"Ich höre im DLF lediglich eine kurze Nachricht zu Kollateralschäden infolge der Befreiung Mossuls durch die Koalitionstruppen, angeführt durch die Amerikaner", schrieb er an die Nachrichtenredaktion. Ansonsten höre man nur von den Gräueltaten des IS. Ein "sauberer Krieg" sei offenbar Konsens in der deutschen Berichterstattung.
Tatsache ist, dass im DLF über die jüngsten Vorwürfe der Menschenrechtsorganisation Amnesty International an beide Konfliktparteien berichtet wurde. So meldeten die Nachrichten, dass den irakischen Streitkräften und der US-geführten Koalition vorgehalten wurde, Waffen eingesetzt zu haben, die in bevölkerungsreichen Gegenden niemals hätten verwendet werden dürfen. So seien allein bei einem Luftangriff der USA auf Mossul Mitte März mindestens 105 Menschen getötet worden.
Amnesty: Möglicherweise fast 6.000 tote Zivilisten
Amnesty zufolge verfehlten US-geführte Truppen und die irakische Armee im Kampf um Mossul regelmäßig ihr militärisches Angriffsziel. Stattdessen seien Zivilisten verletzt und getötet worden. In einem Bericht der Organisation ist die Rede davon, dass insgesamt bis zu 5.805 Zivilisten durch Luftangriffe des Bündnisses auf den Westen Mossuls getötet wurden.
"Die Tatsache, dass der IS Menschen als Schutzschilde einsetzt, entbindet die Truppen der Gegenseite nicht von ihrer rechtlichen Verpflichtung, Zivilpersonen zu schützen", erklärte die Amnesty-Nahostexpertin Lynn Maalouf. Sie forderte eine unabhängige Kommission, um mögliche Verstöße gegen das Völkerrecht zu untersuchen.
Koalitionstruppen weisen Kritik zurück
Das von den USA angeführte Militärbündnis wies die Kritik zurück. Die Darstellung, das Bündnis habe mit unablässigen, illegalen Attacken auf Mossul das Völkerrecht missachtet, sei "unverantwortlich", sagte Sprecher Joe Scrocca der Nachrichtenagentur AP. Er fügte hinzu: "Krieg ist nicht angenehm und vorzugeben, dass er das sein sollte, ist töricht und bringt die Leben sowohl von Zivilisten als auch von Soldaten in Gefahr".
Nach Angaben des Londoner Recherchezentrums Airwars wurden bei Angriffen der Anti-IS-Koalition im Irak und in Syrien allein im Juni bis zu 744 Zivilisten getötet. Das Netzwerk stützt seine Angaben auf Augenzeugenberichte, Auswertungen sozialer Medien und andere Quellen. Die Angaben widersprechen den Zahlen der USA zu zivilen Opfern fundamental: Das Pentagon geht seit dem Beginn der Einsätze gegen den IS im Jahr 2014 von 603 getöteten Zivilisten aus.
Kritik an den Koalitionstruppen kam auch vom UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, Seid Al-Hussein. Er nannte Berichte, wonach nicht nur der IS, sondern auch irakische Soldaten Bewohner aus Mossul vertrieben hätten, verstörend. Er begrüßte die Ermittlungen der irakischen Justiz gegen Soldaten. Al-Hussein forderte, mutmaßliche Täter aus den Reihen der Armee vor Gericht zu stellen.
(gri/tgs)