Wir haben hier verschiedene Angebote im Fahrzeug angefangen von einem City Guide. Ich bin auf Entdeckungsreise in einer fremden Stadt. Ich habe eine Entertainment-Rubrik. Ich will mich unterhalten lassen, will MP3s mir anhören, will Hörbücher mir anhören, will mir Videosequenzen vorspielen lasen oder auch Webradio nutzen. Ich kann hier Radiosender da noch empfangen, wo ich keinen terrestrischen Empfang habe, z.B. BBC-Radio in Berlin. Dann habe ich aber auch noch eine weiter Rubrik mit Informationen, wo ich verschiedene Web-Cams an verschiedenen Lokationen abrufen kann bzw. auch Observation Cams, wo ich schauen kann, ob zu Hause alles in Ordnung ist, und dann haben wir auch hier eine Office-Rubrik, die mir einen vollwertigen Arbeitsplatz im Auto bietet, angefangen von E-Mail, Web-Browsing bis hin zu einer serverzentrischen Textverarbeitung, wo man sich vorstellen kann, dass ich, wenn ich im Büro einen Brief angefangen habe, den mir nicht extra ins Auto schicken muss, sondern den Brief, den ich im Büro angefangen habe, kann ich im Auto fortsetzen, abschicke und somit meine Arbeit im Auto nahtlos fortsetzen kann.
Sich elektronische Briefe via UMTS ins Auto schicken lassen, die Texte bearbeiten und die Antwortbriefe auch wieder über das UMTS-Netz abzusetzen, das funktioniert erst seit wenigen Wochen. Und es funktioniert nur in den Metropolen. Denn nur die Großstädte in Deutschland sind in ausreichender Zahl mit sogenannten Basisstationen ausgestattet, die die Verbindung zum UMTS-Handy aufrechterhalten. Noch läuft der Daten- und Sprachdienst via UMTS nicht stabil. Dennoch haben Vodafone und T-Mobile das UMTS-Netz anlässlich der Computermesse CeBIT Mitte März in Hannover für offiziell eröffnet erklärt.
Doch das Universal Mobile Telecommunications System, kurz UMTS, wurde schon auf der CeBIT 2000, vor vier Jahren also, angekündigt. Die ganzen Hoffnungen der Telekommunikationsbranche ruhen seitdem auf UMTS.
UMTS sei eine Jobmaschine, lobte Bundeskanzler Schröder das neue System bei seinem Messerundgang auf der CeBIT 2000.
Die Computerbranche und die Telekommunikationsindustrie hörten das gern. Videoclips aufs Handy, UMTS-Konferenzen statt Geschäftsreisen, und alle Büroanwendungen immer in der Aktentasche zu haben – das sollte nicht nur für reißenden Ansatz der neuen Handies, sondern auch für viele Gesprächsminuten und kostspielige breitbandige Datenübertragungen sorgen. Einen richtigen Wachstumsschub für die gesamte deutsche Wirtschaft prophezeiten die Analysten und Marktbeobachter vor vier Jahren.
Die Multimediaindustrie mit ihren schönen bunten Bildern und klingelnden Tönen würde richtig viele Videos, Hörbücher fürs Handy und jede Menge eigens für UMTS entwickelte Internet-Seiten verkaufen. Und auch Dienstleiter in ganz anderen Branchen sollten davon profitieren. UMTS-Manager Frank Engmann vom Telekommunikations-Ausrüster Alcatel gibt ein Beispiel.
Wir haben zum Beispiel so ne Initiative mit Toto-Lotto Baden-Württemberg, um einfach Lotto aufs Handy zu bringen. Das erleichtert Ihnen einfach die Lotto-Schein-Abgabe. Sie tippen das ins Handy ein, schickens ab und zahlen per Mobilfunk-Rechnung und Sie müssen nicht mehr in so ´nen Lotto-Laden gehen, sich dort anstellen, nur um Ihren schein abzugeben, weil gerade mal ein paar Millionen mehr verlost werden.
Mit Systemen für die Fahrzeugsteuerung per UMTS sah sich die deutsche Automobilindustrie weltweit auf Platz 1. Interaktive Stadtführer für UMTS-Handies sollten millionenfach Touristen in die deutschen Städte bringen.
Die Betreiber von Mobilfunknetzen gerieten in ein richtiges Investitionsfieber. Am 31. Juli 2000 war es dann soweit: Klaus-Dieter Scheuerle, der damalige Präsident der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post konnte den Versteigerungshammer schwingen.
Ich bitte nun die Technik, die Bieter abzufragen, ob sie zum Bieten startklar sind. Ready for take off. Und ich sage: Hiermit ist die Versteigerung eröffnet.
Es folgte eine zweieinhalb-wöchige Bieterschlacht um die Funkfrequenzen für UMTS. 100 Milliarden DM, also knapp 50 Milliarden Euro, kamen damals am 18. August 2000 dank UMTS in die Bundeskasse. Billionenfach sollten sie auf die Konten der Mobilfunkanbieter zurückfließen, und zwar innerhalb weniger Jahre.
Denn Verbraucher und Geschäftkunden riefen laut nach den fabelhaften Möglichkeiten der schnellen mobilen Datenverbindungen mit UMTS. Schon zur CeBIT 2002 sollte das erste UMTS-Netz in Betrieb genommen werden. Doch daraus wurde nichts. Die Software für die superschnelle Datenübertragung funktionierte nicht, und der UMTS-Start wurde einfach um ein Jahr verschoben.
Und auch auf der CeBIT 2003 gab es nur einzelne kleine Pilot-Testnetze. Aber die hielten keinesfalls, was die UMTS-Anbieter vor einem Jahr versprochen hatten. Datenkommunikationsexperte Jörg Hermstedt von der Hermstedt AG in Mannheim prüfte die ersten UMTS-Installationen und warnte.
Zum Thema Datenraten wundert mich eigentlich, dass man immer noch davon ausgeht, dass UMTS dem Anwender zwei Megabit zur Verfügung stellt. Das können wir vergessen. Wir können froh sein, wirklich froh sein, wenn wir im ersten Schritt 48 Kilobit sehen und im nächsten Schritt dann über die 100 Kilobit kommen. Wir haben mit Testgeräte-Herstellern gesprochen. Und das sind die, die ziemlich weit vorn sind, denn die müssen ja die Testplattformen für die Geräte bauen. Die haben alle abgewunken und gesagt, wir werden 384 Kilobit oder solche Durchsatzraten erst sehr sehr spät sehen.
Die Hersteller führten andere Software für die Datenübertragung ein, die zwar fünfmal langsamer als der ursprünglich geplante UMTS-Standard ist, aber den Vorteil hat, dass sie innerhalb der UMTS-Funkzellen für recht stabile Verbindungen sorgt, während ihre Vorgängerin ständig abstürzte.
Wann haben Sie zum letzten Mal Ihr Handy heruntergefahren und neu gestartet? Wann erschien auf Ihrem Fernsehbildschirm die Meldung: Das Video wird wegen eines schwerwiegenden Fehlers abgebrochen? Was man den Computern immer noch wohl oder übel nachsieht, das will man beim Telefonieren und bei der mobilen Videokonferenz aber nicht hinnehmen. Wenn man den Telefonhörer abhebt, erwartet man das Freizeichen und keine Fehlermeldung. Ein Dilemma, das Manfred Breul, Referent für Telekommunikationstechnologien beim Branchenverband Bitkom auch ausmacht:
Wir haben heute eben wirklich hervorragende GSM-Netze. Der Kunde hat eine gewisse Erfahrung mit der GSM-Versorgung, mit der Qualität der Gespräche. Er akzeptiert eigentlich keine Verbindungsabbrüche, außer vielleicht mal im ICE-Tunnel. Aber ansonsten erwartet er eigentlich, dass er sein Handy einschaltet und sofort telefonieren kann. Die Herausforderung beim UMTS ist halt, dem Kunden auch weiterhin ein genauso hohes Service-Gefühl zu vermitteln.
Genau da aber gibt es bei UMTS, bei der Mobilfunktechnologie der dritten Generation, noch erhebliche Defizite. Die Übergabe zwischen den einzelnen Funkzellen haben die Netzplaner nach erheblichen Anlaufschwierigkeiten einigermaßen in den Griff bekommen. Erhebliche Probleme bereitet aber zwischen den verschiedenen Mobilfunknetzen der Wechsel. Der UMTS-Nutzer ist nämlich darauf angewiesen, das Mobilfunknetz der zweiten Generation als Ausgleichsmöglichkeit überall dort nutzen zu können, wo keine UMTS-Basisstationen stehen. Und das ist politisch so gewollt.
Denn UMTS muss gemäß den Vorgaben des Lizenzgebers, der Bundesregierung, nicht flächendeckend verfügbar sein. Die Lizenzbedingungen sehen lediglich vor, dass zum Netzstart 25 Prozent der Bevölkerung mit UMTS versorgt sein müssen. Alcatel-Manager Frank Engmann.
Wir werden natürlich das UMTS-Netz am Anfang nur als Insellösung aufbauen. Und Sie wissen das selbst, die T-Mobil und die Vodafone, die jetzt da am aktivsten sind an dieser Stelle, die bauen ihre Netze hauptsächlich in den großen Städten auf. Also 25 Prozent der Bevölkerung, das ist nicht gleich zu setzen mit Landfläche.
In der Theorie hört sich das gut an. Wo keine Netzabdeckung durch den UMTS-Dienst mehr gewährleistet ist, wird einfach auf den langsameren Datendienst GPRS innerhalb des bestehenden Mobilfunknetzes umgeschaltet, mit dem auch die heutigen Mobilfunkgeräte schon betrieben werden. Die Basisstationen, also die Sende- und Empfangsanlagen, sind in naher Zukunft sowohl mit einer Antenne für den UMTS-Dienst, als auch mit einer für das GSM-Netz ausgerüstet. Ebenso haben die Handies Anschluss an das alte wie neue Mobilfunknetz. Alle Dienste wie Telefonieren, Electronic Mail, Videos anschauen oder der Zugriff auf die Dateien des Firmenservers sollen so erhalten bleiben und beim Umschalten auf das alte GSM-Netz lediglich etwas langsamer funktionieren.
Dual Mode nennen die Mobilfunkanbieter dieses Verfahren, und sie haben sich jahrelang herumgestritten, ehe sie sich darauf einigen konnten. In der technischen Beschreibung, auf dem Papier, hört sich das dann so an, wie Frank Engmann von Alcatel es schildert.
Das Mobil merkt, wenn der Pegel Richtung UMTS schlechter wird, dann wird sie automatisch die Nachricht bekommen, dass sie die umliegenden GSM-Zellen messen soll, ob GSM-Zellen vorhanden sind. Und das Netz wird dann aufgrund der Messergebnisse des Mobiles den Befehl geben, in eine bestimmte Zelle von GSM zu gehen. Es wird grundsätzlich so sein, dass es so genannte Dual Mode Geräte gibt, d.h. die haben sowohl eine Unterstützung für UMTS wie für GSM. Und es wird Karten geben, SIM-Karten, die für UMTS und GSM zugelassen sind, d.h. da besteht überhaupt kein Problem.
Tatsächlich kann man mit meinem UMTS-Terminal dann im GSM-Netz weiterhin telefonieren. Der Benutzer muss nicht einmal die Karte wechseln. Doch schon bei der Datenübertragung bereitet das Umschalten auf den GPRS, auf General Packet Radio Service, also die Datenerweiterung des GSM-Netzes, Probleme. Reicht die Empfangskapazität im UMTS-Netz nämlich nicht mehr aus, reißt der Datenstrom einfach ab und die Übertragungsprogramme beenden ihre Übertragung. Hat das Handy dann die Verbindung im GSM-Netz wieder aufgebaut, muss der Übertragungsvorgang – Sisyphus lässt grüßen – in der Regel ganz neu gestartet werden. Eine wirklich durchgängige Lösung fehlt bisher weitgehend. Auch die Möglichkeiten, die das mobile Büro im Auto bieten soll, die sind mittels GSM-Netz nicht zu realisieren.
Während bei UMTS Schwierigkeit für Schwierigkeit behoben werden muss, etabliert sich gleichzeitig auf Flughäfen, an Bahnhöfen und in Stadtzentren eine Konkurrenztechnik, die bereits funktioniert.
Wireless LAN, kurz W-LAN heißt der drahtlose Funkzugang zum Internet. So genannte Hotspots, Versorgungspunkte mit der W-LAN-Technik schießen wie Pilze aus dem Boden deutscher Großstädte. Jedes bessere Hotel, dass etwas auf sich hält, bietet W-LAN an. Zahlreiche Cafés und Warenhäuser sind bereits auf den Hotspot-Boom eingegangen.
Denn bei W-LAN ist alles ganz anders als bei UMTS und vor allem billiger. Lizenzgebühren für die Frequenzen zum Beispiel wurden nie erhoben, obwohl die zuständige Regulierungsbehörde, zwei Jahre lang darüber gebrütet hat, aus der sich abzeichnenden W-LAN-Welle Kapital zu schlagen. Doch nach dem Zusammenbruch des Internet-Hypes war das Thema zu heiß.
So kann heute jeder, der will, einen W-LAN-Hotspot errichten und den drahtlosen Internetzugang darüber anbieten. Mit einem Zusatzadapter für knapp 30 Euro, wenn er nicht schon im Notbook bereits integriert ist, kann jeder Gast mit Hochgeschwindigkeit surfen. Denn W-LAN kommt tatsächlich auf Geschwindigkeiten bis zu zwei Megabit pro Sekunde und mehr – Werte, die bei UMTS nur in der Theorie vorkommen. Auch Manfred Breul, der Telekommunikationsexperte des Branchenverbandes Bitkom hat für Wireless LAN etwas übrig:
Ich selbst nutze in Hotels oder an Flughäfen gerne auch ein W-LAN. Meine Erfahrungen sind aber doch recht unterschiedlich, weil Sie müssen halt relativ viel Aufwand betreiben, um sich jeweils einzuwählen in die einzelnen Netze. Sie haben völlig verschiedene Abrechnungsverfahren, müssen sich bei unterschiedlichen Anbietern anmelden. Und in der Regel die Konfiguration ihres Rechners leicht anpassen. Ich krieg das hin. Ich sehe mich eben als Halb-Notebook-Experten. Aber ein Normal-Nutzer wird damit erhebliche Schwierigkeiten haben.
Das sehen viele kleine lokale Telekommunikationsfirmen und Anbieter ganz anders. Sie halten W-LAN für eine etablierte Technik und bauen ihre Anlagen auf. Die Investitionskosten beispielsweise für ein Szene-Café oder dem Wartesaal am Bahnhof belaufen sich auf nur wenige tausend Euro. Handelsübliche Technik kommt zum Einsatz, die einen unschlagbaren Vorteil hat: Sie funktioniert. Selbstverständlich sind auch Vodaphone oder T-Mobile auf den W-LAN aufgesprungen.
Klar, dass sich beispielsweise die Telekom das Geschäft nicht entgehen lässt. Während die Netzwerkbranche, die die Ausstattung für W-LAN liefert, UMTS für sinnlos erklärt, versucht Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke sich selbst und die Kunden zu beruhigen:
Wireless LAN ist eine integrierte, an bestimmten Hotspots sicherlich sinnvolle, Zusatztechnologie, wo ich sage, die heißt dann – aus Kundensicht – T-Mobile Hotspot. Und er weiß dann automatisch, hier habe ich noch größere Breitbandigkeit, noch ein schnelleres Netz, als das vielleicht um die Ecke ist, wo er nur – in Anführungszeichen – UMTS hat.
Was bleibt den Unternehmen, die so viel Geld investiert haben auch anderes übrig, als weiterhin Optimismus auszustrahlen und fest an den Nutzen der neuen Mobilfunk-Technologie zu glauben? Auch Vodaphone-Deutschland-Chef Jürgen von Kuczkowski macht sich selbst Mut. Kurz vor der diesjährigen Computermesse CeBIT startete Vodaphone als erstes Unternehmen den UMTS-Regeldienst. Zwar sind die UMTS-Handies noch nicht so weit. Denn:
Die Geräte benötigen immer noch zu viel Energie und die Akkus sind schnell leer. An eine Betriebs-Dauer von mehren Tagen wie bei herkömmlichen Handies ist noch nicht zu denken.
Doch mit den Datendiensten glaubt Vodaphone an die Kunden gehen zu können. Geschäftsführer Jürgen von Kuczkowski:
Wir haben in über zwei Hundert Städten eine sehr gute Netzversorgung. Mit der UMTS-Mobile-Connect-Card arbeiten sie unterwegs wie im Büro oder zu Hause.
Klar ist: Die Unternehmen wollten nicht mehr länger warten mit der Markteinführung von UMTS-Produkten. Zum einen fürchtet UMTS eine publizistische Katastrophe. Für Journalisten sowohl der Publikums- als auch der Fachpresse gibt die Technologie nämlich bald genügend Stoff für eine Negativ-Story wie das Maut-Desaster. Zum anderen versucht die Industrie die vier Buchstaben U M T S aus dem Verkehr zu ziehen und redet lieber schwammig von "Drei G" für dritte Generation. Auch Kai-Uwe Ricke von der Telekom will UMTS eigentlich nichts mehr hören:
Weil UMTS für eine Technologie steht. Aus Kundensicht aber nur eines entscheidet: Dass das bestehende Mobilfunknetz die Möglichkeit bietet – und da interessiert es ihn nicht, ob das GSM, GPRS, UMTS oder sonst was heißt – ihm Services, die er aus der Festnetz-Welt schon längst gewöhnt ist, auch verfügbar zu machen. Also heißt, den Service in den Vordergrund zu stellen, und nicht die Technologie.
Doch viel größer als das Vermittlungsproblem sind die Finanznöte: Denn die Kredite für den Netzaufbau und natürlich vor allem für die Lizenzen lasten so stark auf den Bilanzen der Unternehmen, dass bald Geld fließen muss. Deshalb hält Manfred Breul vom Branchenverband Bitkom jetzt auch die Zeit gekommen, um UMTS aktiv zu vermarkten. Für ihn sind die technischen Probleme Schnee von gestern:
Kann man eigentlich nicht sagen, dass es jetzt noch große Probleme gibt, sondern das war eben die Herausforderung in den letzten zwei, drei Jahren, seit dem Abschluss der ersten Standardisierungsphase für UMTS, eben jetzt auch die Standards in funktionierende Technik, insbesondere eben auch das nahtlose Roaming zu GSM / GPRS umzusetzen. Und da – denke ich – sind die Lösungen inzwischen auch marktfähig.
Für den Verbandsstrategen kommt es jetzt drauf an, die Technologie zu verkaufen und die vielen Milliarden wieder einzuspielen. Das Potential dafür hält er für ausreichend – trotz Konsumzurückhaltung bei den Verbrauchern und Sparzwang bei den Unternehmen.
Also, ich bin völlig davon überzeugt, dass es möglich ist A) dieses Geld zu verdienen. Das, wo man halt Abstriche machen muss, ist an dem Punkt, wo man halt mal sehr kurzfristige Ziele propagiert hat, wann denn die Investition amortisiert sein wird. Wobei auch da – glaube ich – einige Angaben sehr blauäugig waren. Ganz klar ist eine Investition in eine Infrastruktur und eben nicht nur in die Lizenzkosten sondern auch in den Aufbau und den Betrieb, ist immer eine langfristige Investition. Sie bauen eine Autobahn auch nicht, damit sie sich in zwei Jahren amortisiert oder einen Autobahntunnel.
Zwar meint auch Breul, es wäre wohl besser gewesen, der Staat hätte bei den Lizenzen nicht so sehr die Hand aufgehalten. Dann nämlich hätten die Netzbetreiber mehr Geld in die Technologie stecken können, um sie schneller und erfolgreicher ans Laufen zu bringen.
Doch auch das ist für Breul Schnee von gestern, dem Geld will er keine Träne mehr nach weinen. Auch wenn er in diesem Zusammenhang auf Klagen in Sachen Umsatzsteuer in Österreich hinweist. Dort haben sechs Lizenznehmer den Staat verklagt, weil der in seiner Rechnung für die Lizenzen keine Umsatzsteuer ausgewiesen hat.
Der österreichische Staat ist genauso wie die deutsche Bundesregierung der Meinung, die Lizenzvergabe sei eine hoheitliche Aufgabe und damit von der Umsatzsteuer befreit. Die Netzbetreiber argumentieren, der Staat habe sich unternehmerisch betätigt und müsse deshalb Umsatzsteuer ausweisen. Der Streit um die Lizenzen der Alpenrepublik sind jetzt erst ein mal vor dem Europäischen Gerichtshof gelandet.
In der Beziehung können die Unternehmen hierzulande beruhigt abwarten, wie das Gericht entscheidet und danach eventuell auch den deutschen Staat verklagen. Bis dahin aber muss UMTS längst funktionieren. Telekomexperte und Branchenlobbyist Breul jedenfalls verkündet auch für die noch ausstehenden UMTS-Handies Optimismus. Denn zur nächsten CeBIT im Frühjahr 2005 will er gerne sein eigenes UMTS-Telefon mit nach Hannover nehmen:
Ich wäre schon gerne auf dieser CeBIT mit einem UMTS-Telefon rumgelaufen. Ich weiß nicht, ob ich bis dahin von meinem Arbeitgeber ein UMTS-Handy habe. Ich würde es gerne tun, ja, und bin sicher, dass die Netze bis dahin auf der CeBIT in jedem Fall zur Verfügung stehen, was ja heute von einzelnen Anbietern auch schon der Fall ist.
Sich elektronische Briefe via UMTS ins Auto schicken lassen, die Texte bearbeiten und die Antwortbriefe auch wieder über das UMTS-Netz abzusetzen, das funktioniert erst seit wenigen Wochen. Und es funktioniert nur in den Metropolen. Denn nur die Großstädte in Deutschland sind in ausreichender Zahl mit sogenannten Basisstationen ausgestattet, die die Verbindung zum UMTS-Handy aufrechterhalten. Noch läuft der Daten- und Sprachdienst via UMTS nicht stabil. Dennoch haben Vodafone und T-Mobile das UMTS-Netz anlässlich der Computermesse CeBIT Mitte März in Hannover für offiziell eröffnet erklärt.
Doch das Universal Mobile Telecommunications System, kurz UMTS, wurde schon auf der CeBIT 2000, vor vier Jahren also, angekündigt. Die ganzen Hoffnungen der Telekommunikationsbranche ruhen seitdem auf UMTS.
UMTS sei eine Jobmaschine, lobte Bundeskanzler Schröder das neue System bei seinem Messerundgang auf der CeBIT 2000.
Die Computerbranche und die Telekommunikationsindustrie hörten das gern. Videoclips aufs Handy, UMTS-Konferenzen statt Geschäftsreisen, und alle Büroanwendungen immer in der Aktentasche zu haben – das sollte nicht nur für reißenden Ansatz der neuen Handies, sondern auch für viele Gesprächsminuten und kostspielige breitbandige Datenübertragungen sorgen. Einen richtigen Wachstumsschub für die gesamte deutsche Wirtschaft prophezeiten die Analysten und Marktbeobachter vor vier Jahren.
Die Multimediaindustrie mit ihren schönen bunten Bildern und klingelnden Tönen würde richtig viele Videos, Hörbücher fürs Handy und jede Menge eigens für UMTS entwickelte Internet-Seiten verkaufen. Und auch Dienstleiter in ganz anderen Branchen sollten davon profitieren. UMTS-Manager Frank Engmann vom Telekommunikations-Ausrüster Alcatel gibt ein Beispiel.
Wir haben zum Beispiel so ne Initiative mit Toto-Lotto Baden-Württemberg, um einfach Lotto aufs Handy zu bringen. Das erleichtert Ihnen einfach die Lotto-Schein-Abgabe. Sie tippen das ins Handy ein, schickens ab und zahlen per Mobilfunk-Rechnung und Sie müssen nicht mehr in so ´nen Lotto-Laden gehen, sich dort anstellen, nur um Ihren schein abzugeben, weil gerade mal ein paar Millionen mehr verlost werden.
Mit Systemen für die Fahrzeugsteuerung per UMTS sah sich die deutsche Automobilindustrie weltweit auf Platz 1. Interaktive Stadtführer für UMTS-Handies sollten millionenfach Touristen in die deutschen Städte bringen.
Die Betreiber von Mobilfunknetzen gerieten in ein richtiges Investitionsfieber. Am 31. Juli 2000 war es dann soweit: Klaus-Dieter Scheuerle, der damalige Präsident der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post konnte den Versteigerungshammer schwingen.
Ich bitte nun die Technik, die Bieter abzufragen, ob sie zum Bieten startklar sind. Ready for take off. Und ich sage: Hiermit ist die Versteigerung eröffnet.
Es folgte eine zweieinhalb-wöchige Bieterschlacht um die Funkfrequenzen für UMTS. 100 Milliarden DM, also knapp 50 Milliarden Euro, kamen damals am 18. August 2000 dank UMTS in die Bundeskasse. Billionenfach sollten sie auf die Konten der Mobilfunkanbieter zurückfließen, und zwar innerhalb weniger Jahre.
Denn Verbraucher und Geschäftkunden riefen laut nach den fabelhaften Möglichkeiten der schnellen mobilen Datenverbindungen mit UMTS. Schon zur CeBIT 2002 sollte das erste UMTS-Netz in Betrieb genommen werden. Doch daraus wurde nichts. Die Software für die superschnelle Datenübertragung funktionierte nicht, und der UMTS-Start wurde einfach um ein Jahr verschoben.
Und auch auf der CeBIT 2003 gab es nur einzelne kleine Pilot-Testnetze. Aber die hielten keinesfalls, was die UMTS-Anbieter vor einem Jahr versprochen hatten. Datenkommunikationsexperte Jörg Hermstedt von der Hermstedt AG in Mannheim prüfte die ersten UMTS-Installationen und warnte.
Zum Thema Datenraten wundert mich eigentlich, dass man immer noch davon ausgeht, dass UMTS dem Anwender zwei Megabit zur Verfügung stellt. Das können wir vergessen. Wir können froh sein, wirklich froh sein, wenn wir im ersten Schritt 48 Kilobit sehen und im nächsten Schritt dann über die 100 Kilobit kommen. Wir haben mit Testgeräte-Herstellern gesprochen. Und das sind die, die ziemlich weit vorn sind, denn die müssen ja die Testplattformen für die Geräte bauen. Die haben alle abgewunken und gesagt, wir werden 384 Kilobit oder solche Durchsatzraten erst sehr sehr spät sehen.
Die Hersteller führten andere Software für die Datenübertragung ein, die zwar fünfmal langsamer als der ursprünglich geplante UMTS-Standard ist, aber den Vorteil hat, dass sie innerhalb der UMTS-Funkzellen für recht stabile Verbindungen sorgt, während ihre Vorgängerin ständig abstürzte.
Wann haben Sie zum letzten Mal Ihr Handy heruntergefahren und neu gestartet? Wann erschien auf Ihrem Fernsehbildschirm die Meldung: Das Video wird wegen eines schwerwiegenden Fehlers abgebrochen? Was man den Computern immer noch wohl oder übel nachsieht, das will man beim Telefonieren und bei der mobilen Videokonferenz aber nicht hinnehmen. Wenn man den Telefonhörer abhebt, erwartet man das Freizeichen und keine Fehlermeldung. Ein Dilemma, das Manfred Breul, Referent für Telekommunikationstechnologien beim Branchenverband Bitkom auch ausmacht:
Wir haben heute eben wirklich hervorragende GSM-Netze. Der Kunde hat eine gewisse Erfahrung mit der GSM-Versorgung, mit der Qualität der Gespräche. Er akzeptiert eigentlich keine Verbindungsabbrüche, außer vielleicht mal im ICE-Tunnel. Aber ansonsten erwartet er eigentlich, dass er sein Handy einschaltet und sofort telefonieren kann. Die Herausforderung beim UMTS ist halt, dem Kunden auch weiterhin ein genauso hohes Service-Gefühl zu vermitteln.
Genau da aber gibt es bei UMTS, bei der Mobilfunktechnologie der dritten Generation, noch erhebliche Defizite. Die Übergabe zwischen den einzelnen Funkzellen haben die Netzplaner nach erheblichen Anlaufschwierigkeiten einigermaßen in den Griff bekommen. Erhebliche Probleme bereitet aber zwischen den verschiedenen Mobilfunknetzen der Wechsel. Der UMTS-Nutzer ist nämlich darauf angewiesen, das Mobilfunknetz der zweiten Generation als Ausgleichsmöglichkeit überall dort nutzen zu können, wo keine UMTS-Basisstationen stehen. Und das ist politisch so gewollt.
Denn UMTS muss gemäß den Vorgaben des Lizenzgebers, der Bundesregierung, nicht flächendeckend verfügbar sein. Die Lizenzbedingungen sehen lediglich vor, dass zum Netzstart 25 Prozent der Bevölkerung mit UMTS versorgt sein müssen. Alcatel-Manager Frank Engmann.
Wir werden natürlich das UMTS-Netz am Anfang nur als Insellösung aufbauen. Und Sie wissen das selbst, die T-Mobil und die Vodafone, die jetzt da am aktivsten sind an dieser Stelle, die bauen ihre Netze hauptsächlich in den großen Städten auf. Also 25 Prozent der Bevölkerung, das ist nicht gleich zu setzen mit Landfläche.
In der Theorie hört sich das gut an. Wo keine Netzabdeckung durch den UMTS-Dienst mehr gewährleistet ist, wird einfach auf den langsameren Datendienst GPRS innerhalb des bestehenden Mobilfunknetzes umgeschaltet, mit dem auch die heutigen Mobilfunkgeräte schon betrieben werden. Die Basisstationen, also die Sende- und Empfangsanlagen, sind in naher Zukunft sowohl mit einer Antenne für den UMTS-Dienst, als auch mit einer für das GSM-Netz ausgerüstet. Ebenso haben die Handies Anschluss an das alte wie neue Mobilfunknetz. Alle Dienste wie Telefonieren, Electronic Mail, Videos anschauen oder der Zugriff auf die Dateien des Firmenservers sollen so erhalten bleiben und beim Umschalten auf das alte GSM-Netz lediglich etwas langsamer funktionieren.
Dual Mode nennen die Mobilfunkanbieter dieses Verfahren, und sie haben sich jahrelang herumgestritten, ehe sie sich darauf einigen konnten. In der technischen Beschreibung, auf dem Papier, hört sich das dann so an, wie Frank Engmann von Alcatel es schildert.
Das Mobil merkt, wenn der Pegel Richtung UMTS schlechter wird, dann wird sie automatisch die Nachricht bekommen, dass sie die umliegenden GSM-Zellen messen soll, ob GSM-Zellen vorhanden sind. Und das Netz wird dann aufgrund der Messergebnisse des Mobiles den Befehl geben, in eine bestimmte Zelle von GSM zu gehen. Es wird grundsätzlich so sein, dass es so genannte Dual Mode Geräte gibt, d.h. die haben sowohl eine Unterstützung für UMTS wie für GSM. Und es wird Karten geben, SIM-Karten, die für UMTS und GSM zugelassen sind, d.h. da besteht überhaupt kein Problem.
Tatsächlich kann man mit meinem UMTS-Terminal dann im GSM-Netz weiterhin telefonieren. Der Benutzer muss nicht einmal die Karte wechseln. Doch schon bei der Datenübertragung bereitet das Umschalten auf den GPRS, auf General Packet Radio Service, also die Datenerweiterung des GSM-Netzes, Probleme. Reicht die Empfangskapazität im UMTS-Netz nämlich nicht mehr aus, reißt der Datenstrom einfach ab und die Übertragungsprogramme beenden ihre Übertragung. Hat das Handy dann die Verbindung im GSM-Netz wieder aufgebaut, muss der Übertragungsvorgang – Sisyphus lässt grüßen – in der Regel ganz neu gestartet werden. Eine wirklich durchgängige Lösung fehlt bisher weitgehend. Auch die Möglichkeiten, die das mobile Büro im Auto bieten soll, die sind mittels GSM-Netz nicht zu realisieren.
Während bei UMTS Schwierigkeit für Schwierigkeit behoben werden muss, etabliert sich gleichzeitig auf Flughäfen, an Bahnhöfen und in Stadtzentren eine Konkurrenztechnik, die bereits funktioniert.
Wireless LAN, kurz W-LAN heißt der drahtlose Funkzugang zum Internet. So genannte Hotspots, Versorgungspunkte mit der W-LAN-Technik schießen wie Pilze aus dem Boden deutscher Großstädte. Jedes bessere Hotel, dass etwas auf sich hält, bietet W-LAN an. Zahlreiche Cafés und Warenhäuser sind bereits auf den Hotspot-Boom eingegangen.
Denn bei W-LAN ist alles ganz anders als bei UMTS und vor allem billiger. Lizenzgebühren für die Frequenzen zum Beispiel wurden nie erhoben, obwohl die zuständige Regulierungsbehörde, zwei Jahre lang darüber gebrütet hat, aus der sich abzeichnenden W-LAN-Welle Kapital zu schlagen. Doch nach dem Zusammenbruch des Internet-Hypes war das Thema zu heiß.
So kann heute jeder, der will, einen W-LAN-Hotspot errichten und den drahtlosen Internetzugang darüber anbieten. Mit einem Zusatzadapter für knapp 30 Euro, wenn er nicht schon im Notbook bereits integriert ist, kann jeder Gast mit Hochgeschwindigkeit surfen. Denn W-LAN kommt tatsächlich auf Geschwindigkeiten bis zu zwei Megabit pro Sekunde und mehr – Werte, die bei UMTS nur in der Theorie vorkommen. Auch Manfred Breul, der Telekommunikationsexperte des Branchenverbandes Bitkom hat für Wireless LAN etwas übrig:
Ich selbst nutze in Hotels oder an Flughäfen gerne auch ein W-LAN. Meine Erfahrungen sind aber doch recht unterschiedlich, weil Sie müssen halt relativ viel Aufwand betreiben, um sich jeweils einzuwählen in die einzelnen Netze. Sie haben völlig verschiedene Abrechnungsverfahren, müssen sich bei unterschiedlichen Anbietern anmelden. Und in der Regel die Konfiguration ihres Rechners leicht anpassen. Ich krieg das hin. Ich sehe mich eben als Halb-Notebook-Experten. Aber ein Normal-Nutzer wird damit erhebliche Schwierigkeiten haben.
Das sehen viele kleine lokale Telekommunikationsfirmen und Anbieter ganz anders. Sie halten W-LAN für eine etablierte Technik und bauen ihre Anlagen auf. Die Investitionskosten beispielsweise für ein Szene-Café oder dem Wartesaal am Bahnhof belaufen sich auf nur wenige tausend Euro. Handelsübliche Technik kommt zum Einsatz, die einen unschlagbaren Vorteil hat: Sie funktioniert. Selbstverständlich sind auch Vodaphone oder T-Mobile auf den W-LAN aufgesprungen.
Klar, dass sich beispielsweise die Telekom das Geschäft nicht entgehen lässt. Während die Netzwerkbranche, die die Ausstattung für W-LAN liefert, UMTS für sinnlos erklärt, versucht Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke sich selbst und die Kunden zu beruhigen:
Wireless LAN ist eine integrierte, an bestimmten Hotspots sicherlich sinnvolle, Zusatztechnologie, wo ich sage, die heißt dann – aus Kundensicht – T-Mobile Hotspot. Und er weiß dann automatisch, hier habe ich noch größere Breitbandigkeit, noch ein schnelleres Netz, als das vielleicht um die Ecke ist, wo er nur – in Anführungszeichen – UMTS hat.
Was bleibt den Unternehmen, die so viel Geld investiert haben auch anderes übrig, als weiterhin Optimismus auszustrahlen und fest an den Nutzen der neuen Mobilfunk-Technologie zu glauben? Auch Vodaphone-Deutschland-Chef Jürgen von Kuczkowski macht sich selbst Mut. Kurz vor der diesjährigen Computermesse CeBIT startete Vodaphone als erstes Unternehmen den UMTS-Regeldienst. Zwar sind die UMTS-Handies noch nicht so weit. Denn:
Die Geräte benötigen immer noch zu viel Energie und die Akkus sind schnell leer. An eine Betriebs-Dauer von mehren Tagen wie bei herkömmlichen Handies ist noch nicht zu denken.
Doch mit den Datendiensten glaubt Vodaphone an die Kunden gehen zu können. Geschäftsführer Jürgen von Kuczkowski:
Wir haben in über zwei Hundert Städten eine sehr gute Netzversorgung. Mit der UMTS-Mobile-Connect-Card arbeiten sie unterwegs wie im Büro oder zu Hause.
Klar ist: Die Unternehmen wollten nicht mehr länger warten mit der Markteinführung von UMTS-Produkten. Zum einen fürchtet UMTS eine publizistische Katastrophe. Für Journalisten sowohl der Publikums- als auch der Fachpresse gibt die Technologie nämlich bald genügend Stoff für eine Negativ-Story wie das Maut-Desaster. Zum anderen versucht die Industrie die vier Buchstaben U M T S aus dem Verkehr zu ziehen und redet lieber schwammig von "Drei G" für dritte Generation. Auch Kai-Uwe Ricke von der Telekom will UMTS eigentlich nichts mehr hören:
Weil UMTS für eine Technologie steht. Aus Kundensicht aber nur eines entscheidet: Dass das bestehende Mobilfunknetz die Möglichkeit bietet – und da interessiert es ihn nicht, ob das GSM, GPRS, UMTS oder sonst was heißt – ihm Services, die er aus der Festnetz-Welt schon längst gewöhnt ist, auch verfügbar zu machen. Also heißt, den Service in den Vordergrund zu stellen, und nicht die Technologie.
Doch viel größer als das Vermittlungsproblem sind die Finanznöte: Denn die Kredite für den Netzaufbau und natürlich vor allem für die Lizenzen lasten so stark auf den Bilanzen der Unternehmen, dass bald Geld fließen muss. Deshalb hält Manfred Breul vom Branchenverband Bitkom jetzt auch die Zeit gekommen, um UMTS aktiv zu vermarkten. Für ihn sind die technischen Probleme Schnee von gestern:
Kann man eigentlich nicht sagen, dass es jetzt noch große Probleme gibt, sondern das war eben die Herausforderung in den letzten zwei, drei Jahren, seit dem Abschluss der ersten Standardisierungsphase für UMTS, eben jetzt auch die Standards in funktionierende Technik, insbesondere eben auch das nahtlose Roaming zu GSM / GPRS umzusetzen. Und da – denke ich – sind die Lösungen inzwischen auch marktfähig.
Für den Verbandsstrategen kommt es jetzt drauf an, die Technologie zu verkaufen und die vielen Milliarden wieder einzuspielen. Das Potential dafür hält er für ausreichend – trotz Konsumzurückhaltung bei den Verbrauchern und Sparzwang bei den Unternehmen.
Also, ich bin völlig davon überzeugt, dass es möglich ist A) dieses Geld zu verdienen. Das, wo man halt Abstriche machen muss, ist an dem Punkt, wo man halt mal sehr kurzfristige Ziele propagiert hat, wann denn die Investition amortisiert sein wird. Wobei auch da – glaube ich – einige Angaben sehr blauäugig waren. Ganz klar ist eine Investition in eine Infrastruktur und eben nicht nur in die Lizenzkosten sondern auch in den Aufbau und den Betrieb, ist immer eine langfristige Investition. Sie bauen eine Autobahn auch nicht, damit sie sich in zwei Jahren amortisiert oder einen Autobahntunnel.
Zwar meint auch Breul, es wäre wohl besser gewesen, der Staat hätte bei den Lizenzen nicht so sehr die Hand aufgehalten. Dann nämlich hätten die Netzbetreiber mehr Geld in die Technologie stecken können, um sie schneller und erfolgreicher ans Laufen zu bringen.
Doch auch das ist für Breul Schnee von gestern, dem Geld will er keine Träne mehr nach weinen. Auch wenn er in diesem Zusammenhang auf Klagen in Sachen Umsatzsteuer in Österreich hinweist. Dort haben sechs Lizenznehmer den Staat verklagt, weil der in seiner Rechnung für die Lizenzen keine Umsatzsteuer ausgewiesen hat.
Der österreichische Staat ist genauso wie die deutsche Bundesregierung der Meinung, die Lizenzvergabe sei eine hoheitliche Aufgabe und damit von der Umsatzsteuer befreit. Die Netzbetreiber argumentieren, der Staat habe sich unternehmerisch betätigt und müsse deshalb Umsatzsteuer ausweisen. Der Streit um die Lizenzen der Alpenrepublik sind jetzt erst ein mal vor dem Europäischen Gerichtshof gelandet.
In der Beziehung können die Unternehmen hierzulande beruhigt abwarten, wie das Gericht entscheidet und danach eventuell auch den deutschen Staat verklagen. Bis dahin aber muss UMTS längst funktionieren. Telekomexperte und Branchenlobbyist Breul jedenfalls verkündet auch für die noch ausstehenden UMTS-Handies Optimismus. Denn zur nächsten CeBIT im Frühjahr 2005 will er gerne sein eigenes UMTS-Telefon mit nach Hannover nehmen:
Ich wäre schon gerne auf dieser CeBIT mit einem UMTS-Telefon rumgelaufen. Ich weiß nicht, ob ich bis dahin von meinem Arbeitgeber ein UMTS-Handy habe. Ich würde es gerne tun, ja, und bin sicher, dass die Netze bis dahin auf der CeBIT in jedem Fall zur Verfügung stehen, was ja heute von einzelnen Anbietern auch schon der Fall ist.