Das Klassik-Komikerduo Igudesman and Joo, mit Geige und Klavier, hat genug vom genervten Suchen nach Übungsräumen. Überall auf der Welt ist es dasselbe – auf die Konzertbühne kann man oft frühestens zwei Stunden vor dem Auftritt, im Hotel gibt es kein Klavier. Genauso wie sie in ihren Konzerten klassische Musik im Alltag aufspüren, zeigen Sie mit Ihrer App Music Traveler, wie man als klassischer Musiker an Alltagsorten üben könnte. Alexey Igudesman hat sich die App ausgedacht.
"Music Traveler ist eines der einfachsten Dinge in meinem Leben bisher, um jemanden zu überzeugen, da mitzumachen. Ich habe das mal ausprobiert bei einem Bekannten von mir, einem Pianisten – wir haben uns 'Auf Wiedersehen' gesagt und ich habe das in einer Minute erzählt und er hat gesagt: Oh mein Gott, fantastisch. Ich bin dabei, wie kann ich helfen?"
Prominente Unterstützung für Music Traveler
Den Namen des Pianisten verrät Igudesman nicht – aber es könnte Billy Joel gewesen sein. Bei ihm zu Hause spielt nämlich ein Werbespot für Music Traveler, in dem Igudesman and Joo auf der Couch sitzen – unglücklich, weil sie auf ihrer Tournee mal wieder kein Übungszimmer mit Klavier gefunden haben. Billy Joel sitzt an seinem Hammerklavier und bestellt per App erstmal Pizza für alle.
"Das ist die Lösung", sagt Igudesman plötzlich – wenn man eine Pizza per App bestellen kann, warum nicht auch einen Raum mit Klavier? Die Idee zu Music Traveler ist geboren. Billy Joel lässt sich sofort zu einem Werbejingle inspirieren.
Igudesman: "Wenn du jemandem erklärst: Es ist eine App, um Leuten zu helfen zu üben, überall und jederzeit. Das heißt, man kann ein Übungszimmer mit einem Instrument buchen, pro Stunde. Jeder Musiker und Musikliebhaber versteht erstens sofort, worum es geht und zweitens, dass es einfach eine schöne Sache ist. Mit jemandem wie Billy Joel zum Beispiel ist es auch einfach toll, dass das Klavier, das ihm doch so nahe ist dadurch quasi promoted wird. Und Hans Zimmer ist immer offen für Innovation, deshalb hat er auch selber investiert in die Sache. Also, es war sehr, sehr leicht, diese Leute zu finden."
"Ich bin der Hans Zimmer. Bin gerade in Wien und brauche ein Klavier. Da gehe ich auf Music Traveler. Search – book – play. Musik vom Herzen."
Der Filmkomponist Hans Zimmer ist Botschafter für Music Traveler. Die Pianistin Yuja Wang übt im YouTube-Video Klavier, probiert aber auch gleich das Schlagzeug aus, das im gemieteten Proberaum steht. Und der Cellist Nicolas Altstaedt stellt die Szene nach, die jeder reisende Musiker kennt: Wer im hellhörigen Hotelzimmer übt, kriegt oft Ärger mit den Nachbarn.
Igudesman: "Auch auf professionellem Level, ist es immer schwierig. Aber auch zu Studienzeiten war es schwierig, ein Übungszimmer im Konservatorium oder der Universität zu finden, wo ich studiert habe. Und dann war ich öfter in Beziehungen mit Damen, die selber Klavier gespielt haben oder Perkussionsinstrumente. Wir haben so oft gesagt: Lass uns ein bisschen in die Ferien fahren, oder komm mich doch besuchen bei Konzerten da und dort. Es war immer dasselbe Problem: 'Ja, aber wo soll ich üben?' Und da habe ich mir gedacht: Ich bin ja nicht der einzige. Eigentlich ist die ganze Musikwelt in dieser Lage. Ich habe also ein bisschen analysiert und festgestellt: Es sind sehr viele Leute. Und interessant ist auch: Es gibt sehr viele Amateure oder Musikliebhaber, die leider kein Instrument zu Hause haben oder nicht die Möglichkeit, zu Hause zu musizieren. Und das hat mich bemerken lassen, dass es die Musikwelt besser macht und vielleicht überhaupt die Welt zu einem besseren Ort macht, wenn man überall und jederzeit musizieren kann und darf."
Versicherung fürs Instrument
Der Bedarf nach Übungsräumen ist offensichtlich – aber fremde Musiker in die eigene Wohnung, an das eigene Klavier lassen? Jede Buchung über die App Music Traveler beinhaltet eine Gebühr von einem Euro, über die das Instrument und sogar private Gegenstände im Falle eines Missgeschicks versichert sind. Und, sagt Aleksey Igudesman, Musiker auf der Suche nach einem Übungsraum sind Menschen mit Feingefühl.
"Ich selber habe zum Beispiel auch einen tollen Steinway zu Hause, auf dem oft von mir geprobt wird, aber ich stelle ihn trotzdem zur Verfügung. Um jetzt auch ein bisschen mit Zahlen anzugeben: In den letzten Monaten, seit die App gelauncht ist, sind ungefähr 3.000 Euro damit hereingekommen bei mir, nur indem ich einfach ab und zu jemanden habe üben lassen. Und es ist so ein schönes Gefühl, jemanden zu Hause Musik machen zu lassen!"
Von Wohnzimmer mit Gitarre oder Cello bis Kirche samt Orgel ist alles im Angebot bei dem AirB'n'B für Probenräume. Den Mietpreis legt der Anbieter fest, in Wien zum Beispiel gibt es einen Raum mit Platz für ein Quartett inklusive Flügel für neun bis zwölf Euro. Das Anmelden ist für Nutzer und Anbieter gleichermaßen einfach.
Fokus zunächst auf Europa
Music Traveler ist seit Kurzem in Österreich verfügbar, für Deutschland und die Schweiz gibt es bislang eine Testversion. Schon über 10.000 Interessierte hat die App. Das Klassik-Komiker-Duo Igudesman and Joo macht Werbung in den USA und Asien, wohin das Music-Traveler-Netzwerk auch irgendwann ausgeweitet werden soll. Aber erst einmal steht Europa im Fokus.
"Wir haben angefangen in Wien. Die Wirtschaftsagentur Wien hat uns da wirklich geholfen, auch finanziell. Wir sind ein Wiener Startup - was natürlich auch logisch ist – Wien ist ja die Musikstadt. Und jetzt als nächstes gehen wir in die Schweiz und nach Deutschland. Es ist geplant, dass der Launch im Juni ist. Mit Igudesman and Joo haben wir dort auch Aufführungen, mit dem Tonhalle Zürich Orchester spielen wir da ein ganz großes Auftragswerk und am 5. Juni sind wir zu Gast bei 'Hope at Nine' im Konzerthaus Berlin, mit Daniel Hope, der auch einer unserer vielen tollen Musical Ambassadors ist, da präsentieren wir es in Berlin."