Würden die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Leistungsausweitungen wie die Mütterrente, die abschlagsfreie Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren und die verbesserte Erwerbsminderungsrente ohne Gegenfinanzierung durch den Bund umgesetzt, wäre die Nachhaltigkeitsrücklage der Rentenversicherung in wenigen Jahren aufgebraucht, sagte DRV-Vorstandschef Alexander Gunkel. Gleichzeitig warnte er mit diesen Worten Union und SPD davor, mit den geplanten Leistungsausweitungen bei der Altersversorgung die Rentenkassen zu überfordern.
Aus Steuermitteln gegenfinanzieren
"Politische Projekte, die nicht in den originären Aufgabenbereich der Sozialversicherungen fallen, müssen ausreichend vom Bund aus Steuermitteln gegenfinanziert werden", sagte Gunkel.
Union und SPD wollen nach Bildung ihrer Koalition die sogenannte Mütterrente, die abschlagsfreie Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren sowie eine verbesserte Erwerbsminderungsrente einführen. Mit der Mütterrente sollen Kindererziehungszeiten bei der Rente stärker berücksichtigt werden. Die Zahlungen an Mütter mit vor 1992 geborenen Kindern sollen steigen.
Um dies zu finanzieren, soll unter anderem der Beitragssatz für die Rente nicht wie gesetzlich eigentlich vorgeschrieben gesenkt werden, sondern bei 18,9 Prozent gehalten werden. Gunkel erklärte in Berlin, die Mehrausgaben summierten sich bis zum Jahr 2018 auf insgesamt rund 30 Milliarden Euro. Somit wären die aktuellen Rücklagen in Höhe von 1,75 Monatsausgaben aufgezehrt. In der Folge werde der Beitragssatz der Rentenversicherung im Mittel um 0,3 bis 0,4 Prozentpunkte höher liegen als ohne Ausweitung der Kindererziehungszeiten.
Absenkung des Rentenbeitrags
Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages kommt in einem Gutachten zu dem Schluss, dass der Verzicht auf die Absenkung noch im Dezember gesetzlich beschlossen werden müsste. Die Planungen der Koalition sehen aber vor, das notwendige Gesetz am 19. Dezember in erster Lesung zu beraten und erst im kommenden Jahr zu beschließen.
Wenn die Rentenbeiträge nicht - wie rechtlich eigentlich vorgeschrieben - gesenkt werden sollten, "wäre bis zum Jahresende eine gesetzliche Regelung zu verabschieden", heißt es in dem siebenseitigen Gutachten der Bundestagsexperten. Komme diese Regelung erst später zustande, könne sie nicht rückwirkend zum 1. Januar 2014 gelten, sondern nur für die Zukunft.
Gesetzesänderung in diesem Jahr nicht mehr möglich
Zu dem gleichen Ergebnis kommt auch ein Gutachten im Auftrag der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA): "Das geplante Vorgehen ist in rechtlicher Hinsicht fragwürdig und wirft verfassungsrechtliche Zweifel auf." Hierdurch riskiere die Bundesregierung einen rechtswidrig festgelegten Beitragssatz, was Klagen nach sich ziehen könne.
Eine Beratung des Gesetzentwurfs vor dem 19. Dezember kommt kaum in Frage, da die SPD vor Abschluss ihres Mitgliederentscheides zur Bildung einer großen Koalition keine Gesetzesbeschlüsse zu den Vorhaben mit der Union fassen will. Das Ergebnis des Mitgliederentscheides soll am 14. Dezember verkündet werden.