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Müll als umweltfreundlicher Energieträger

Die Entsorgungswirtschaft wittert neue Einnahmequellen. Denn mit der Biomasseverordnung wird ein Teil des Abfalls zum umweltfreundlichen Energieträger. So manches, was bisher teuer entsorgt wurde, könnte damit künftig also noch Geld bringen, weil für den damit erzeugten Strom ähnlich hohe Vergütungen wie etwa für Windkraft oder Solarenergie gezahlt werden, hieß es am Rande des 13. Abfallforums in Kassel.

von Ralf Pasch |
    Müll besteht zum größten Teil aus Biomasse - das ist nichts Neues. Doch es wird jetzt mit Zahlen belegt. Und zwar vom hessischen Witzenhausen-Institut. Das hat in einer bundesweiten Studie Müll auf seine biologischen Bestandteile hin untersucht, wie Geschäftsführer Michael Kern beim Kasseler Abfallforum berichtete:

    In dieser Untersuchung wurde quantifiziert, wie hoch der Biomasse- oder regenerative Anteil im Restmüll insgesamt ist. Beispielsweise im Hausmüll annähernd 62 Prozent, das heißt im wesentlichen Grünschnitt und Bioabfälle, die eigentlich in die Biotonne sollten.

    Würde der gesamte biologische Abfall zur Energieerzeugung verwendet, könnten damit immerhin drei Prozent des Primärenergiebedarfs gedeckt werden. Allerdings wird gegenwärtig erst rund ein Zehntel dieses Potentials genutzt. Das könnte sich in Zukunft ändern, weil es durch die neue Gesetzgebung lukrativ wird, Energie aus Biomasse zu erzeugen. Sehnsüchtig erwartet wird die sogenannte Biomasseverordnung, die allerdings erst im Entwurf vorliegt. Diese Verordnung regelt künftig, was überhaupt Biomasse ist. Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz muß für Strom, der aus solchen Stoffen gewonnen wird, seit dem vergangenen Jahr erheblich mehr gezahlt werden. Bei Biogas zum Beispiel stieg die Höhe der Vergütung um fast 40 Prozent. Und in Biogasanlagen lässt sich sehr gut organischer Abfall verwerten. Doch weil sich das bisher kaum lohnte, wurde er zum größten Teil kompostiert. In Hessen zum Beispiel zu 98 Prozent. Künftig könnte die Vergärung in einer Biogasanlage interessanter als die Kompostierung werden, so Kern.

    Wir stellen fest, dass in den letzten Jahren mittlerweile ca. 50 Biogasanlagen in Betrieb sind, die getrennt erfasste Bio- und Grünabfälle mit vergären. Und hier kann man davon ausgehen, dass mit Sicherheit in Zukunft mehr Anlagen gebaut werden. Die Vergärung - und das war sicherlich ihr größtes Manko in den letzten Jahren - war im Vergleich zur Kompostierung tendenziell teurer, was viele abgeschreckt hat.

    Doch nicht nur Küchenabfälle oder Grünschnitt gelten als Biomasse. Der aktuelle Entwurf der Biomasseverordnung bezieht auch Altholz ein. Allerdings abhängig von seiner Belastung mit Schadstoffen. Und Anlagen, in denen solches Holz verbrannt wird, müssen in Sachen Schadstoffausstoß die gleichen hohen Standards wie Müllverbrennungsanlagen erfüllen. Doch zum Beispiel alte Möbel oder Bauholz, die etwa 40 Prozent des Sperrmülls ausmachen, könnten künftig als wertvolle Biomasse deklariert werden. Nach den Angaben des Bundesumweltministeriums werden jährlich etwa zwei bis drei Millionen Tonnen Altholz deponiert. Rund zwei Millionen Tonnen exportiert die Bundesrepublik sogar in Länder wie Schweden. Und dort wird Energie damit erzeugt. Durch die Biomasseverordnung wird dieses Geschäft künftig auch in Deutschland lukrativ.

    Man kann sagen es gibt einen regelrechten Boom hin zum Altholz. Jeder will Altholzverbrennungsanlagen bauen, die dann gefördert werden. Sicherlich ist natürlich die Voraussetzung die Sicherstellung eines langfristigen Einzugsbereiches mit den entsprechenden Mengen. So dass wir im Moment feststellen, dass regionale Gebietskämpfe stattfinden, hier eben sich auch die entsprechende Altholzmengen zu sichern.

    Doch all die Gewinne, die sich die Entsorgungsunternehmen aus der umweltfreundlichen Energieerzeugung ausrechnen, sind noch Träume. Denn die endgültige Biomasseverordnung muss noch von Bundestag und Bundesrat abgesegnet werden. Und bis dahin ist wohl noch etwas Geduld nötig.