"Friedrich II. muss man sich sicher als einen ganz ungewöhnlich interessierten Menschen seiner Zeit ansehen. So dass man, neben all seinen philosophischen und theologischen Interessen sagen muss, man könnte ihn als Begründer der Naturwissenschaften bezeichnen."
Der deutsche Mediävist Stefan Weinfurter hat sich auf den Stauferkaiser spezialisiert. Für ihn ist Friedrich II. ein mittelalterliches Genie: Offen auch nichtchristlichen Kulturen gegenüber und mit einem Hofstaat, an dem muslimisch-arabische und jüdische Wissenschaftler lebten und lehrten. Seine Anhänger nannten ihn "Stupor Mundi", das Staunen der Welt. Ein Herrscher, der seine Zeit in Staunen versetzte.
Ein großer Sohn einer kleinen Stadt
Das weiß man auch in der kleinen mittelitalienischen Ortschaft Jesi. Hier in den Hügeln der mittelitalienischen Region Marken erblickte er am 26. Dezember 1194 das Licht der Welt - in einem Zelt auf einem der Plätze von Jesi. Er war der Enkel Kaiser Friedrich Barbarossas und Sohn von Kaiser Heinrich VI. sowie der Italienerin Costanza d'Altavilla. Auch wenn der berühmte Stauferkaiser die meiste Zeit seines bewegten Lebens in Italien verbrachte, vor allem in Sizilien, von wo aus er das römisch-deutsche Reich regierte, spielte sein Geburtsort Jesi in seinem Leben keine weitere Rolle mehr. Doch die Stadtväter von Jesi wollten ihren großen Sohn nicht nur mit einer Gedenktafel würdigen.
Jetzt gibt es auch ein eigenes Friedrich-Museum. Das erste Museum für den Stauferkaiser in Italien. Endlich ein Museum für diesen Herrscher, meint Alessandro Barbero, italienischer Mittelalterexperte und Kurator des neuen Museums:
"Er hatte arabische Wissenschaftler an seinem Hof, die, wenn es Zeit dafür war, ihren Gebetsteppich ausrollten, auch in Anwesenheit des christlichen Kaisers, und gen Mekka beteten. Das war damals ein Riesenskandal."
Museumsdidaktische Tugend
Die Region Marken, die Stadt Jesi und eine Stiftung mit privaten Finanzmitteln brachten die Kosten von rund vier Millionen Euro zusammen. Doch in den 16 für das Museum restaurierten Sälen finden sich nur wenig originale Gegenstände, historische Dokumente, Darstellungen, Gebrauchsgüter und Sakralobjekte aus der Zeit des Kaisers. Von denen existieren nur sehr wenige, und die haben ihren Platz in diversen großen europäischen Museen. Doch das Friedrich-Museum in Jesi macht aus dieser Not eine museumsdidaktische Tugend: Es erzählt die biographische, die politische, die religiöse, intellektuelle und auch private Geschichte des Italo-Staufers multimedial, spannend, faszinierend und auch musikalisch:
Auf Bildschirmen, Leinwänden, 3D-Rekonstruktionen von Gebäuden, Innenräumen und auch mit einigen wenigen Gegenständen aus der Zeit des Kaisers ersteht lebendig eine Epoche.
Ärger mit den Päpsten
Im Zentrum der Friedrichdarstellung findet sich sein Dauerstreit mit dem Papsttum. Von Schauspielern dargestellte Szenen, die auf verschiedenen Bildschirmen gezeigt werden, erzählen von Friedrichs Auseinandersetzungen mit Gregor IX. Dieser Papst ließ den Kaiser gleich zwei Mal exkommunizieren: 1227, weil dieser damit gezögert hatte, den versprochenen Kreuzzug zur Befreiung der Heiligen Stätten in Jerusalem auch umzusetzen. Und dann noch einmal im Jahr 1239: Da besiegte Friedrich II. den vom Papst unterstützten norditalienischen Lombardenbund. Der nun von Süden und von Norden geographisch in die Klammer genommene Papst fürchtete sich vor dem, so Historiker Alessandro Barbero, immer mächtigeren Kaiser – begründete die zweite Exkommunikation so:
"In seinem Exkommunizierungsschreiben bezeichnet er Friedrich II. als, Zitat, Feind der Kirche, der Christus verachtet, die Jungfrauengeburt ablehnt und der den Islam dem Christentum vorziehe."
Auch mit Gregors Nachfolger Innozenz IV., so erfährt man in einem weiteren Ausstellungssaal, hatte der Kaiser Ärger: Der neue Papst machte Friedrich dafür verantwortlich, dass im Heiligen Land der Waffenstillstand mit den Muslimen gebrochen wurde und Jerusalem wieder in deren Hände übergegangen war. Innozenz IV. reagierte so verärgert, dass er ein Konzil einberief, das Konzil von Lyon 1245. Auf diesem Konzil wurde Friedrich auf Betreiben des Papstes hin kurzerhand abgesetzt. Kardinäle riefen zum Kreuzzug gegen Friedrich auf, weil dieser ein "Sohn und Schüler Satans", "Herold des Teufels" und Vorläufer des Antichristen sei. Auf den verstoßenen Sohn der Kirche wurde sogar ein Mordanschlag verübt. Er misslang - der Heilige Vater, so erfährt der Museumsbesucher, soll in den Mordanschlag verwickelt gewesen sein.
Ein vielfältiges Leben
Doch Friedrich II. regierte weiter - bis 1250. Museumskurator Alessandro Barbero:
"Es ist schwierig, ein so vielfältiges Leben auf den Punkt zu bringen. Wir wollen diese historische Persönlichkeit hier darstellen, als einen Menschen, der eigenständig dachte und handelte und uns deshalb immer noch fasziniert."
Der so eigenständig dachte und handelte, dass er einen guten Teil seines Herrscherlebens im Clinch mit der Kirche stand. Die ständigen Auseinandersetzungen mit dem Papsttum und seinen machtpolitischen Ansprüchen im damaligen Italien bilden deshalb auch das Herzstück des Friedrichmuseums in Jesi.