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Münchner Sicherheitskonferenz
Bedürfnis nach Antworten und Klarheiten

Syrien, Brexit, Donald Trump und der Streit um die Nato: Die schweren Krisen ziehen in diesem Jahr besonders viele Entscheidungsträger auf die Münchner Sicherheitskonferenz. Dort wird auch US-Vizepräsident Mike Pence seinen ersten Auftritt auf internationaler Bühne haben. Meinungsverschiedenheiten könnten offen zutage treten.

Von Bettina Klein |
    Vorbereitungen für die Münchner Sicherheitskonferenz.
    Vorbereitungen für die Münchner Sicherheitskonferenz. (dpa/ picture alliance/ Grigoriy Sisoev)
    Im vermeintlich postfaktischen Zeitalter bringt auch die Münchner Sicherheitskonferenz die drängenden Sorgen auf diesen Punkt: "Post-Wahrheit, Post-Westen, Post-Ordnung?", so fragt der Munich Security Report in diesem Jahr auf seinem Titel. De facto wird die Konferenz 2017 zunächst auf ihren Ursprungskern zurückgeführt, wie kaum je zuvor, auf das transatlantische Verhältnis in der Ära Trump.
    "Die Zahl der außenpolitischen Fragezeichen war noch nie so groß. Weil wir jetzt nicht nur nicht wissen, was Putin will und was in Syrien passieren wird – jetzt scheint es so zu sein, dass wir auch nicht genau wissen, was Amerika will"
    Ein Zeichen der Wertschätzung, so Wolfgang Ischinger, dass mit US-Vizepräsident Mike Pence das Weiße Haus am Samstag den ersten Auslandsauftritt in München absolvieren wird. Für den Leiter der Konferenz und Ex-Diplomaten ein Zeichen der Kontinuität in Washington. Und es werden keinesfalls nur Trump-Jünger auftreten: Das ist durch die Kongress-Delegation gewährleistet, so Ischinger.
    "Das kennt man aus autoritären Staaten so, da kommen nach München nur Leute, die die jeweilige Regierungslinie vertreten. Hier werden sie das Spektakel erleben können, dass wir republikanische Senatoren auf der Bühne haben, die was völlig anderes von sich geben, als es einige aus dem neuen Weißen Haus gesagt haben."
    Verunsicherung unter den Europäern
    Aus seiner Sicht ein klarer Beweis, dass die amerikanische Demokratie lebt. Das Bedürfnis nach Antworten und Klarheiten ist auf jeden Fall riesengroß, wie die Verunsicherung insbesondere bei den Europäern zeigt. Und der Andrang im Bayerischen Hof wohl noch größer als sonst. Hunderte Entscheidungsträger versammeln sich drei Tage in dem Münchner Hotel, dutzende Regierungschefs, Außen- und Verteidigungsminister, aber auch Nichtregierungsorganisationen oder Prominente wie Bill Gates. Und auch der neue UNO-Genralsekretär António Guterres wird zu einem ersten Besuch in neuer Rolle in Europa erwartet.
    Eine große Show, so der SPD Außenpolitiker Niels Annen, aber vor allem eine Möglichkeit zum informellen Austausch, das macht sie so wertvoll.
    "Es ist eine Generalversammlung der Vereinten Nationen im Kleinformat. Das das in Deutschland stattfindet ist für uns natürlich eine großartige Gelegenheit."
    Von deutscher Regierungsseite sind unter anderem die Minister Ursula von der Leyen, Sigmar Gabriel, Thomas de Maizière und Wolfgang Schäuble dabei. Am Samstag spricht die Bundeskanzlerin.
    Mit der Ansage aus Washington, die Europäer bzw. die Nato-Staaten müssten sich endlich an ihre Zusagen halten und mehr Geld für die Verteidigung ausgeben, hat Pentagon-Chef Mattis gerade noch mal ein Thema vorgegeben, das allein in Deutschland die politischen Bruchlinien aufzeigt. Schon jetzt signalisieren SPD und Grüne Widerstand. Jürgen Trittin gestern in unserem Programm:
    "Mattis hat gestern gesagt, wenn ihr Europäer nicht spurt, dann werden wir Leistungen reduzieren. Im Gegenzug hat dann Frau von der Leyen per Süddeutsche verkündet, wir haben verstanden. Die hat schon mal vorsorglich die Hacken zusammengeschlagen."
    Proteste von Pegida, AfD und Reichsbügern
    Die Proteste am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz werden auch in diesem Jahr deutlich zu spüren sein, insgesamt 15 Kundgebungen sind geplant, zur größten am Samstag werden mindestens 4.000 Teilnehmer erwartet. Auch eine Demonstration gegen die Nato mit rechten Positionen und Unterstützern von Pegida, AfD und Reichsbügern ist in München angemeldet. Ein Treffen jedenfalls, in dem länger schwelende Konflikte und Meinungsunterschiede nach Brexit und Trumpwahl nun offen zutage treten dürften.