Damals war dort alles zerstört, heute ist die Situation wesentlich besser. Es tut sich also viel und wir hoffen, dass es in den nächsten Jahren wirkliche Veränderungen geben wird."
Eduardo Costa, Programmdirektor von "Action Aid", ist weniger zuversichtlich. Gut die Hälfte aller Mosambikaner lebt unterhalb der Armutsgrenze. Die meisten erwirtschaften auf ihren Feldern gerade mal genug, um sich und ihre Familien durchzubringen, bearbeiten das Land noch mühsam per Hand. Für grundlegende Veränderungen sei ein politischer Kurswechsel nötig, betont Eduardo Costa, der jedoch sei nicht in Sicht:
"In den letzten Jahren ist deutlich geworden, dass die Regierung nur am Wirtschaftswachstum interessiert ist. Koste es, was es wolle. Für sie ist das gleichbedeutend mit Entwicklung. Natürlich steht sie auch unter enormem Druck, unter anderem von der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds. Aber in Mosambik zeigt sich, dass die Rechnung nicht aufgeht: Wir gelten zwar als Musterstaat unter den Entwicklungsländern, unsere Wirtschaft wächst jedes Jahr, aber das Problem der Armut ist dadurch nicht gelöst worden. Im Gegenteil: Die Zahl der armen Menschen nimmt zu und die Unterschiede zwischen Arm und Reich werden immer größer. Einseitig auf Wachstum zu setzen, ist also nicht der beste Weg, unser Land zu entwickeln."
So seien auch die tagelangen Proteste zu erklären. Die Menschen kämpften um ihr Überleben, die Aufstände nach der drastischen Erhöhung der Brotpreise seien vorhersehbar gewesen:
"Das ist die Folge von all den Jahren, in denen die Bevölkerung Geduld und Verständnis für die Regierung aufgebracht hat. Sie hat es lange hingenommen, den Gürtel immer enger geschnallt, damit das Land vorankommt. Doch inzwischen ist vielen klar, dass die Politiker keineswegs selbst Opfer bringen, und dass allein die großen Unternehmen immer reicher werden. Es geht also um weit mehr als nur um die Brotpreise. Die Menschen haben sich immer wieder an die Regierung gewandt, doch sind dort immer auf taube Ohren gestoßen. Die Proteste waren die Folge."
Die Regierung reagierte, doch bislang ohne das Problem an seinen Wurzeln anzugehen: Sie machte die Erhöhung der Brotpreise wieder rückgängig, subventioniert nun die Bäcker, der Präsident bildete das Kabinett um und entließ unter anderem den Landwirtschaftsminister. Das Thema Ernährungssicherheit stehe jetzt ganz oben auf der Agenda, betont Lola Castro vom Welternährungsprogramm:
"Im Moment befindet sich Mosambik in einer Übergangsphase. Wir alle, die Regierung, Vertreter der UN und von Geberländern konzentrieren uns momentan auf das Thema Ernährungssicherheit. Dabei spielen natürlich auch die internationalen Preise eine große Rolle. Mosambik importiert beispielsweise den Großteil des Weizens und der Preis auf dem Weltmarkt hatte natürlich auch Einfluss auf die Brotpreissteigerung, die wiederum ein Anlass der Proteste war. Die Regierung hat mit Subventionen reagiert und jetzt ist die Lage wieder ruhig. Aber wir beobachten die internationalen und nationalen Preise natürlich weiter."
Weltweit sind die Nahrungsmittelpreise in den letzten Monaten gestiegen: Die Waldbrände in Russland und die Überschwemmungen in Pakistan waren nur zwei Auslöser dafür, Rohstoffspekulanten trieben die Preise weiter in die Höhe. In armen Ländern wie Mosambik drohen dabei schnell Hungersnöte. Die ohnehin strapazierten Staatshaushalte geraten durch die Subventionen an die Grenze ihrer Belastbarkeit. Die Vereinten Nationen haben daher vor neuen Engpässen und Revolten gewarnt. Unruhen wie in Mosambik müssten ein Weckruf für alle Regierungen weltweit sein.
"Es ist schwer zu sagen, ob die Proteste noch einmal aufflammen werden. Denn es war ja ein spontaner Aufstand. Er war nicht von einer Gewerkschaft oder anderen Gruppen organisiert worden. Wenn die Menschen Hunger haben, dann sind sie zu allem fähig und kaum noch berechenbar."
Der 56-Jährige stützt sich auf seinem Stand ab, auf dem in Plastiktüten sauber abgepackt Bohnen, Tomaten, Knoblauch und andere Lebensmittel liegen.
"Die meisten Produkte kommen aus Südafrika. Dadurch sind sie natürlich teurer. Dieses Problem lässt sich nur lösen, wenn wir hier in Mosambik mehr anbauen. Unsere Böden sind fruchtbar. Eigentlich sollten wir doch genug Mais, Kartoffeln und Reis selbst anbauen können. Aber momentan bleibt uns nichts anderes übrig, als alles einzuführen."
Die Abhängigkeit von Importen ist ein Problem, das auch die mosambikanische Regierung umtreibt. Nach den Protesten rief sie die heimischen Landwirte dazu auf mehr anzubauen. Doch ein Appell allein reicht nicht, kritisiert Eduardo Costa, Programmdirektor der internationalen Nichtregierungsorganisation "Action Aid" in Mosambik, die für die Armutsbekämpfung eintritt:
"Es ist eine Schande, dass ich als Mosambikaner auf dem Markt südafrikanische Lebensmittel kaufen muss, während meine Mutter auf dem Land zwar genug anbaut, aber Probleme hat, ihre Ernte zu verkaufen. Es liegt also nicht daran, dass wir hier zu wenig produzieren, sondern an der mangelnden Infrastruktur und Unterstützung für die Kleinbauern. Der Aufruf zu einer Steigerung der Produktion bringt gar nichts, wenn die Farmer ihr Obst und Gemüse nirgendwo lagern oder verkaufen können."
Zahlen der Vereinten Nationen belegen dies: Mehr als 30 Prozent der im Land produzierten Lebensmittel komme nicht bei den Verbrauchern an, so Lola Castro, Direktorin des Welternährungsprogramms in Mosambik. Lagerung und Transport seien die größten Herausforderungen in dem noch von Kriegsfolgen gezeichneten Land. Doch der Staat habe das Problem erkannt:
"Hier gibt es eine interessante Initiative der Regierung: Sie lässt Silos bauen, die Landwirten und Händlern das Leben erleichtern werden. Der Bauer kann dort seine Ernte unter guten Bedingungen lagern und die Händler haben einen zentralen Ort, an dem sie alle Produkte kaufen können. Die Veränderungen sind spürbar: Ich war 1993, ein Jahr nach Ende des Bürgerkrieges, zum ersten Mal in Mosambik und habe im Norden des Landes gearbeitet. Damals war dort alles zerstört, heute ist die Situation wesentlich besser. Es tut sich also viel und wir hoffen, dass es in den nächsten Jahren wirkliche Veränderungen geben wird."
Eduardo Costa, Programmdirektor von "Action Aid", ist weniger zuversichtlich. Gut die Hälfte aller Mosambikaner lebt unterhalb der Armutsgrenze. Die meisten erwirtschaften auf ihren Feldern gerade mal genug, um sich und ihre Familien durchzubringen, bearbeiten das Land noch mühsam per Hand. Für grundlegende Veränderungen sei ein politischer Kurswechsel nötig, betont Eduardo Costa, der jedoch sei nicht in Sicht:
"In den letzten Jahren ist deutlich geworden, dass die Regierung nur am Wirtschaftswachstum interessiert ist. Koste es, was es wolle. Für sie ist das gleichbedeutend mit Entwicklung. Natürlich steht sie auch unter enormem Druck, unter anderem von der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds. Aber in Mosambik zeigt sich, dass die Rechnung nicht aufgeht: Wir gelten zwar als Musterstaat unter den Entwicklungsländern, unsere Wirtschaft wächst jedes Jahr, aber das Problem der Armut ist dadurch nicht gelöst worden. Im Gegenteil: Die Zahl der armen Menschen nimmt zu und die Unterschiede zwischen Arm und Reich werden immer größer. Einseitig auf Wachstum zu setzen, ist also nicht der beste Weg, unser Land zu entwickeln."
So seien auch die tagelangen Proteste zu erklären. Die Menschen kämpften um ihr Überleben, die Aufstände nach der drastischen Erhöhung der Brotpreise seien vorhersehbar gewesen:
"Das ist die Folge von all den Jahren, in denen die Bevölkerung Geduld und Verständnis für die Regierung aufgebracht hat. Sie hat es lange hingenommen, den Gürtel immer enger geschnallt, damit das Land vorankommt. Doch inzwischen ist vielen klar, dass die Politiker keineswegs selbst Opfer bringen, und dass allein die großen Unternehmen immer reicher werden. Es geht also um weit mehr als nur um die Brotpreise. Die Menschen haben sich immer wieder an die Regierung gewandt, doch sind dort immer auf taube Ohren gestoßen. Die Proteste waren die Folge."
Die Regierung reagierte, doch bislang ohne das Problem an seinen Wurzeln anzugehen: Sie machte die Erhöhung der Brotpreise wieder rückgängig, subventioniert nun die Bäcker, der Präsident bildete das Kabinett um und entließ unter anderem den Landwirtschaftsminister. Das Thema Ernährungssicherheit stehe jetzt ganz oben auf der Agenda, betont Lola Castro vom Welternährungsprogramm:
"Im Moment befindet sich Mosambik in einer Übergangsphase. Wir alle, die Regierung, Vertreter der UN und von Geberländern konzentrieren uns momentan auf das Thema Ernährungssicherheit. Dabei spielen natürlich auch die internationalen Preise eine große Rolle. Mosambik importiert beispielsweise den Großteil des Weizens und der Preis auf dem Weltmarkt hatte natürlich auch Einfluss auf die Brotpreissteigerung, die wiederum ein Anlass der Proteste war. Die Regierung hat mit Subventionen reagiert und jetzt ist die Lage wieder ruhig. Aber wir beobachten die internationalen und nationalen Preise natürlich weiter."
Weltweit sind die Nahrungsmittelpreise in den letzten Monaten gestiegen: Die Waldbrände in Russland und die Überschwemmungen in Pakistan waren nur zwei Auslöser dafür, Rohstoffspekulanten trieben die Preise weiter in die Höhe. In armen Ländern wie Mosambik drohen dabei schnell Hungersnöte. Die ohnehin strapazierten Staatshaushalte geraten durch die Subventionen an die Grenze ihrer Belastbarkeit. Die Vereinten Nationen haben daher vor neuen Engpässen und Revolten gewarnt. Unruhen wie in Mosambik müssten ein Weckruf für alle Regierungen weltweit sein.