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Mülltrennung in Marokko
Der Kampf ums Recycling

Glasflaschen, Plastiktüten, Batterien - in Marokko werden Abfallreste nicht getrennt und auf riesigen, zum Teil wilden Deponien zusammengekippt. Um so etwas wie Recycling kümmern sich bislang nur die "Chiffonniers": Männer, Frauen und Kinder, die vom Müll leben und ihre Gesundheit riskieren. Ihre mühsame Arbeit wird nun endlich professioneller.

Von Alexander Göbel |
    Mülltrenner der Initiative "Attawafouk", der ersten Kooperative für Abfall-Recycling in Marokko an der Deponie Oum Azza.
    Die Initiative "Attawafouk" ist die erste und bislang einzige Kooperative für Abfall-Recycling in Marokko. (Deutschlandradio / Alexander Göbel)
    In der Deponie Oum Azza vor den Toren von Rabat lädt eine französische Firma den Müll ab, im Auftrag der Stadtverwaltung. Um diesen Müll - mehr als 500 Tonnen am Tag - kümmern sich Menschen, die noch vor ein paar Jahren als Müllsammler auf wilden Müllhalden leben und schuften mussten. Einer von ihnen: Yassine Mazzout. Mit 150 anderen hat er in Oum Azza die Gruppe "Attawafouk" gegründet - zu deutsch: "Vertrauen". Es ist die erste Kooperative für Abfall-Recycling in Marokko - und bis heute die einzige.
    Der abgekippte Müll wird auf ein Metall-Förderband geschaufelt, über eine Trommel gleichmäßig verteilt, Biomasse wird vom Rest getrennt - und dieser Rest landet dann auf Laufbändern, an denen Menschen stehen und von Hand weiter trennen.
    Rentables Recycling
    "Wir trennen alles, soweit wir können: Kartonpapier, Plastikflaschen, Folien, Metall. Alles, was kein organischer Müll ist und auch kein Wertstoff zum Recyceln. Auch das können wir noch aufbereiten: Die Zementfirma nebenan kauft uns diese Reste ab - die nutzen sie dann als Ersatzbrennstoff für ihre Produktion. So erhöhen wir den Teil des Mülls, der noch Verwendung findet!"
    Die ersten Maschinen finanzierte der französische Abfall-Versorger, alles andere musste sich die Kooperative selbst erarbeiten. Attawafouk lagert das getrennte Material, dann können interessierte Firmen Angebote machen. Die Mitglieder der Kooperative entscheiden dann gemeinsam, wem welche Wertstoffe verkauft werden - zu welchem Preis.
    Mehr als 460.000 Euro im Jahr setzt Attawafouk mittlerweile mit Recycling um. Die Kooperative konnte damit schon eine Plastikpresse kaufen, einen Lkw für Auslieferungen, und einen Bus, der die Mitarbeiter zur Arbeit und wieder nach Hause bringt.
    "Früher war es furchtbar", sagt Lakbira Makroumi: "Da draußen in der Müllkippe - in der Sonne, im Regen, manchmal auch in bitterer Kälte. Außerdem wussten wir nie, wie viel wir Geld nach Hause bringen. Das ist jetzt alles viel besser."
    Zum ersten Mal lohnt sich die harte Arbeit mit dem Müll. Die Menschen tragen jetzt keine Lumpen mehr, sondern Handschuhe und Schutzkleidung, arbeiten in geregelten Sechs-Stunden-Schichten, bekommen ein festes Gehalt, umgerechnet 250 Euro im Monat, und sie sind krankenversichert.
    Es fehlt an politischem Willen
    Was die Mülltrennung angeht, ist in Marokko noch viel Luft nach oben. Alles wird im Haushalt zusammengekippt, wird von den Müllsammlern in der Stadt zerpflückt, der Rest landet dann auf der Deponie. Ein großer Teil der wertvollen Biomasse im Abfall wird etwa durch Batterien oder Krankenhausmüll verseucht - und dadurch als Kompost unbrauchbar. Der organische Müll wiederum verunreinigt die Wertstoffe, die noch recycelt werden sollen. Yassine Mazzout fürchtet, dass es bis zu einer Mülltrennung direkt beim Verbraucher noch lange dauert. Weil es am politischen Willen fehlt.
    "Da müssen Strategien her, kurzfristige, langfristige. Die Leute müssen sensibilisiert werden - vom einzelnen Haushalt bis zur großen Firma, vom Schulkind bis zum Politiker. Vielleicht sind wir in 30 Jahre so weit, dass hier endlich eine direkte Trennung von Müll durchgesetzt wird."
    Auf jeden Fall wird der Müllberg immer größer, um den sich die Kooperative Attawafouk kümmern muss. Die Weltbank interessiert sich für das Projekt. In ein paar Wochen soll das zweite Recycle-Förderband an den Start gehen.
    "Ich bin stolz auf das, was wir erreicht haben", sagt Mustapha Laflifla, ein hagerer Mann mit freundlichem Gesicht und einem großen Strohhut auf dem Kopf. Er ist Yassines rechte Hand in der Kooperative.
    "Wir arbeiten unter fairen, menschlichen Bedingungen. Und ich will, dass mehr Menschen so arbeiten können. Vielleicht gibt es irgendwann eine Föderation von Kooperativen - dann können wir mehr Druck auf die Politik machen!"