Es ist ziemlich trostlos auf dem Gelände der ehemaligen Oxfordkaserne in Münster - Adnan und Leano ist es egal: Solange die beiden Jungs auf dem Bobbycar über das Gelände der ehemaligen Britenkaserne kurven können, ist für sie alles in Ordnung: Noch besser wäre es aber, sie könnten schon in der frisch errichtete Kita auf dem Gelände der sogenannten Erstaufnahmeeinrichtung spielen, sagt ihr Vater:
"Es ist sehr gut für die Kinder, weil sie was lernen, deutsch lernen, und die Zeit sinnvoll verbringen, nicht immer nur hier rumhängen, nein, sprechen lernen, das ist gut."
Vor drei Wochen sind er und seine Familie nach Deutschland gekommen - sie wissen, dass sie als Albaner wenig Chancen haben, als Flüchtlinge anerkannt zu werden, aber: Einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz haben die Kinder, die in den sogenannten kommunalen Erstaufnahmeeinrichtungen leben, genau wie alle anderen über einjährigen auch. Und darum werden in der Kita auf dem Gelände gerade mit Hochdruck die letzten Räume fertiggestellt, Anne Westendorf vom Deutschen Roten Kreuz zeigt stolz, was hier innerhalb kürzester Zeit aus kahlen Kasernenräumen entstanden ist:
"Diese Wickelbereiche, oder die Klöchen dahinter, Kuschelbereich..."
Nebenan sind schon die ersten Gruppen gestartet, sechs wird es insgesamt in der Einrichtung geben, die Kinder aus den Flüchtlingsfamilien werden eigene Gruppen bekommen. Nicht weil man sie nicht integrieren will, sagt Anne Westendorf, es habe einfach mit der besonderen Situation zu tun:
"Die Kinder bleiben im Durchschnitt vier Wochen, es ist immer wieder das Thema Abschied, wenn sich dann Freundschaften bilden, immer wieder den Wechsel haben, vielleicht auch das Thema Traumatisierung."
Schwierige Eingewöhnung
Nur zwei Straßen weiter, in der Kita Wolkenburg: Hier gibt es schon seit Längerem Flüchtlingskinder.
Daniel heißt der kleine Junge aus Ghana, der mit weit aufgerissenen Augen auf das Mikro starrt. Er ist einer der zwölf Flüchtlingskinder in der Wolkenburg, sagt Kita-Leiterin Gisela Breuckmann, die Arbeit mit den Familien sei eine ganz besondere Aufgabe:
"Bei diesen Familien weiß man nicht, was haben die Kinder für Erfahrungen gemacht. Wir haben zum Beispiel eine Flüchtlings-Familie, da wurde die Familie getrennt, da hat das Kind natürlich Ängste, wenn man sagt, der Vater soll gehen, das ist also am Anfang ein großes Problem, die Kinder einzugewöhnen."
Fehlende Deutschkenntnisse sind noch das kleinste Problem: Das Team in der Wolkenburg arbeitet sowieso schon lange zweisprachig - englisch/deutsch. In jeder Gruppe gibt es mehrere sogenannte native Speaker, Erzieherinnen aus allen Teilen der Welt. Und sie alle haben "Makaton", eine einfache Gebärdensprache gelernt - sagt Kitaleiterin Breuckmann:
"Unsere Kinder sind es sowieso gewohnt, sich mit Händen und Füßen zu verständigen, es gibt einfach Gesten, die sind egal aus welchem Land, die sind überall gleich. Wenn ich sage stopp, bis hier und nicht weiter, dann weiß jedes Kind was gemeint ist und wir setzen diese Sprache ganz verstärkt mit ein."
Suche nach Personal
Was hier schon länger zum Alltag gehört, daran werden sich viele Kitas schnell gewöhnen müssen: Sobald die Flüchtlingsfamilien den Kommunen zugeteilt sind, haben sie dort einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz. Darum sind Plätze wie die in der ehemaligen Oxfordkaserne in Münster händeringend gesucht - und natürlich Personal, sagt Anne Westendorf vom Deutschen Roten Kreuz:
"Grundsätzlich ist wichtig, was man für eine Haltung gegenüber dieser Thematik mitbringt, also ob man mit Flüchtlingsfamilien bereits gearbeitet hat und ob man der ganzen Thematik gegenüber positiv eingestellt ist."
Die nordrhein-westfälische Familienministerin Ute Schäfer hat erklärt, dass Flüchtlingskinder möglichst schnell einen Kitaplatz bekommen sollen, damit sie Deutsch lernen. Sechs Millionen Euro stellt sie zur Verfügung, auch für mobile Kitas etwa in Bussen. Viele Familien kennen überhaupt keine Kitas aus ihrer Heimat und sind daher oft skeptisch, ob sie ihre Kinder dorthin bringen sollen, sagt Anne Westendorf vom DRK in Münster. Aber von ihrer Arbeit in der ehemaligen Oxfordkaserne weiß sie auch: Die Kinder freuen sich drauf:
"Die sind da sehr neugierig und stehen mit Riesen-Augen vor dem Kindergarten und möchten gerne einfach spielen und Kontakt miteinander haben, betreut werden, Spielsachen haben, was ja alles in der Erstaufnahmeunterkunft nicht der Fall ist."