Als Maler kennt den Amerikaner John Goffe Rand (1801-1871) heute kaum noch jemand. Als er sich aber 1841 ein Verfahren patentieren ließ, mit dem schon malfertige Farbe in Metalltuben gefüllt werden konnte, stellte er damit die Kunstwelt auf den Kopf. Vorher, erklärte der Kunsthistoriker Felix Krämer, Direktor des Museums Kunstpalast in Düsseldorf, mussten die Maler die Farbpigmente aufwändig im Atelier mit Bindemitteln zu einer brauchbaren Paste vermischen. Nun stand ihnen ein Instant-Produkt zur Verfügung, das sie auch überall hin mitnehmen konnten. Die Kunst konnte sich die Natur erobern.
Rands Erfindung sei "etwas ganz Einschneidendes" gewesen, beschrieb Krämer. Zwar habe es schon um 1800 in ganz Westeuropa die Tendenz gegeben, dass die Maler ihre Ateliers verließen, um in die Natur zu gehen: "Das, was sie dort anfertigten, waren aber in der Regel durch technische Notwendigkeiten relativ kleinformatige Skizzen, die dann anschließend im Atelier fertiggestellt wurden. Durch die Erfindung der Farbtube war es möglich, auch größere Formate in der Natur zu malen - und auch in einem ganz anderen Tempo. Sie konnten Impressionen dessen, was sie dort vor sich sahen, direkt auf die Leinwand bannen."
Der Impressionismus war auch ein kommerzieller Erfolg
Der Impressionismus und damit die moderne Kunst, die sich von den staatlichen Akademien und den von ihnen strikt kontrollierten und reglementierten Salon-Ausstellungen emanzipierte, seien damit erst möglich geworden: eine Revolution in der Kunstgeschichte. Sie sei aber - entgegen allen Mythen - auf durchaus fruchtbaren Boden gefallen, so Krämer: "Dadurch, dass im 19. Jahrhundert immer mehr Menschen in den Städten lebten, wurde die Sehnsucht nach der Natur immer größer. Und diesen Markt und diese Sehnsucht haben auch die Maler bedient."
Das selbstbewusste Bürgertum habe beispielsweise die Werke der Impressionisten begierig gekauft: "Es war auch die Käuferschaft da, die genau nach solchen Motiven verlangt hat. Diese Legende, die immer wieder erzählt wird: Dass die Impressionisten, diese 'jungen Wilden', gegen das Establishment angekämpft hätten, treffe nicht zu: "Es gab ein Bürgertum, das genug hatte von den akademischen Darstellungen, von den Historien, den immer wieder mythologischen Stoffen. Deshalb war der Impressionismus relativ schnell auch ein kommerzieller Erfolg." Claude Monet beispielsweise sei ein reicher Mann gewesen. "Ohne die Tubenfarbe", zitierte Krämer den Maler Pierre-Auguste Renoir, "wären Monet, Pissarro, Cézanne und eigentlich der ganze Impressionismus nicht denkbar gewesen." An ihrer Bedeutung habe sich bis heute nichts geändert: "Gerade wenn Sie über Kunstmessen gehen, dann werden Sie feststellen, dass auf vielen vielen Labels immer noch nicht 'Acryl' steht, sondern 'Ölfarbe'. Das heißt: Das ist absolut aktuell."
Felix Krämer ist ein deutsch-britischer Kunsthistoriker und Kurator. Er organisierte Ausstellungen weltweit und wies als einer der ersten auf Emil Noldes Nähe zum Nationalsozialismus hin. 2015 kuratierte er in seiner Funktion als Sammlungsleiter der Kunst der Moderne am Frankfurter Städel Museum die Ausstellung zu Monet, die bislang die erfolgreichste in der Geschichte des Städel Museums war. Seit 2017 ist er Direktor am Museum Kunstpalast in Düsseldorf.
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